Anzahl der Ärzte zu niedrig oder nur ungünstige Verteilung?

Bei uns im Freundeskreis wurde kürzlich über das Medizinstudium und die Ärzte diskutiert. Eine Freundin ist der Ansicht, dass mehr als genug Ärzte vorhanden sind, nur dass die Verteilung eben ungünstig ist, weil die meisten davon eben in den Ballungsgebieten tätig sind oder tätig sein wollen. Daher meint sie, dass die Anzahl der Studienplätze nicht erhöht werden sollte und dass alles ausreicht, wenn man das Verteilungsproblem in den Griff bekommt.

Ein Kumpel meinte jedoch, dass wir trotzdem in Deutschland viel zu wenig Ärzte und medizinisches Personal hätten und dass die einzige Lösung eben wäre, noch mehr Studienplätze in der Medizin zu schaffen, um dieses Problem eben zu lösen. Wie das mit der Anwerbung von Medizinern aus dem Ausland aussieht, um den Bedarf zu decken weiß ich nicht, aber das sehe ich auch eher kritisch, weil ja im Extremfall die medizinische Versorgung im Ausland (beispielsweise in Syrien etc.) nicht sichergestellt werden kann und die anderen Leute keinen Grund mehr haben, in ihrer Heimat zu bleiben. Haben wir genug Ärzte im Land und sollte man nur an der Verteilung der Ärzte arbeiten?

Auch die Ärzte in meiner Umgebung scheinen immer überlaufen zu sein. Einige können gar keine neuen Patienten mehr aufnehmen. Das scheint also ein weit verbreitetes Problem zu sein.

Ein Grund für den Mangel an Medizinern könnten die immer noch relativ hohen Anforderungen an die Abiturnote sein, die ja nur wenig mit der Qualifikation als Mediziner an sich zu tun hat. So verlangen die meisten Universitäten einen numerus clausus mindestens unter 1,6. Das ändert sich zwar vom Semester zu Semester, hat sich aber so in diesem Gebiet eingependelt.

Es ist ja seit jeher streitig, ob daran festgehalten werden sollte. Gegen eine Herabsenkung der NC-Anforderungen spricht natürlich, dass so nur sehr fleißige Schüler den Studiengang wählen können und der Gedanke ist, dass sie dann das Studium ähnlich ernst nehmen und am Ende besonders qualifiziert sind.

Dafür spricht, dass von den Leistungen der Schule nicht immer auf die Leistungen im Studium geschlossen werden kann. Mancher unpassende NC kann auch damit begründet sein, dass der Schüler in Fächern nicht so gut war, die überhaupt nichts mit Medizin zu tun haben, wie zum Beispiel Musik und Kunst, die dennoch in den NC einfließen. Damit wird einigen potentiellen Medizinern natürlich der Weg verbaut.

Ich denke doch, dass es wohl insgesamt zu wenige Mediziner gibt. Ein Schritt in die richtige Richtung wäre es halt, die Anforderungen an diesen Studiengang zu optimieren. So könnte man ja stattdessen einen Notendurchschnitt von 1,2 verlangen, der sich aber nur aus den studienfachbezogenen Fächern errechnet, also allen naturwissenschaftlichen Fächern. Bestimmt gibt es aber noch mehr sinnvolle Ansätze.

Ich wohne im Ballungsraum und trotzdem ist es nicht so, dass die Praxen leer sind. Die Hausärzte haben hier mehr als genug zu tun und auf einen Termin beim Augenarzt wartet man locker ein halbes Jahr. Zum Onkologen dauert es auch einen Monat und bei Frauenärzten muss man erst einmal einen finden, der überhaupt noch Patientinnen annimmt.

In den Krankenhäusern ist es auch nicht besser. Da bleiben Stellen ewig unbesetzt, weil es an Bewerbern fehlt. Wer möchte schon im Ruhrgebiet an einer normalen Klinik arbeiten? Karriere macht man da nicht und das Wohnen muss einem erst einmal gefallen.