Sollte die Praxisgebühr für Notaufnahmen eingeführt werden?
Ein Bekannter von mir ist der Ansicht, dass man die Praxisgebühr (von damals 10 Euro pro Quartal) wieder einführen sollte, aber diesmal im Bezug auf die Notaufnahmen in den Kliniken und Krankenhäusern. Die richtigen Notfälle bekämen ihre Praxisgebühr dann eben zurück erstattet, aber die anderen Patienten eben nicht. Ich habe die Praxisgebühr immer gehasst, gerade zu Studentenzeiten:
Das führte bei mir dann damals eben dazu, dass ich (wegen schwachem Einkommen als Student) weniger zum Arzt gegangen bin und auch nur dann, wenn es wirklich unbedingt notwendig war. Ich glaube nicht, dass das so gut für die einkommensschwache Bevölkerung wäre und bin eigentlich froh, dass es keine Praxisgebühr mehr gibt. Wäre eine Praxisgebühr wirklich sinnvoll und würdet ihr diese begrüßen?
Natürlich sollte man das nicht einführen. Während Menschen mit wenig Einkommen dann nicht rechtzeitig gehen, hält es andere, die es sich leisten können, nicht ab. Ein System, das Arme heraus drängt und Menschen mit höherem Einkommen nicht trifft, löst das Problem doch nicht ansatzweise.
Die anderen Möglichkeiten müssen bekannter gemacht werden und Patienten sollten auch aktiv dahin verwiesen werden. Hier im Ballungsraum ist das einfach. Wir haben in vielen Städten Notfallpraxen direkt neben einem Krankenhaus. Wer da unnötig in der Notaufnahme aufschlägt, der wird einfach nach nebenan geschickt.
Eine Entlastung wäre es sicher auch, wenn man nicht ständig eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung benötigen würde. Das klappt in anderen Ländern schließlich auch. In den Niederlanden kennt man das gar nicht, da kann der Arbeitgeber nach einer gewissen Frist den medizinischen Dienst schicken, wenn er dem Arbeitnehmer nicht glaubt. In Dänemark kann der Arbeitgeber eine verlangen, muss aber die Kosten von knapp 200 Euro selber tragen. Und in Großbritannien benötigt man erst nach einer Woche ein Attest. Die Wirtschaft bricht da nicht zusammen.
Ich sehe das auch so. Den meisten Druck hat man oftmals einfach nur durch diese Bescheinigung, weil diese ja zwingend vorgelegt werden muss und so macht man vielleicht auch mal dämliche Dinge. Wenn dieser Druck wegfallen würde. wäre es sicherlich besser. Ansonsten würde ich eine Praxisgebühr nicht begrüßen, wohl aber eine Gebühr, wenn man die Notaufnahme ohne Grund benutzt hat.
Immerhin würde man sonst nur die Armen abstrafen und nicht die Leute, die sich das leisten können und den Leuten würde es nicht im geringsten weh tun auch eine Praxisgebühr von 10 € zu bezahlen.
Ramones hat geschrieben:Ansonsten würde ich eine Praxisgebühr nicht begrüßen, wohl aber eine Gebühr, wenn man die Notaufnahme ohne Grund benutzt hat.
Das ist doch auch keine Lösung. Woher soll der Patient denn vorher wissen, wann es wirklich notwendig ist? Immerhin kommen viele Patienten mit harmlosen Beschwerden, die nicht zu bequem sind, in die normale Sprechstunde zu gehen, sondern die Angst und einen hohen Leidensdruck haben.
Ich war auch mal in der Notaufnahme, weil mir früh die Zahnbürste im Mund auseinander gefallen ist und ich das Gefühl hatte, dass da noch eine Borste irgendwo am Gaumen steckt. Als ich dann beim Meeting was gegessen habe und einen Stich im Hals spürte, wurde mir richtig Angst und ich bin in das nicht weit entfernte Krankenhaus zur Notaufnahme. Da war gerade nichts los, die schicktem mich auf die HNO-Station zur Untersuchung.
Zu einem niedergelassenen Arzt zu gehen, wäre keine Alternative, denn ich kenne in der Stadt keinen und wenn ich da beim HNO-Arzt angerufen hätte, dann hätten die mich bestimmt abgewimmelt. Ich habe sich mal gehört, dass es auch irgendwelche Bereitschaftsärzte oder was weiß ich gibt, die man da kontaktieren könnte, aber ich wüsste jetzt nicht, wie man an die herankommt und ob die vielleicht nur nachts aktiv sind, wenn Praxen geschlossen haben. Mir erschien damals der Besuch in der Notaufnahme das einzig Sinnvolle.
Darum unterstütze ich es auch nicht, dass da noch extra Gebühren anfallen. Obwohl ich eigentlich nur auf meine Teilzeitstelle Krankenkassengebühren bezahlen muss, denn für Minijob und Selbstständigkeit hat man solche Abgaben nicht, finde ich, dass da sehr viel Geld jeden Monat an die Krankenkasse geht, das ich so nie wieder sehe, da ich ansonsten sehr selten beim Arzt bin. Und ich finde, für dieses viele Geld, was ich da jeden Monat verliere, sollte ich auch mal, wenn ich mir nicht anders zu helfen weiß, in die Notaufnahme dürfen, auch wenn ich den Kopf nicht unter dem Arm anbringe.
Diese Regelung halte ich nicht für gut, nicht jedes Problem kann durch Gebühren, Steuern oder Strafzahlungen gelöst werden. Das muss man anders lösen, denn am Ende leidet einfach nur der einfache Mann an der Praxisgebühr und sonst niemand. Am Ende kommen auch Diskussionen zustande, weil jemand auf die Rückzahlung seiner Praxisgebühr pocht, die Ärzte den Notfall aber als Bagatelle einstufen.
Der Hauptgrund warum diese Gebühr wieder abgeschafft wurde war doch damals, dass der Verwaltungsaufwand sehr groß war. Schon damals haben sich die Ärzte beklagt, dass sie dafür verantwortlich sind das Geld einzutreiben, also auch säumige Patienten abmahnen mussten und solche Sachen.
Jetzt überlegt dir das Szenario mal in der Notaufnahme. Da werden noch viel mehr Menschen ohne Geld ankommen als in der Hausarztpraxis, weil das bei Notfällen nun mal so ist. Dann müsste man jemanden einstellen, der prüft wer sein Geld zurück bekommt und wer nicht und eben zum Rechnungen schreiben wenn jemand kein Geld dabei hatte. Diese Person arbeitet nicht kostenlos, also ist ein großer Teil der Einnahmen schon mal weg.
Und wenn man dann tatsächlich wieder pro Quartal eine Gebühr bezahlen müsste erreicht man damit genau das Gegenteil von dem was sich dein Bekannter denkt. Wenn ich die zehn Euro schon bezahlt habe kann ich im Quartal weiterhin mit Nichtigkeiten in die Notaufnahme gehen, kostet ja nichts.
Die Praxisgebühr war ohnehin der größte Schrott, der je erfunden wurde. Ich erinnere mich daran, dass ich gerade meinen Mann damals kennengelernt und über eine Woche besucht hatte, als wir noch eine Fernbeziehung führten. Er stand damals finanziell echt beschissen da, weil ihn seine Ex ausgenommen hatte und hatte als ich ankam eine eitrige Angina. Auf meine Frage hin, ob er denn wenigstens vom Arzt krankgeschrieben wurde, hat er nur gesagt, dass er für die Praxisgebühr kein Geld hatte. Da habe ich angefangen, dieses System erst richtig zu hassen und habe natürlich alle Kosten damals übernommen.
Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie das vielleicht ablaufen würde, wenn solche finanziell schlecht gestellten Menschen mit Beschwerden in die Notaufnahme kommen, die wirklich ernst sind. Ob Grund zur Sorge besteht, weiß man ja erst nach der Untersuchung, die Gebühr müsste man aber vorher löhnen. Das stelle ich mir einfach nur furchtbar vor und bin froh, dass es so etwas nicht gibt.
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