Aus welchen Gründen sind die Notaufnahmen überfüllt?

vom 01.05.2017, 06:08 Uhr

Die meisten werden mitbekommen haben, dass viele Menschen zur Notaufnahme ins Krankenhaus fahren, auch wenn vielleicht gar kein wirklicher Notfall vorliegt. Das ist natürlich ärgerlich für das Personal vor Ort, weil man so viel zu viel Zeit verschwendet und weniger Zeit für die wirklichen Notfälle hat.

Aber warum gehen eigentlich so viele Patienten unnötigerweise in die Notaufnahme? Gibt es dort eine räumliche Verteilung, also neigen eher Menschen vom Land dazu oder auch Städter? Oder gibt es da gar keinen Unterschied in dem Sinne? Ist die Versorgung mit Notdiensten zu den sprechstundenfreien Zeiten einfach zu schlecht oder fehlt einfach nur die Information in dieser Hinsicht?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich habe selbst eine Zeit lang in der Notaufnahme gearbeitet und dabei die Überfüllungszustände direkt mitbekommen. Die Gründe hierfür sind tatsächlich sehr vielfältig, und es lässt sich nicht pauschal sagen, was die meisten Probleme verursacht.

Zum einen ist die Verteilung ärztlicher Notdienste nicht selten ein Problem. Insbesondere auf dem Land gibt es da große Versorgungslücken, und gerade alten Menschen und solchen, die in abgeschiedeneren Gegenden wohnen, bleibt da oftmals nichts anderes übrig, als den Rettungsdienst zu informieren. Dieser geht dann in der Regel - allerdings zurecht - meistens kein Risiko ein und fährt erst einmal eine Klinik an, auch wenn sich dort herausstellt, dass es nur falschen Alarm gegeben hat.

Ein weiterer Faktor sind Patienten, die mit chronischen oder zumindest subakuten Beschwerden in der Notaufnahme auftauchen. Für Rückenschmerzen, die seit drei Monaten bestehen und am Samstagabend dann doch irgendwann anfangen zu nerven, ist die Notfallambulanz einer Klinik eben nicht gedacht. Da gehören eigentlich wirklich erstmal nur die absoluten Akutfälle hin. Wer sich nicht rechtzeitig darum kümmern kann, zum Hausarzt zu gehen oder sich seine Medikamente nachzuholen, bevor sie ausgehen, der sollte auch niemandem, der es nötiger hat, den Platz in der Warteschlange wegschnappen und sich einfach bis zum nächsten Tag gedulden, wo er wieder zum Allgemeinmediziner gehen kann.

Und schlussendlich musste ich auch oft feststellen, dass Menschen die Besetzung der Kliniksnotaufnahme ausnutzen, um sich an langen Wartezeiten für Facharzttermine vorbeizumogeln. Wer noch nicht in fachärztlicher Behandlung ist, muss auf einen Termin beim Orthopäden, Kardiologen oder Augenarzt oftmals mehrere Wochen und Monate warten. Da ist es dann oft doch bequemer, das Wehwehchen ein wenig zu überdramatisieren und dafür innerhalb von 6 bis 8 Stunden einen Facharzt zu sehen. Sinn der Sache ist das natürlich auch nicht.

Es gibt auf jeden Fall noch viele andere Dinge, die ebenfalls Einfluss haben und nicht ausführlich von mir genannt wurden: Personalmangel, schlechte Organisation seitens der Klinik, bürokratische Schikanen und, und, und. Aber leider ist es in den meisten Fällen sehr schwierig, die Problemfaktoren zu erkennen und gezielt anzugehen, denn man kann nun auch nicht jedem Patienten von vornherein unterstellen, ein Simulant zu sein. Gesundheit ist immer noch das höchste Gut, und im Zweifelsfall muss man in Kauf nehmen, dass dieses Handlungsprinzip leider auch manchmal missbraucht wird, um dafür aber anderen Menschen richtig helfen zu können.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


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