Durch Kosten von Lehre abgeschreckt werden?
Ein Bekannter von mir hat die These aufgestellt, dass kein Mensch mehr eine Ausbildung machen wollen würde, wenn man als Lehrling die Ausbildung auch noch aus eigener Tasche finanzieren müsste statt Geld dafür von der Firma zu bekommen. Seiner Meinung nach ist es also alles richtig, wie es jetzt ist, da die Firmen es sich nicht leisten könnten, auf diese Weise potentielle Lehrlinge abzuschrecken.
Ich sehe das zwiegespalten. Denn früher hat das Studium in Deutschland auch Geld gekostet und trotzdem sind die Unis nicht menschenleer gewesen. Auch gibt es manche Ausbildungen, wo man eben Geld bezahlen muss und das schreckt auch niemanden ab. Ich kenne sogar einzelne Menschen in Deutschland, die vor Privat-Unis und deren immense Kosten nicht zurückschrecken, weil sie sich ihren Traum erfüllen wollen und eben das studieren wollen, was sie sich wünschen. Wie seht ihr das? Würde es viele potentielle Lehrlinge abschrecken, wenn sie für die Ausbildung Geld bezahlen müssten oder ist das kompletter Blödsinn?
Die Frage ist halt auch, ob sich viele Lehrlinge die Ausbildung dann überhaupt leisten könnten. Nicht jeder kommt aus einer gut betuchten Familie und kann Gebühren oder Ähnliches für Ausbildung und Beruf einfach mal aus dem Ärmel schütteln. Das würde bedeuten, dass man ehe eine Ausbildung macht, zuerst einmal länger arbeiten müsste und das als Aushilfe zu einem schlechten Lohn. Erst wenn man genug angespart hätte, könnte man dann eine Ausbildung absolvieren.
Aber würde das nicht demotivieren? Man geht mit meinetwegen 16 Jahren erst einmal 5 Jahre arbeiten und spart an, muss gegebenenfalls eine Menge Geld an die Familie abdrücken, weil das Geld zum Beispiel auf Hartz4 angerechnet wird, wird nicht selbstständig und muss auch während der Ausbildung nebenher arbeiten, damit man sowohl die Gebühren als auch den Lebensunterhalt bezahlen kann.
Man würde doch zusätzlich eine neue Generation an Arbeitslosen oder Billiglöhner erschaffen? Jedenfalls habe ich bei dieser Ansicht irgendwie das Gefühl. Auszubildende sind zudem billige Arbeitskräfte, man sollte sich mal in manchen Unternehmen anschauen, wie Azubis verheizt und am Ende nicht übernommen werden. Hätte ich für eine Ausbildung Geld zahlen müssen, ich hätte es nicht finanzieren können und ich hätte wahrscheinlich aufgegeben, meinen Träumen nachzujagen und wäre jetzt auch am Ende.
Man hätte ja keine Alternativen und müsste es machen oder man macht gar keine Ausbildung mehr. Meiner Meinung nach muss Bildung und dazu gehört auch eine Ausbildung kostenlos sein. Ich habe selber eine Schule besucht und dort Geld gezahlt, das ist aber vielen nicht möglich und diese bleiben dann teilweise auf der Strecke, weil sie Alternativen nehmen müssen.
Ganz ehrlich, ich würde aber auch nicht bereit sein Geld auszugeben, wenn man eh nur ausgenutzt wird und Arbeit verrichtet, die andere auch gegen Bezahlung machen. Das ist ein Job und der muss meiner Meinung nach auch bezahlt werden. Es gibt einfach Leute, die sich auch nicht leisten können so etwas in Anspruch zu nehmen, weil sie auch nicht aus einem guten Elternhaus kommen. Wie soll denn aber etwas aus solchen Menschen werden? Da kann man doch nur mit einer Ausbildung und einem Job etwas dagegen machen und deswegen sollte das kostenlos sein.
Ist das der gleiche Bekannte, der eigentlich der Meinung ist, das die Betriebe die ausbilden finanziell entlastet werden müssten und das eigentlich der Staat für die Ausbildung aufkommen sollte und nicht die Betriebe?
Meint er jetzt wirklich, dass die Betriebe doch für das Ausbildungsgehalt aufkommen sollen, weil sonst ja niemand eine Ausbildung mehr macht? Der Staat unterstützt das ja nicht, indem das Gehalt übernommen wird.
Ich finde die Aussagen dann durchaus sehr widersprüchlich. Eigentlich will er kein Geld für Auszubildende ausgeben, aber auf der anderen Seite findet er das doch richtig, dass die Auszubildenden Gehalt bekommen sollen? Oder soll das wieder seine These unterstützen, das der Staat dafür aufkommen soll, weil sonst niemand mehr eine Ausbildung machen?
Ehrlich gesagt gibt es schon seit Jahr und Tag Ausbildungen wo der Auszubildenden für bezahlen muss und mir ist keine Ausbildung in diesen Bereichen bekannt, die sich über wirklichen Nachwuchsmangel beschweren, es gibt auch in den Bereichen genügend Jugendliche die solche Ausbildungen anstreben und nicht alle von ihnen kommen auch aus einem Elternhaus, das man als gut betucht bezeichnen könnte und wo sich die Eltern das locker leisten können. Viele die eine solche Ausbildung absolvieren wohnen noch zu Hause (sofern die Ausbildung nicht zu weit weg ist) und gehen nebenbei arbeiten, um sich den Lebensunterhalt oder zumindest die Ausbildungsgebühren zusammen zu sparen. Deshalb würde ich definitiv nicht sagen, dass keiner mehr eine Ausbildung macht, aber sicherlich werden es weniger Jugendliche sein.
Der Trend ist doch bereits jetzt schon da, vielen reicht das Ausbildungsgehalt direkt nach der Schule nicht und sie wollen mehr Geld verdienen, also wird ein Helferjob oder ähnliches gesucht, wo das Gehalt im ersten Moment deutlich höher ist. Aber über die Jahre gibt es dort nicht wirklich Entwicklungsmöglichkeiten und so steigt das Gehalt nur wenig bis gar nicht. Mit einer Ausbildung verzichtet man die ersten Jahre, aber danach gibt es wesentlich mehr Möglichkeiten und auch Chancen das das Gehalt steigt.
Eine sehr gewagte These die da an den Tag gelegt wird die so nicht stimmt. Es gibt auch jetzt genug Berufe, bei denen man seine Ausbildung alleine finanzieren muss und dennoch genug Nachwuchs vorhanden ist und diese stammen nicht alle aus reichem Elternhaus.
Es gibt und es gab auch schon immer Möglichkeiten sich dafür einen Kredit aufzunehmen, den man dann auch bekommt und hinterher nach der Ausbildung wenn man anfängt dann zu arbeiten ebenfalls abbezahlen und bedienen muss. Als einige Beispiele, die Rettungsassistentenausbildung hat bis vor wenigen Jahren noch an die 10.000 Euro gekostet, Heilpraktiker zahlen 20.000-100.000 Euro für ihre Ausbildung und beides hat reichlich Nachwuchs die ganze Zeit gehabt, die das auch bezahlt haben.
Ich selbst habe Rettungsassistent gelernt und bin für meine Ausbildung selbst aufgekommen. Im ersten Jahr war das jeden Monat 650 Euro die ich mitgebracht habe, damit ich die Schule besuchen durfte. Die Praktikastellen mussten ebenfalls selbst gesucht und bezahlt werden, damit man in der Klinik arbeiten durfte wie auch auf der Rettungswache.
Diese schlugen ebenfalls zu buche und für jeden 2 Wochen Block waren dann nochmals 400 Euro fällig. Nachwuchs gab es genug, auf jeden Jahrgang kamen 500 Bewerber von denen 90 ausgesucht wurden für meine Schule die das machen durften. Bezahlt haben das nicht meine Eltern, ich bin neben der Schule arbeiten gegangen damit ich das bezahlen konnte und der Rest wurde von einem Bildungskredit finanziert, der nach der Ausbildung zurück gezahlt wurde.
Mein Studium habe ich ebenfalls selbst bezahlt und war ebenfalls mit Monatlich 600 Euro dabei. Auch das ging, ich habe nebenbei Vollzeit gearbeitet damit ich das bezahlen konnte und nebenbei noch in beiden Fällen meinen eigenen Hausstand mitsamt eigener Wohnung finanziert. Man muss es wolle, dann geht das aber sich ausruhen und fordern das alles kostenlos ist, ist halt auch nicht das wahre.
Ich finde es schon bedauerlich, dass die Studiengebühren wieder abgeschafft worden sind. Denn dann waren auch die Studenten die als ewige Studenten bekannt sind angehalten, dass sie mal schneller machen und ihr Leben nicht nur in Freizeit sonnen und etwas für ihre Ausbildung machen wenn ihnen danach gerade beliebt.
Solche Fälle gab es im Umfeld einige, die sich von den Eltern haben finanzieren lassen und die Eltern nach nach 8 Jahren dann den Geldhahn zugedreht haben und der "arme" Student dann nicht mehr weiter machen konnte, aber vorher auch nicht aus dem Quark gekommen ist, weil er es nicht selbst bezahlen musste sondern das schon hat andere für sich machen lassen.
Wenn jeder für seine eigene Ausbildung zahlen müsste, dann wäre es wieder gleich. Jeder hat die Möglichkeit mit einem Kredit der hinterher abgezahlt wird und wer das nicht möchte und als ungelernte Kraft lieber direkt anfängt zu arbeiten, der bekommt dann auch seine entsprechende Entlohnung dafür. Dafür muss man sich dann aber auch nicht wundern, wenn man immer im Mindestlohnsektor sich bewegt und nicht weiter aufsteigen kann, wenn die Voraussetzungen nicht passen und man eben keine Ausbildung gemacht hat weil man sich dagegen entschieden hatte.
Bildung muss nicht kostenlos sein in meinen Augen, sie muss erschwinglich sein und das für jeden, ganz unabhängig davon was die Eltern verdienen und was nicht. Somit würde ein Kredit mit den gleichen Konditionen für jeden das wieder gleich machen, denn nach der Ausbildung und in Anstellung verdient man dann entsprechend, dass man das abzahlen kann und nicht Eltern oder ähnliche in Vorkasse springen und am Ende sich überraschen lassen dürfen was dabei heraus kommt und ob es sich gelohnt hat. Die Motivation ist jedenfalls eine ganz andere, wenn man dafür selbst aufkommen muss anstatt sich den Hintern pudern zu lassen und sich nie damit befassen zu müssen, was der Spaß denn nun den Rest wirklich kostet.
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