Hartz 4 Sanktionen: Sind sie wirklich gerecht?

vom 28.11.2012, 22:42 Uhr

Das bei einem verpennten Termin schon die Leistung auf Null gekürzt wird, hat ja auch niemand behauptet. Und ich habe es auch schon erlebt, dass Leistungsbezieher morgens erscheinen sollten, aber die Brief erst Mittag mit der Post kam. Auch da hat ein Anruf gereicht, die Sache wurde erklärt und man bekam gleich einen neuen Termin.

Aber nach drei Terminen, welche alle nicht wahrgenommen wurden, weil man einfach keine Lust hatte, ist es doch mehr als richtig, dass man dann reagiert. Auch wenn das bedeutet, dass dann jemand mit weniger Geld auskommen muss. Es wurde ja ausreichend vorgewarnt.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Auch ich finde, dass es natürlich Leistungskürzungen geben muss. Wie beschrieben, geschieht dies ja nicht gerade nach einem verpassten Termin, sondern erst ab zum Beispiel drei oder gar mehr. Da muss man doch nun wirklich dann Absicht unterstellen. Denn auch (bzw. gerade) Empfänger von Hartz 4 - Leistungen besitzen Telefone und können ja wenigstens kurz Bescheid geben, falls ein Termin nicht wahrgenommen werden kann. Dass man sich natürlich nicht melden, wenn der Termin absichtlich nicht eingehalten wird, das ist natürlich klar und meines Erachtens in aller Regel auch die wahre Ursache dieser Fälle.

Die Frage ist natürlich, ob Leistungskürzungen im Allgemeinen die "richtige" Methode ist, auf solche Fälle zu reagieren. Aber Tatsache ist doch: Wie soll das sonst geschehen? Eine alternative Handhabe hat das Amt ja nicht wirklich. Dass Kinder darunter leiden, stimmt zwar, Aber dann muss das Amt diese natürlich berücksichtigen. Dass Familien mit minderjährigen Kindern ebenso schnell Sanktionen hinnehmen müssen wie Familien ohne Kinder, kann ich mir aber wirklich nicht vorstellen. Aber letztlich ist es natürlich auch eine Pflicht der Eltern, gerade wegen ihrer Kinder und den auch dafür nötigen Leistungen zum Amt zu gehen. Grundsätzlich haben die Betroffenen ja schließlich den ganzen Tag Zeit dazu, oder?

» Wesie » Beiträge: 307 » Talkpoints: 3,27 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich selbst bin auch hin und wieder Hartz IV Empfänger, da ich irgendwie nur Pech in Sachen Arbeit habe. Zuletzt war ich Abteilungsleiter bei Deutschlands größtem Analytikdienstleister, so was ähnliches wie das Frauenhofer Institut, oder Institut Fresenius, sicherlich bekannt, und war trotz allem auf Hartz IV angewiesen. Aus diesem Grund kenne ich diese Sanktionen leider sehr gut, da sie auch bei mir immer wieder vorkommen.

Gründe hierfür sind sehr oft verpasste Termine, weil ich arbeiten musste, und angeblich das Amt die Post nicht bekommen hat. Dann gab es Sanktionen weil ich während einer Eingliederungsmaßnahme krank geworden bin, und vieles mehr.

Diese Sanktionen fallen im Prinzip unter den Tatbestand der Nötigung, vor allem wenn man von so unwichtigen Dingen wie einem Termin ausgeht. Ich musste mir gerade vor ein paar Tagen von den Bauarbeitern die bei uns sanieren, eine schriftliche Bestätigung darüber geben lassen, das sie unseren Keller überschwemmt haben, und anschließend eine gefälschte Rechnung vom Sanitärnotdienst geben lassen damit eine Anschlussarbeit gerechtfertigt war. Ich habe das ganze nun mit Fotos vom überschwemmten Keller eingereicht, und muss trotzdem zittern das wir keine weitere Sanktion bekommen werden, weil wir genau an diesem Tag einen Termin hatten.

Sanktionen sind wichtig, aber dann sollte man sich vielleicht von Fall zu Fall entscheiden. Ich und meine Frau beziehen in der Regel maximal 6 Monate Hartz IV, so war es zumindest in den letzten 10 Jahren, spätestens dann hatte ich wieder Arbeit, und meistens für 1-2 Jahre am Stück. Bei uns sieht man doch das wir arbeiten wollen, und arbeiten werden, sobald man etwas passendes findet. Da Sanktionen einzuführen finde ich ernsthaft gesagt absolut Lachhaft, zumal das Amt ja auch seit Jahren schon sieht das ich selbst schlecht bezahlte Stellen annehme, nur um was zu tun zu haben.

Dazu muss ich allerdings sagen das Sanktionen, als Erziehungsmaßnahmen teilweise bei einigen Menschen einfach notwendig sind, weil sie es sonst nicht kapieren. Ich habe leider in den letzten 10-12 Jahren sehr viel gesehen, und sehr viel kennengelernt, und muss sagen das Abzüge der Geldleistungen bei einigen Menschen das einzige sind, was überhaupt noch irgendeine Wirkung zeigt, dazu gibt es zu viele die sich mit Hartz IV abgefunden haben.

» Frank The Tank » Beiträge: 350 » Talkpoints: 44,33 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Den SternTV-Beitrag habe ich damals gesehen und ich war nicht sonderlich überrascht über die hohe Fehlerquote an Sanktionen, die dort besonders diskutiert wurde. Dass diese fehlerhaften Sanktionen teilweise deutlich zu große Auswirkungen auf das Leben einzelner Sozialleistungsempfänger haben, ist in meinen Augen ein Widerspruch zum Prinzip des Sozialstaates. Deutlich wurde nämlich, dass nicht selten auch sanktioniert wird, wer sich nicht falsch verhalten hat. Und da sollte auf jeden Fall eine bessere Kontrolle des Systems her, denn ich denke, wenn wohl bekannt ist, dass schon allein ein unglaublicher großer Teil der Hartz-IV-Bescheide falsch ist, sollte deutlich geworden sein, dass die Mitarbeiter an den entsprechenden Stellen vielleicht nicht gerade die richtigen Bearbeiter für eben jene Sanktionen sind. Das System, das hier nun die Sanktionen ausspricht, weist offenbar einfach zu viele Fehler auf und funktioniert auch nicht sonderlich gut. Das wurde im SternTV-Bericht jedenfalls ebenfalls ziemlich deutlich.

Generell finde ich ebenfalls, dass Sanktionen nicht falsch sein können, zumal es sich bei den Sozialleistungen nicht um geschenktes Geld handelt, sondern eine Leistung, die nicht nur mit Rechten für ihren Empfänger verknüpft ist, sondern eben auch mit einigen Pflichten. Dass diese Pflichten mitunter unangenehm werden können, ist klar. Dennoch sollte jemand, der ständig an seine Pflichten erinnert wird, auch von seinen Rechten Gebrauch machen dürfen, und das bedeutet wohl, dass fehlerhafte Sanktionen umgehend gestoppt werden sollten, was aber offenbar ebenfalls nicht gegeben ist. Mir schien es nach diesem SternTV-Bericht gerade so als habe man hier ein System zu schnell eingeführt, quasi noch in der Testphase, bevor es zu Ende gedacht war und auf alle Eventualitäten vorbereitet gewesen ist. Das gerät nun zum Nachteil einiger Hilfeempfänger und das ist wiederum nicht gerecht, also auch nicht sozial.

Insofern meine ich, dass die Sanktionen nicht generell gerecht sind, zumal auch nicht jeder gleichermaßen sanktioniert wird. Natürlich muss auf den Einzelfall eingegangen werden, wenn Sanktionen ausgesprochen werden, aber das geschieht, wie berichtet wurde, nicht reibungslos. Solange das nicht gegeben ist, würde ich dieses Sanktionssystem auch nicht als gerecht bezeichnen, weil dieser Begriff für mich allgemein gültig ist und sich nicht nur auf einige von vielen Fällen bezieht, bei denen das System richtig funktioniert.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich selbst halte viele der Sanktionen auch nicht für gerecht. Allerdings kann es ja nicht von unserem Gerechtigkeitsempfinden allein abhängen ob Maßnahmen ergriffen werden oder nicht. Die Sanktionen müssen vor allem auch sinnvoll und rechtens sein. Nur sind sie das eben oft nicht. Das dann im Ergebnis, wie hier beschrieben, vieles daneben geht ist ein bedauerlicher Zustand. Der kommt aber auch irgendwo her.

Wenn man sich vor Augen führt, dass in JobCentern scheinbar teilweise auch Druck erzeugt wird zu sanktionieren, dann versteht man sehr schnell wo das herkommt. Da muss sich am System ganz prinzipiell etwas ändern. Wir haben zu Anfang der Hartz-Reformen ja gesagt, dass wir Arbeitslose nicht mehr vollständig pampern und sie dauerhaft finanzieren können und das wir mehr Eigeninitiative von ihnen fordern. Das ist in Ordnung.

Allerdings hat sich die Entwicklung verselbstständigt und wir sind dazu gekommen sie oft nur noch sinnlos zu triezen und ihnen dabei nicht mal mehr hilfreiche Förderung wie eben Fortbildungsprojekte zu ermöglichen.

» Beltin » Beiträge: 9 » Talkpoints: 3,53 »


Die besagte Sendung habe ich nicht gesehen. Allerdings habe ich schon eine Meinung zu diesem Thema und ich finde die teilweise Streichungen von Sozialleistungen nicht ungerecht. Schließlich geschieht das nicht aus Willkür, sondern es gibt Gründe dafür. Man sollte davon ausgehen, dass ein Empfänger von Sozialleistungen imstande ist, pünktlich zu Terminen zu erscheinen. Zeit genug hat die Person garantiert. Wie man es dennoch schaffen kann, vielleicht mehrfach zu spät zu erscheinen, ist mir schleierhaft. Die Leute müssen ja im Normalfall auch nicht in eine andere Stadt fahren, sondern haben in der Regel keine weite Anreise.

Wenn jemand dann immer wieder verschläft, den Bus verpasst oder den Termin vergisst, muss man der Person auch signalisieren, dass so eine Unzuverlässigkeit nicht in Ordnung ist. Im Berufsleben, das zumindest die arbeitsfähigen Bezieher von Sozialleistungen mindestens in der Theorie anstreben, könnte man sich auch nicht so unzuverlässig verhalten. Da müsste man dann sogar mit dem Verlust des Arbeitsplatzes rechnen.

Ich habe im familiären Umfeld jemanden, der Hartz IV bezieht. Er ist leider auch ein sehr unzuverlässiger Mensch und musste in der Vergangenheit schon mehrmals mit Sanktionen zurechtkommen. Für ihn war das kein Problem, er hat auch weiterhin viel geraucht und wenn das Geld für das Essen knapp wurde, sprang immer jemand aus der Familie ein, der ihm etwas gekocht oder ihm zumindest einen Einkauf finanziert hat. Hätte es diese Hilfe durch die Familie nicht gegeben, hätten die Sanktionen vielleicht etwas mehr bewirkt.

Ich finde es überhaupt nicht krank oder asozial, dass es solche Sanktionen gibt. Die meisten Leute überdenken ihr Verhalten erst, wenn es Geld kostet. Das ist der einzige Punkt, an dem man viele Leute wirklich greifen kann. Wie soll es sonst gehen? Die Sanktionen erfolgen auch nicht sofort, bei dem Familienmitglied habe ich mitbekommen, dass er mehrfach unzuverlässig war, bevor man dann die erste Kürzung vornahm. Die Krankenversicherung wurde natürlich weiterhin bezahlt und er bekam auch einen Teil des Geldes ausbezahlt. Wo da das Problem sein soll, weiß ich nicht.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Angesichts des aktuellen Diskussionen um Flüchtlinge darf ich auch mal daran erinnern, worüber wir noch vor einigen Jahren diskutiert haben. Jetzt fördert man auf einmal trotz IS-Terror, Ereignissen wie in der Silvesternacht, Kinderehen, arabischem Antisemitismus mit Milliardenbeträgen. Meines Wissens nach sind von 2016 bis 2020 von Bund und Ländern fast 240 Milliarden Euro wegen der Flüchtlinge eingeplant.

Während man noch vor einigen Jahren bei Beziehern von Hartz IV wegen möglichem Missbrauch die Zahnbürsten kontrollieren wollte, kommen nun massenhaft Personen ohne Pässe in unser Land, die nun entweder überhaupt nicht oder nur unter extrem hohen Kosten wieder von hier weggehen werden. Eine Abschiebung kostet im Durchschnitt mehr als ein Bezieher von Hartz IV im ganzen Jahr bekommt.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



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