Bei psychischen Erkrankungen Medikamente meist erforderlich?

vom 05.05.2017, 08:12 Uhr

Eine Freundin hat Depressionen und Panikattacken und war deswegen auch schon ein paar mal stationär in einer Klinik und bekommt auch mehrere Medikamente verschrieben. Sie meint auch selbst, dass sie es ohne diese kaum zurecht kommen würde.

Bei einer anderen Freundin dagegen ist es so, dass sie wohl starke Nebenwirkungen hat und nichts von den Medikamenten vertragen hat, die sich verschrieben bekommen hat. Ihr geht es momentan alles andere als gut, aber sie sagt, dass der Arzt ihr eben sonst nichts verschreiben könnte und sie sich mit pflanzlichen Mitteln weiter helfen müsste.

Ich frage mich, ob es nicht bedenklich ist, bei manchen psychischen Erkrankungen keine Medikamente zu verabreichen. Aber was soll man schon machen, wenn meine Freundin dann unter starken Nebenwirkungen leidet und nicht mehr am Alltag teilnehmen kann?

Ist es meistens so, dass ein Patient bei psychischen Erkrankungen auch Medikamente braucht? Ist es vielleicht sogar gefährlich, wenn man da gar nichts verabreicht und es dann schlimmer wird? Was macht man mit Patienten, die starke Nebenwirkungen bekommen? Müssen diese dann eben auf die Medikamente verzichten und ohne diese klar kommen?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich habe eine Freundin, die auch an Depressionen und Panikattacken gelitten hat und das über viele Jahre hinweg. Sie war bei einem Neurologen in Behandlung, hatte eine Therapie gemacht, hatte nicht nur drei verschiedene Arten Antidepressiva (ich meine es waren Venlafaxin, Citalopram und Mirtazapin) und sogar ein Antipsychotikum (Quetiapin) hat sie verschrieben bekommen.

Laut eigener Aussage hat das alles nichts gebracht. Besonders die Antidepressiva hatten so gar keinen Effekt, gerade bei Venlafaxin - ich kann mich gut daran erinnern - war sie schon fast komatös und noch antriebsloser als vorher. Sie hatte mit starker Übelkeit und Müdigkeit zu kämpfen und bekam so gar nichts auf die Reihe. Bei den anderen beiden Antidepressiva war da auch nicht viel anders, also von gesteigertem Antrieb oder mehr Lebensfreude war so gar nichts zu merken.

Pflanzliche Beruhigungsmittel haben bei ihr auch nichts gebracht, sowohl bei Lasea nicht als auch Baldrian nicht. Letzten Endes gab sie die medikamentöse Therapie dann einfach auf und wollte sich anders behelfen. Sie hat dann zufällig eine andere psychisch kranke Frau getroffen, die von ihrem eigenen Leben erzählt hat. Diese Frau hätte ihr wohl erzählt, dass es ihr viel besser gehen würde, seitdem sie den Kontakt zu allen schlechten Menschen abgebrochen hätte, die schlecht für sie gewesen wären. Seitdem wäre sie ein neuer Mensch, praktisch wie geheilt.

Letzten Endes hat meine Freundin dann darüber nachgedacht, welche Menschen ihr nicht gut tun und ihr gesamtes Leben umgekrempelt. Sie hat sämtlichen Ballast abgeworfen, der ihr nicht gut getan hat und auch einige Kontakte aus dem Umfeld knallhart aussortiert. Seitdem geht es ihr viel viel besser, auch ohne Medikamente und weitere Gesprächstherapie. Sie ist kaum wiederzuerkennen und man merkt ihr gar nicht an, dass sie jemals psychisch krank gewesen ist.

Also wenn ich das nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, würde ich das auch nicht glauben. Aber sie ist für mich ein Beispiel dafür, dass Medikamente doch gar nichts taugen, wenn man die Ursache nicht lokalisiert und bei der Wurzel packt. In ihrem Fall haben einzelne Menschen aus ihrem Umfeld ihr psychisch zugesetzt und ihr nicht gut getan.

Sie ist unterdrückt worden, ständig runtergeputzt von Einzelnen und ihr wurde sämtliche Möglichkeit genommen, sich frei zu entfalten und selbst zu verwirklichen. Auch musste sie immer aufpassen, was sie sagt, tut, isst und denkt, weil sie sonst automatisch eins auf den Deckel bekommen hat, wenn besagte Personen das mitbekommen haben. Sie tat mir wirklich Leid, aber daher freue ich mich umso mehr, dass sie es geschafft hat, aus diesem Sumpf rauszukommen.

Ich habe mal gelesen, dass gerade Depressive anfällig für Süchte sein sollen, weil sie die negativen Gedanken verdrängen und nicht spüren wollen. Daher wäre ich immer vorsichtig, wenn es um Drogen, Medikamente und andere Sachen geht, die süchtig machen können und sogar das Bewusstsein verändern können.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Medikamente alleine können nichts ausrichten, sondern nur unterstützen. Meiner Meinung nach sollten sie unterstützend zur Therapie gegeben werden. Wenn man aber nur Medikamente schluckt, wird nichts besser werden, da man dann nicht an der Ursache arbeitet. Problematisch sehe ich hier auch, dass man teilweise die Patienten abhängig macht und die dann schlagartig abgesetzt werden müssen. So sollte es nicht laufen.

Gerade als erste Maßnahme sind Medikamente aber oftmals sehr gut. Immerhin muss es für den Patienten weitergehen, man muss funktionieren und man muss sich auch für eine Therapie aufraffen können.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ramones hat geschrieben:Medikamente alleine können nichts ausrichten, sondern nur unterstützen. Meiner Meinung nach sollten sie unterstützend zur Therapie gegeben werden.

Hast du den Beitrag überhaupt gelesen? Was rätst du denn dann Menschen, die die Medikamente so gar nicht vertragen, weil ihnen davon übel wird, sie Durchfall bekommen oder sonstige Symptome zeigen? Solche Menschen kannst du wohl schlecht zwingen, die Medikamente trotzdem zu schlucken, wenn dadurch die Lebensqualität sinkt.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ramones hat geschrieben:Medikamente alleine können nichts ausrichten, sondern nur unterstützen.

Nur weil das für den unbedarften Laien in immer wieder so kolportiert wird, ist es deshalb nicht unbedingt wahr. :wink: Mir fallen ad hoc aus dem Stand zwei Beispiele ein, wo Leute entweder erfolglos Therapie machten oder aber sich jeder Therapie von Beginn an verweigerten und trotzdem dank ihrer Medikamente ein Leben völlig ohne Angst und Panik führen. Es gibt selbst psychotherapeutisch arbeitende Psychiater, die der Meinung sind, dass es für eine gewisse Gruppe von Menschen vielleicht sogar, gerade auf die Zukunft bezogen, ratsam sein könnte nur mit Medikamenten behandelt zu werden.

Das wären dann die umgekehrten Beispiele zu dem von Täubchen genannten. Und für stark Traumatisierte und vor allem Psychotiker geht es oft gar nicht ohne Medikamente, für die Letztgenannten kann jegliche eindringende und nicht rein psychoedukative Therapie sogar schädlich sein. Wenn man natürlich unter irgendwelchen dauerhaften negativen Umwelteinflüssen leidet, auf die man mit Panik, Angst und Depressionen reagiert, nützt auch das tollste Medikament der Welt nichts mehr.

Von daher denke ich, dass man diese eingangs gestellte Frage nur mit ganz vielen Gegenfragen und auf den Einzelfall bezogen beantworten könnte. Und nur weil dem einen etwas half, muss das für einen anderen in einer äußerlich ähnlichen Situation noch lange nicht gelten. Gerade die bei Angst und Panik verordneten Mittel haben in den ersten Wochen bei vielen Leuten heftige Nebenwirkungen, auch wenn das von manchen Psychiatern immer noch bagatellisiert wird. Man könnte auch überlegen, so einen erneuten Versuch stationär unter kurzfristiger Abschirmung mit Benzodiazepinen und ständiger Arztbereitschaft noch einmal zu versuchen.

Und ob deine Freundin jetzt wirklich jede bei Angst und Panik wirksame Medikamentengruppe durchprobiert hat, geht aus dem Beitrag nicht hervor. Es gibt ja nicht nur die vermutlich verordneten SSRI's und SNRI's. An die Wirksamkeit von Baldrian und Lasea kann ich nicht glauben, ich habe noch niemanden getroffen, dem das wirklich geholfen hat, von daher finde ich den Rat des Arztes komisch, war das überhaupt ein Neurologe oder Psychiater?

Wenn man aber gar keine Medikamente nehmen kann oder will, muss man ja irgendetwas anderes tun, wenn man eine Besserung erzielen will. Im Regelfall wird es von allein wohl nicht besser. Entweder muss man sich in einer Klinik helfen lassen oder aber sein Leben radikal ändern, was mit akuter Symptomatik natürlich kaum möglich ist. Vielleicht sollte deine Freundin angeregt durch das Beispiel der anderen Freundin so etwas in Erwägung ziehen.

» Verbena » Beiträge: 4943 » Talkpoints: 1,99 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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