Sich bei Kollegen für Handlung rechtfertigen müssen?
Eine Kollegin von mir ist studierte Psychologin. Es kann natürlich Zufall sein, aber sie redet wirklich sehr viel und mir ist schon mehrfach aufgefallen, dass sie sich für jede noch so kleine Handlung rechtfertigt und ständig entschuldigt und das in einem Umfang, der absolut unnötig und übertrieben ist. Ich muss nicht jede Handlung gerechtfertigt haben, wozu?
So entschuldigt sie sich zum Beispiel hinterher pausenlos, wenn sie einen wichtigen Rückruf erhalten hat und deswegen nicht weiter mit mir an unseren Aufgaben sitzen kann. Dann wird lang und breit erklärt, warum sie den Anruf annehmen musste und der ganze Hintergrund drumherum, damit ich mich bloß nicht verletzt oder gekränkt fühle, dass mir das schon fast zu viel wird. Ich muss das nicht wissen, es war wichtig genug, dass sie dran gegangen ist und das reicht mir vollkommen aus.
Ich habe schon den Verdacht, dass das vielleicht so ein Tick von Psychologen ist. Also dass sie besondere Sorge hat, anderen Menschen auf die Füße zu treten und irgendwelche seelischen Traumata auszulösen. Dafür fehlt mir aber das Verständnis. Ich muss nicht in Watte gepackt werden. Wie seht ihr das? Müsst ihr euch bei Kollegen auch immer für jede Handlung rechtfertigen? Findet ihr das in Ordnung?
Meiner Meinung nach, muss sich niemand für seine Handlung rechtfertigen, zumindest nicht in so großem Ausmaß, wie du es beschreibst. Auf Nachfrage, kann man seine Handlung gerne Erklären, damit sie für Kollegen nachvollziehbar ist. Ansonsten sollte man hinter seiner Entscheidung stehen und sich nicht für alles rechtfertigen.
Ich glaube nicht, dass das speziell mit dem Berufszweig Psychologie zu tun hat. Es gibt einfach Mensch, die wahnsinnig unsicher sind und sich für alles und jeden Rechtfertigen. Das bekommt man aus solchen Menschen glaube ich auch nicht mehr raus. Mich würde es aber auch wahnsinnig nerven, wenn ich für jede Kleinigkeit eine Rechtfertigung hören würde. Es reicht doch, sich z.B. einmal kurz zu entschuldigen und zu sagen, dass das Telefonat wichtig war, um mal bei deinem Beispiel zu bleiben.
Ich rate davon ab, alle Angehörigen einer Berufsgruppe über einen Kamm zu scheren. Es sind nicht alle Psychologen dünn häutig, ebenso wenig wie alle Maurer bärbeißig oder alle Hausfrauen unselbständig sind. Manche Leute sind eben unsicher und haben ständig Angst davor, sich unbeliebt oder sonst etwas "falsch" zu machen. Zumindest eine derartige Phase durchleben sicher auch viele von uns, unabhängig von der Berufswahl.
Ich selber bin weder Psychologin noch wirklich sensibel, kenne jedoch auch Situationen, in denen ich schon im Voraus Rechtfertigungen und Erklärungen parat gelegt hatte, um mich verteidigen zu können, wenn meine psychopathische Kollegin wieder grundlos über mich hergefallen ist und dann eingeschnappt war. In diesem Fall habe ich es auch völlig übertrieben mit den Erklärungen, Entschuldigungen und Rechtfertigungen in dem Versuch, mit dem alten Drachen irgendwie klar zu kommen. Und wenn man charakterlich sowieso zu niedrigem Selbstwertgefühl neigt, rechtfertigt man sich eben grundlos, auch ohne zuvor schikaniert worden zu sein.
Ich halte es auch nicht für ratsam, dass hier wieder pauschal alle über einen Kamm geschert werden, egal ob es passt oder auch nicht. Wie Gerbera bereits gesagt hat, so wird man durchaus einige dünnhäutige Psychologen finden, ebenfalls die unselbstständige Hausfrau, aber eben nicht alle sind so.
Durchaus kommt es auch auf das Umfeld drauf an, ob man sich Rechtfertigen muss oder auch nicht. Wenn bei mir der Chef im Büro steht und brüllt, wo ich denn wieder bleibe dann muss ich mich ebenfalls Rechtfertigen auch wenn ich in dienstlicher Angelegenheit in der Kompanie unterwegs war. Habe ich einen Termin verpasst der wichtig war, dann muss man ebenfalls einen guten Grund haben das zu rechtfertigen. Anders sieht es aus, wenn ich einen Moment auf der Toilette bin und jemand will etwas von mir, dann muss ich mein menschliches Bedürfnis nicht in voller breite Rechtfertigen und auch noch beschreiben.
Selbstbewusstsein hat damit nur etwas bedingtes zu tun, wie gesagt, wenn der Chefdrache vor dir steht, dann kommt das auch von Selbstbewussten Personen damit sie ihren Job behalten und nicht unnötig das Leben schwer gemacht bekommen. Für alles und vor allem würde ich mich jedenfalls nicht rechtfertigen und schon gar nicht für Dinge, wie einen Anruf der dringend und zwischen drinnen hinein gekommen ist. Da reicht eine Entschuldigung für das Fernbleiben aus, mehr aber auch nicht.
Ich denke nicht zwingend, dass das etwas mit dem Beruf deiner Kollegin zu tun hat. Das wird wohl einfach in ihrem Wesen liegen, dass sie Harmonie braucht und dann eben niemanden verletzen möchte. Ich finde aber auch, dass das nicht sein muss. Wenn mein Kollege einen wichtigen Anruf entgegennehmen muss und ich mit der Arbeit kurz alleine da stehe, dann ist das eben so.
Dann reicht es mir aber locker aus, wenn der Kollege sich einfach entschuldigt. Ich muss dann nicht wissen, wer angerufen hat und warum das Gespräch dringend war und solche Dinge. Das würde mich dann auch eher stören, weil es dann ja noch mehr von der Arbeit abhält. Wenn das ein Kollege bei mir so machen würde, dann würde ich das mal ansprechen, dass das für mich nicht nötig ist. Vielleicht würde das ja etwas bringen.
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