Etwas gar nicht versuchen, weil man es sich nicht zutraut?

In diesem Thread geht es ja um eine Frau, die es sich gar nicht zutraut, eine Stelle in dem Bereich zu finden, in dem sie studiert, weshalb sie es gar nicht erst versucht, sondern sich direkt einen Ausbildungsplatz gesucht hat. Ich kann das gar nicht so recht nachvollziehen, wobei ich es aber allgemein nicht wirklich nachvollziehen kann, weshalb man etwas gar nicht einmal versucht, wenn man nichts dabei zu verlieren hat und die Chancen gar nicht schlecht stehen.

Wenn etwas keinen großen zeitlichen Aufwand und auch nicht viel Mühe von mir abverlangt und ich nur gewinnen kann, dann versuche ich es auch, egal um was es sich handelt. Kommt es bei euch manchmal vor, dass ihr etwas gar nicht erst versucht, weil ihr euch etwas nicht zutraut, auch wenn ihr nichts zu verlieren habt?

Ich sehe das an der Frau meines Bruders. Sie war Elternzeit bei ihrem dritten Kind und wollte dann arbeiten gehen, als das Kind in die Kita gekommen ist. Anschließend wollte sie dann auch Bewerbungen schreiben und anfangen zu arbeiten, sobald die Eingliederung in die Kita geklappt hat.

Aber immer, wenn ich sie gefragt habe, ob sie schon Bewerbungen geschrieben hätte, verneinte sie. Sie schon irgendwelche Gründe vor, wie beispielsweise die Grippe-Saison im Winter und dass das Kind dann häufiger krank werden könnte und kein Arbeitgeber hätte Verständnis dafür, wenn sie deswegen häufiger fehlen würde. So ging das dann eine ganze Weile und irgendwann gab sie dann zu, dass sie Angst hätte, Absagen auf ihre Bewerbungen zu bekommen und dass sie sich deswegen nicht getraut hätte, welche zu schreiben.

Im Endeffekt hat sie dann auch durch meine Mutter einen Job vermittelt bekommen und musste sich nicht bewerben. Es ist ein Minijob und überhaupt nicht in dem Bereich, in dem sie eine Ausbildung gemacht hat und wo sie eigentlich wieder arbeiten wollte. Aber der Zug ist abgefahren und so wirklich verstehen kann ich das nicht. Ich wage es lieber und lebe dann damit wenn es nicht klappt als mich mein ganzes Leben fragen zu müssen "was wäre wenn...?".

So etwas kann ich gerade in solchen Bereichen, die einen großen Teil des Lebens ausmachen, nicht wirklich verstehen. Wenn man studiert hat oder eine Ausbildung in einem Bereich abgeschlossen hat, der einen auch interessiert, dann würde ich auch versuchen, in dem Bereich einen Job zu bekommen. Bei Sportarten gibt es auch Dinge, die ich nicht versuche, weil ich sie mir nicht zutraue, aber das ist etwas anderes, weil es nicht mein Leben bestimmt, ob ich eine Sportart mache oder nicht.

Ich bin auf jeden Fall nicht so. Es gibt Dinge, die ich mir nicht sofort zutraue, aber dann versuche ich mir selber Mut zu zusprechen und dann mache ich es einfach. Auf irgendetwas verzichten und mich nachher fragen was gewesen wäre, wenn ich mich anders entschieden hätte, darauf hätte ich keine Lust und deswegen versuche ich es dann einfach, egal ob es etwas wird oder nicht. Einen Versuch ist es meiner Meinung nach immer wert.

Zu verlieren hat man doch immer etwas und sei es nur die entgangene Erfahrung ob es nun geklappt hätte oder nicht. Denn daher kommen auch diese "was wäre wenn fragen" die sich viele stellen über ihr eigenes Leben, wenn ich mich damals anders entschieden hätte, wenn ich einen anderen Job gelernt hätte usw.

Ich stelle mir diese Fragen gar nicht erst sondern versuche es einfach. Mehr als eine komplette Bauchlandung kann es nicht werden aber ich muss mich hinterher nicht fragen mit diesen was wäre wenn fragen, wenn ich es nicht probiert hätte, ob mein Leben dann anders aussähe. Selbst durch Fehlschläge kann ich lernen und mir passiert dieser Fehler dann kein zweites mal aber man kann eben nur lernen, wenn man es auch versucht und nicht einfach nur aussitzt.

Ich wusste auch nicht was mich erwartet als ich meinem Job komplett den Rücken gekehrt habe und etwas neues probieren wollte. Ich habe mich beworben und es einfach probiert, den Job vorher wurde mir bereits gekündigt und so oder so hätte ich etwas machen müssen. Ob ich mich nun in meinem alten Job weiter bewerbe und darin fest sitze oder etwas neues probiere, auch diese Wahl hatte ich. Es hat geklappt, wenn auch mit einigen Mühen und Hürden verbunden aber lieber so als weiterhin die nächsten 30 Jahre in meinem alten Job unglücklich festsitzen.