Für feine Kleidung gemobbt werden?
Meine Nichte hat mir heute erzählt, dass in ihrer Klasse ein Junge ist, der sich immer sehr adrett kleidet. Adrett bedeutet in dem Fall, dass er häufig im Hemd kommt und eine Business-Hose trägt, was in seinem Alter natürlich eher selten beobachtet werden kann. Zudem trägt er immer eine etwas altbackene Brille und kämmt sich die Haare.
Nun ist es wohl so, dass der Junge genau aus diesem Grund geärgert wird. Die anderen Kinder stören sich an seinem Kleidungsstil und machen sich darüber lustig, dass er sich so anzieht. Für sie ist wohl eher etwas modernere Kleidung üblich und jeder, der da von irgendwie abweicht, wird angegriffen.
Meine Nichte findet dieses Verhalten überaus unangemessen und spricht diesem Jungen regelmäßig Mut zu und sagt ihm, dass er sich doch mal wehren solle oder am besten mit den Lehrern sprechen solle. Er winkt dann aber immer ab und sagt, ihm mache das nichts aus. Dies glaubt ihm meine Nichte nicht und denkt, er habe Angst, gegen die Übeltäter vorzugehen
Was ich an diesem Fall bemerkenswert finde ist, dass jemand nicht wegen eines "schäbigen" Kleidungsstils gemobbt wird oder weil er keine Markenkleidung trägt, wie man es öfter mal hört. Hier stören sich die Angreifer daran, dass der Junge durch seine feine, gediegene Kleidung hervor sticht.
Habt ihr von so einem Fall auch schon gehört? Meint ihr, dass es tatsächlich möglich ist, dass man für feine Kleidung gemobbt wird? Kennt ihr vielleicht jemandem, dem sowas auch schon widerfahren ist? Hat derjenige sich dann wirksam zur Wehr setzten können oder konnten die Lehrer intervenieren?
Wir hatten auch eine Zeit lang jemanden in der Klasse, der jeden Tag mit einem Sakko in die Schule kam, dazu immer eine Hose aus Stoff, nie mit einer Jeans. Da fällt man natürlich auf und gerade, weil er sich dazu noch sehr weiblich verhalten hat, war er dann natürlich auch schnell Mobbingopfer. Wobei er sich so gut gewehrt hat, dass er letztendlich Teil der Gruppe wurde.
Ich denke, dass das auch vom Typen abhängig ist, wenn man selbstbewusst entgegentritt, kann man es dennoch vom Opfer in die Gruppe schaffen. Ignorieren finde ich aber falsch, ebenso wie sich sofort Hilfe vom Lehrer zu holen. Gerade diese Hilfe vom Lehrer kann auf jeden Fall auch nochmal nach hinten losgehen.
Ich hatte einen in der damaligen Schulklasse, der zwar mit Jeans zur Schule gekommen ist, aber der dann trotzdem jeden Tag ein weißes Hemd und einen Pullunder getragen hat und er hatte diese schwarzen Lederschuhe an, die man sonst immer mit irgendwelchen Business-Anzügen sieht, also eher diese klassischen Modelle.
Da die anderen Jungs damals alle diese Baggy Pants und sehr weite Pullover mit Graffiti-Stickerei getragen haben, fiel er natürlich extrem auf und hob sich von der Menge ab. Er sah einfach aus wie ein kleiner Streber. Es hat ihn jedoch nie gestört und ich habe nie mitbekommen, dass er sich wegen seinem Outfit irgendwelche Sprüche hätte anhören müssen. Er war auch der Klassenbeste, vielleicht wollten die Mitschüler sich die Chance nicht verbauen, bei ihm Hausaufgaben abschreiben zu dürfen.
Mit Business-Hose und Hemd in die Schule zu kommen, finde ich ehrlich gesagt aber auch sehr übertrieben. Es spricht natürlich nichts dagegen, sich gut zu kleiden und sich auch etwas eleganter anzuziehen, als die meisten anderen. Dann aber direkt zu einer Business-Hose zu greifen und das auch noch in der Schule, finde ich doch sehr albern. Das wäre nicht nur für die Uni auch albern, sondern auch für zahlreiche Bürojobs.
Wenn man sich etwas schicker anziehen möchte und Jeans nicht besonders mag, kann man ja schlicht, einfarbige Pullover anziehen und dazu Chinos in Beige oder Dunkelblau. Das sieht auch schicker aus, aber eben nicht zu übertrieben für die Schule.
Wenn sich jemand so anzieht, muss man ja irgendwie auch damit rechnen, dass über einen getuschelt und gesprochen wird. Ich kann auch nicht erwarten, regelmäßig im Businesskostüm in die Uni zu gehen, ohne dass da komisch geschaut wird. Immerhin ziehen sich ja nicht einmal die Dozenten so fein an. Ich finde, dass man sich da schon auch etwas anpassen muss.
Natürlich gehört es sich nicht, andere zu mobben und natürlich ist das falsch, aber man muss schon schauen, dass man sich seinem Umfeld entsprechend anzieht. Wenn sich jemand schon optisch so von anderen abzuheben versucht, dann macht das leider nicht immer so sympathisch. Damit muss man aber auch rechnen.
In der Schule haben sich die anderen Mädchen auch manchmal negativ über meine Kleidung geäußert und ich habe das oft gar nicht verstanden. Beispielsweise wurde mal gemeckert, dass ich ein Shirt mehrere Tage hintereinander getragen hatte. Das fand ich damals gar nicht schlimm, aber es hieß dann gleich, ich sei unsauber und schmutzig.
Ich hatte das gar nicht eingesehen, warum es nun schlimm sein soll, ein Shirt mehrere Tage lang zu tragen und damit sich niemand mehr darüber aufregt und mich deswegen mobbt, habe ich es dann so gehandhabt, dass ich das Shirt abwechselnd mit anderen Klamotten getragen habe, damit es nicht auffällt. Fand ich aber wirklich albern, dass man das so machen musste.
Dann hatte ich mal was an, was einen etwas tieferen Ausschnitt hatte, aber ich fand auch nicht, dass der zu tief war und genau das wurde dann wieder zum Lästern verwendet. Ich wusste irgendwann gar nicht mehr, was ich noch anziehen darf, um nicht wieder anzuecken, denn ich hatte nun nicht den Eindruck, dass ich mich so viel anders als die anderen gekleidet hätte.
Es ist gar nicht so einfach, wenn man einmal wegen irgendeiner Sache gemobbt wird, das zu beenden und abzustellen. Die finden immer wieder etwas. Und selbst wenn man dann etwas, was kritisiert wurde, nicht mehr macht, dann dauert es nicht lange, bis sich da ein neues Thema auf tut.
Kleidung ist doch das erste, was sich Kinder krallen um darüber her zu ziehen. Kaum entspricht man nicht den anderen, fällt man auf und damit wird direkt über einen hergezogen und Dinge angedichtet die so gar nicht stimmen. Ich wüsste nicht was daran schlimm ist mit einer Stoffhose in die Schule zu kommen und auch entsprechend sich so zu kleiden wie man möchte. Das man damit auffällt und auch die Sprüche kommen werden wenn man anders ist, dass sollte man sich aber auch bewusst machen und damit leben können.
Ich bin auch oft aufgefallen da ich die ganzen Modetrends nicht mitgemacht habe mit Schlaghosen, hinterher diese Samthosen, Röcke, Kleider und Co. Ich bin einfach ganz normal gegangen wie ich mich wohl gefühlt habe und das war in der Regel ein normales Shirt mit einer Jeans und dazu Turnschuhe. Die Haare waren ebenfalls recht auffällig immer, entweder sehr kurz gehalten das ich teilweise auch von der Ferne für einen Jungen gehalten wurde oder entsprechend knallig in grün oder orange. Mich hat das nicht weiter gejuckt und stand schon damals darüber was andere über mich gesagt haben. Als sie merkten das sie mit ihren Sprüchen nicht bei mir landen, hat sich das von ganz alleine gegeben.
Mobbing ist leider an vielen Schulen noch ein großes Thema. Aussehen, Kleidung, Verhalten, Leistung, es wird teilweise über alles gelästert. Ich habe einige wenige Schulen gesehen, wo es möglich ist, dass man als Kind seine Individualität ausleben kann und sich so kleiden kann, wie man selbst es möchte. Auch wenn man damit der/die einzige in der Klasse ist. Und wenn Jungs dann rosa/pink tragen und Mädchen aussehen dürfen wie ein Junge, dann ist auch feine Kleidung meist weniger ein Problem. Ich wünsche mir mehr solcher Schulen.
Und warum sollte sich der Junge wehren oder rechtfertigen? Wenn es sein Stil ist, der ihm gefällt, dann hat er damit den meisten in der Klasse sicherlich einiges voraus. Ich trage auch manchmal Sachen, die andere nicht mögen, nicht anziehen würden, etc. Das war auch schon in meiner Jugend so. Da gab es durchaus Sprüche und Hinweise von anderen, dass sie andere Kleidung bevorzugen. Mich störte es auch nie, wenn ich etwas trug, was anderen nicht gefiel.
Es ist doch häufig so, dass die selbstbewussteren Störenfriede in einer Klasse sich auf ein oder zwei Ziele einschießen, die aus der Masse herausstechen. Dabei ist die Kleidung ebenso ein Kriterium wie Frisur, Hygiene, Körperform oder manchmal auch einfach nur eine persönliche Eigenart. Jeder sollte dennoch so sein dürfen wie er möchte und wenn man in der Schule gerne im Anzug kommen möchte, warum nicht?
Ich wurde auch oft für meine außergewöhnliche Kleidung ausgelacht und nach einer gewissen Zeit war es mir auch egal. Es ist schade, dass manche Kinder und Jugendliche so sind, aber da kann man mit sozialen Projekten und Schulsozialarbeitern schon etwas dagegensteuern.
Ich würde leider auch sagen, dass es so ist, dass eben die Schüler leicht zu Mobbingopfern werden, die sich von der Masse unterscheiden. Da ist es dann wohl egal, ob jemand mit schäbiger Kleidung in die Schule kommt, weil die Eltern sich die neueste Mode nicht leisten können, oder ob es die eher adrette Kleidung ist, die den Mitschülern eben auffällt.
Deswegen würde ich auf jeden Fall sagen, dass es möglich ist, dass man auch in diesem Fall gemobbt wird. Ich kann mir vorstellen, dass es dem Schüler schon etwas ausmacht, aber oft scheut man sich eben, zu den Lehrern zu gehen oder sich zu wehren, weil man befürchtet, dass man dann noch schlimmer gehänselt wird.
Was ist daran so außergewöhnlich? In der Gruppe gibt es eine Norm wie akzeptable Kleidung auszusehen hat und alles, was da raus fällt, ist eben nicht akzeptabel. Das können die Sneaker von der falschen Marke sein, die Jeans mit dem falschen Schnitt aber eben auch der schicke Anzug.
Ich kenne solche Geschichten tatsächlich nur aus Erzählungen. Für viele Mitschüler war Kleidung nicht besonders wichtig - naturwissenschaftliches Gymnasium halt - und der Rest war eher alternativ unterwegs und hat sich in Second Hand Shops und auf Flohmärkten eingekleidet um bloß nicht so auszusehen wie von der Stange.
Ein Mitschüler hat auch so einen Vintage Stil gepflegt und hatte seine "altbackene Brille" vom Flohmarkt mit Gläsern in seiner Stärke ausstatten lassen. Ich fand das schon cool, weil er den Stil konsequent durchgezogen hat mit einem alten Fahrrad und einer Schultasche aus Leder und solchen Sachen. Er war genauso akzeptiert wie der Punk, der jede Woche eine andere Haarfarbe hatte.
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