Einem Chor beitreten, wenn man so gar nicht singen kann?
Ich habe vorhin bei Facebook einen sehr interessanten Post gelesen. Dort hat eine Frau aus einer Gruppe, die meine Stadt betrifft, einen eigenen Chor gründen wollen. Sie schrieb selbst, dass dazu gar keine Vorkenntnisse erforderlich wären und dass man sich eben einmal im Monat an einem Dienstag Abend treffen wollen würde.
Schließlich betonte sie, dass gerade die Mitmenschen, die von sich überzeugt wären, dass sie so gar nicht singen könnten, besonders willkommen in ihrem Chor wären. Ich musste schon schmunzeln, als ich das gelesen habe.
Abgesehen davon, dass kein überzeugter Mensch aus der "Ich kann grundsätzlich nicht singen"-Fraktion freiwillig einem Chor beitreten würde, frage ich mich, wie das so ganz ohne Vorkenntnisse funktionieren soll ohne total schrecklich zu klingen.
Einmal im Monat für je zwei Stunden üben ist auch nicht gerade viel um sich zu verbessern. Würdet ihr einem Chor beitreten, wenn ihr davon überzeugt seid, so gar nicht singen zu können? Oder ist das nur eine Floskel und in Wirklichkeit können die Menschen total gut singen, stellen sich aber an und benutzen diesen Satz als Ausrede?
Ich glaube ich würde es nicht machen weil ganz ohne Vorkenntnisse wird es auch keinen Spaß machen. Sicherlich irgendwann ist immer das erste Mal,aber um einem Chor beizutreten sollte man sich etwas darauf vorbereiten. Ich glaube nicht, dass es bei vielen Menschen eine Ausrede ist nicht singen zu können. Ich glaube es stimmt tatsächlich dass viele Menschen nicht singen können und deswegen nicht möchten. Und die beschriebene Zeit in der das Singen stattfinden soll ist einfach wirklich so gering um etwas zu lernen bzw sich zu verbessern.
Falls der Chor auch Auftritte hat, würde es wohl keinen Sinn machen, ohne Vorkenntnisse oder besonderes Talent beizutreten. Kann ja sein, dass es bei dem Chor auch hauptsächlich darum geht das Singen zu erlernen. Aber wenn ich nicht singen kann und es lernen möchte, würde ich erst einmal Einzelstunden nehmen. Falls ich überhaupt kein Talent zum Singen hätte, dann würde mir ein Chor auch kaum Spaß machen. Dann würde ich höchstens mal bei Karaoke singen.
Wenn man so gar nicht singen kann, hat man sicherlich auch nichts in einem Chor verloren, dann macht es einem aber auch vielleicht keinen Spaß. Ich gehe aber durchaus davon aus, dass man seinen Spaß auch haben kann, wenn man nur gut singt und noch keine Chorerfahrung hat, denn diese kann man erlernen und irgendwann ist immer das erste Mal. Ich würde deswegen schon beitreten, wenn ich entsprechendes Interesse habe und wenn alle von Anfang an anfangen ist doch alles gut.
Ich habe schon ein paar Mal von begeisterten Musikfreunden gehört, die entweder als Hobby oder professionell (z.B. an der Volkshochschule oder ähnlichem) das Ziel verfolgen, gerade Menschen, die sich für völlig unmusikalisch halten, die Freuden der Musik und des gemeinsamen Produzierens derselben nahe zu bringen. Ich finde solche Ansätze immer sehr positiv und löblich: Die Welt braucht auch ein paar Enthusiasten und Idealisten, die nicht immer nur auf Perfektion schielen, sondern die auch Leidenschaft und Spaß an der Sache wecken möchten, auch wenn vielleicht nie eine Bach-Motette dabei herauskommt.
Oft ist es ja auch so, dass musikalische Talente gerade bei Erwachsenen im Laufe des Lebens verschütt gegangen sind, beispielsweise weil man ihnen von Kindheit an eingeredet hat, dass Musik nur etwas für hochbegabte Wunderkinder sei, oder weil sie Angst haben, sich zu blamieren. Und ich kann mir auch vorstellen, dass man mit dem entsprechenden pädagogischen Geschick und ein paar Tipps und Tricks zumindest passable Ergebnisse erzielen kann, und wenn der Bann erst einmal gebrochen und genügend Motivation vorhanden ist, kann schon etwas Schönes dabei herauskommen, auch wenn ein Musikkritiker sich vermutlich in seinem Tintenfass ertränken würde.
Ich kann auch zertifiziert nicht singen. Aber nur weil vor 20 Jahren ein halbes Dutzend Musiklehrer an mir verzweifelt sind, kann es ja auch genauso gut sein, dass die Herren (allesamt verkrachte Profimusiker) einfach miserable Lehrer waren und/oder unrealistische Ansprüche an mich gestellt haben. Jemand mit Geschick und Erfahrung als Gesangslehrer, der auch aufrichtiges Interesse an "unmusikalischen" Menschen hat (daran hat es auch gefehlt), könnte wohl selbst bei mir noch ein bisschen was lose schütteln. Einem Chor würde ich wohl trotzdem nicht beitreten, da ich generell nur geringes Interesse an Musik habe. Aber es gibt ja auch Leute, die wirklich gern singen würden und sich nur nicht trauen. Für die wäre so ein Angebot ja ideal.
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