Mathematik-Inhalte in der Oberstufe wirklich sinnvoll?

vom 08.10.2014, 14:08 Uhr

Zunächst: Ich bin keine Person, die grundsätzlich etwas gegen Mathematik hat, ganz im Gegenteil, ich mochte Mathematik schon immer und hatte im Gegensatz zu vielen anderen aus meiner ehemaligen Klasse große Freude an dem Fach. Mir ist es nie schwer gefallen, mit Zahlen zu rechnen und auch die Inhalte aus der Oberstufe haben mich nicht an meine Grenzen gebracht.

Dennoch war ich immer eine der Personen, die unsere Mathematik-Lehrerin in der Oberstufe ständig gefragt hat „Und wofür brauchen wir das jetzt im realen Leben?“. Diese Frage habe ich mir tatsächlich sehr oft gestellt und jetzt, wo mein Abitur schon etwas her ist, fühle ich mich darin bestätigt, dass man viele Inhalte aus dem Mathematik-Unterricht ab der Oberstufe einfach nicht braucht.

Mathematische Grundkenntnisse finde ich natürlich wichtig und auch als es noch um die Berechnung von statistischen Daten mit Modalwert, Median, und so weiter ging, habe ich eingesehen, dass man das irgendwann einmal gebrauchen könnte. Aber als es dann um Integralgleichungen ging, habe ich nicht mehr ganz nachvollziehen können, wann ich das später mal anwenden könnte und es ist tatsächlich so, dass ich seit meiner schriftlichen Mathematik-Prüfung nie wieder Integrale berechnet habe. Wenn man etwas studiert, das Mathematik enthält, wie beispielsweise Elektrotechnik oder gleich reine Mathematik, dann braucht man es natürlich noch, aber ich frage mich, warum es Inhalt des allgemeinbildenden Gymnasiums sein muss.

Könnt ihr meinen Gedankengang nachvollziehen? Seht ihr es auch so, dass auf Gymnasien im Fach Mathematik etwas zu weit gegangen wird, weil die meisten später wahrscheinlich sowieso nicht mit Integralen arbeiten werden oder findet ihr es trotzdem wichtig, dass man es lernt?

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



warum es Inhalt des allgemeinbildenden Gymnasiums sein muss.

Jemand, der ein allgemeinbildendes Gymnasium besucht, kann doch später auch den Wunsch haben, Mathematik zu studieren oder? Dann würden diese Inhalte fehlen. Du gehst bestimmt davon aus, dass jeder, der einen bestimmten Studienwunsch hat, fachlich darauf ausgerichtete Gymnasien besucht, aber die gibt es nicht überall. In kleinen Städten gibt es nur ein Gymnasium und das muss alle Schüler auf alle Studienfächer vorbereiten.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Das Gymnasium soll auf das Studium vorbereiten. Und das heißt, dass dort Grundlagen gelegt werden, die niemand mehr in seinem Leben brauchen kann, der nicht zufällig das betreffende Fach studiert. Aber diese Grundlagen sind wichtig, damit das Studium zügig vorangehen kann. In der Schule bleibt einfach mehr Zeit. Und als Schüler bekommt man eine Ahnung vom betreffenden Studienfach und wählt weniger Fächer aus, die einem so gar nicht liegen.

Die Alternative wäre, die gymnasiale Oberstufe abzuschaffen und das Studium zu verlängern. Das würde aber mehr Abbrecher und Studiengangwechsler produzieren, weil die Anforderungen durch die verkürzte Lernzeit pro Thema steigen würden und das selbstständige Erschließen von Lerninhalten weniger selbstverständlich für die Studierenden wäre.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Die Schule ist kein Überlebenscamp, Dinge die man im realen Leben braucht, wie Einkaufen, Essen bereiten oder mit Geld umgehen, lernst du nicht in der Schule, sondern normalerweise von deinen Eltern. Die Schule ist nicht dafür da dir deinen Alltag zu erleichtern. Du hast dich offenbar für das Gymnasium entschieden, jeder der diesen Weg geht sollte auch wissen, dass das Gymnasium auf die Uni vorbereitet. Wenn du nur eine Ausbildung machen willst, hast du heute zwar mit Abitur auch bessere Chancen dich gegen Konkurrenz durchzusetzen, aber Tatsache ist, das Gymnasium ist dann eigentlich nicht deine Schule.

Viele, wenn nicht sogar die meisten Abiturienten studieren nach dem Gymnasium und wenn du irgendwann an der Uni bist, dann wirst du schon wissen, wozu du das Wissen anwenden kannst. Das Wissen in der Oberstufe ist nicht für den Alltag gedacht, sondern für die Uni. Du wirst im Alltag auch nie etwas davon haben, dass du mal Shakespeare analysiert hast oder einen Frosch seziert hast. Die Fächer in der Oberstufe wählt man um seine Interessen auszuloten und besser einschätzen zu können, was man später studieren möchte. Manches Wissen kann man dann aus der Oberstufe anwenden, meist geht das was man in der Schule gelernt hat, aber nicht über das erste Semester hinaus. Dennoch kannst du ansatzweise erahnen, was dich später im Studium erwarten wird. Du hast hoffentlich nicht geglaubt das du 12 Jahre Schule besuchen musst um später im Supermarkt ausrechnen zu können, was deine Tomaten kosten, oder?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich bin nicht der Meinung, dass die Inhalte des Matheunterrichts sinnlos für das spätere Leben sind. Ich hätte mir nur damals selbst die Option gewünscht, dass ich Mathe als Grundkurs hätte machen können. Dann wären mir Integral- und Vektorrechnung, die ich sowieso nie verstanden habe und die ich auch nicht brauche, erspart geblieben. Angehende Mathestudenten hätten ruhig den Leistungskurs belegen können, aber für mich war es Folter pur.

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» ninjafan » Beiträge: 1455 » Talkpoints: -0,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Es stimmt nicht, dass man die Ansätze der Mathematik, die im Gymnasium gelehrt werden, nicht im echten Leben brauchen kann. Gerade die Differential- und Integralrechnung begegnet einem an jeder Ecke. Man kann mit Integralen zum Beispiel den Verbrauch eines Autos beim Beschleunigungsvorgang ableiten und daraus bestimmen, ob man lieber schnell oder langsam beschleunigt. Auch wenn man aus dem Leistungsbedarf eines Elektrogerätes auf die verbrauchte Energiemenge schließt, wendet man prinzipiell die Integralrechnung an. Und das sind nur zwei einfache Beispiele. Das heißt natürlich nicht, dass man ständig tatsächlich Integrale rechnen muss, aber das mathematische Verständnis kann man sehr gut verwenden, um Zusammenhänge in dieser Welt zu verstehen.

Gleiches gilt für die Vektorrechnung. Das Verständnis von Vektorrechnung kann man überall dort brauchen, wo Kräfte wirken. Zum Beispiel beim Bau eines Regals kann man sich klar machen, wie sich das Gewicht verteilen wird und wo man Verstärkungen geschickt anbringen kann. Auch das passiert meistens eher intuitiv, mit dem mathematischen Hintergrund kann man aber die Prozesse besser verstehen, wenn man möchte.

Und Statistik gehört natürlich zum absoluten Allgemeinwissen. Jeder sollte verstehen, was der Unterschied zwischen Durchschnitt und Median ist und wieso eine Umfrage mit 100 Teilnehmern in den meisten Fällen keine Aussagekraft hat. Außerdem hilft die Mathematik um zu verstehen, wieso man bei Glücksspielen nicht mit einem System gewinnen kann. Viele Menschen verstehen zum Beispiel nicht, wieso die Tatsache, dass eine bestimmte Zahlenfolge beim Lotto gezogen wurde es nicht unwahrscheinlicher macht, dass die selbe Zahlenfolge bei der nächsten Ziehung wieder auftritt. Oder dass fliegen nicht sicherer oder unsicherer ist, nur weil gestern ein Flugzeug abgestürzt ist.

Beispiele für Mathematik im Alltag lassen sich sehr viele finden. Nur muss man eben auch verstanden haben, wie der Bezug von einer abstrakten Idee zu einem realen Objekt steht. Das wurde früher in der Schule viel zu wenig vermittelt. Es soll sich aber inzwischen stellenweise gebessert haben.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Wenn man es streng genommen betrachtet, sind für den Normalbürger, der nie wieder Mathematik ausüben will, nur die Grundrechnungsarten und die Bruchzahlen sowie das Prozentrechnen wichtig. Ich brauche auch nie wieder Integral oder Differential, aber so bilden wir auch unsere künftigen Wissenschaftler aus und nicht nur Leute, die denken, dass sie lieber Facbook brauchen, als fundiertes Allgemeinwissen.

» celles » Beiträge: 8677 » Talkpoints: 4,08 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Ich verstehe dich durchaus in deiner Ansicht. Auch ich gehe in die Oberstufe eines Gymnasiums, werde heuer maturieren und natürlich gehört Mathematik dazu. Doch im Gegensatz zu vielen Anderen sehe ich die Inhalte des Faches nicht als sinnlos an - ich gestehe ein, dass man weder Differential noch Integral als Normalbürger täglich benötigen wird - denn wenn man die Themen mit anderen Augen betrachtet, bieten Sie zu mindest für mich eine Welt, in der ich mich wohlfühle.

Natürlich muss man Mathematik mögen, und wenn man es mag, dann können die Themen der Oberstufe auch schön sein. Denn wenn man das, was gelehrt wird kann, dann kann man es wirklich. Nicht so, dass man die Prüfungen schafft, sondern so, dass man eigene Beispiele kreieren kann, welche dann zwar etwas knifflig aber doch zu lösen sind.

So geht es mir oft - ich denke über etwas Mathematisches nach und natürlich will ich eine Lösung für meine Fragestellung haben. Das heißt, dass ich schließlich in abgewandelter Version genau das Wissen benötige, welches mir in der Schule gelehrt wurde. Zwar so, dass es für die meisten Schüler nutzlos erschien, aber doch so, dass die Interessierten wir ich etwas damit anfangen können.

Wie gesagt, der Mathematikunterricht ist natürlich nicht für jeden Sinnvoll, für alle, die Mathematik auch in ohrer Freizeit betreiben jedoch auf jeden Fall eine hilfreiche Angelegenheit.

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» Krisibub » Beiträge: 518 » Talkpoints: 2,81 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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