Kritikäußerung von Wortwahl abhängig machen?

vom 07.03.2017, 10:34 Uhr

Ich muss sagen, dass ich durchaus offen für Kritik oder eben anderen Meinungen bin. Bei mir macht einfach der Ton die Musik. Ich finde es nicht schlimm, wenn jemand etwas an mir oder von mir kritisiert, nur kommt eben immer darauf an, wie jemand das tut.

Wenn ich zum Beispiel ein neues Kleidungsstück habe und mir dann der Partner sagt, dass es mir nicht so gut steht, ist das für mich in Ordnung. Anders wäre es, wenn ich gleich gesagt bekäme, dass ich fett darin aussehe. Ich denke einfach, dass man bei Kritik taktvoll oder eben auch mit der Tür ins Haus fallen kann. Ich muss auch sagen, dass ich meine eigene Kritik auch immer versuche, möglichst taktvoll zu verpacken und nicht verletzend dabei sein möchte. Ehrlichkeit ist da wichtig, dass ist keine Frage, aber man kann etwas ja schon netter ausdrücken.

Wie ist es bei euch? Seit ihr bei Kritik für die knallharte Wahrheit? Oder verpackt ihr diese Wahrheit lieber etwas, in dem ihr bestimmte Äußerungen eben nicht macht? Stört es euch, wenn jemand da sehr direkt ist? Würdet ihr es netter finden, wenn man die Kritik höflich formuliert, eben um zwar die Wahrheit zu sagen, aber den anderen nicht zu verletzen?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich habe noch nie etwas gegen Kritik gehabt. Auch nicht, wenn sie auf dem ersten Hören etwas forsch klingt. Man vergreift sich das eine oder andere Mal sicher im Ton, aber es kommt auf die Person an. Ich kenne eine Person, die kann nichts dafür, weil sie es selber gar nicht merkt, dass sie in einem eher abwertenden Tonfall eine Kritik äußert. Wenn man sie daraufhin da hinweist, dann tut es ihr meist sofort leid und sie entschuldigt sich.

Kritik ist immer Okay, aber wie du schon geschrieben hast, ist die Musik nicht selten ein Thema. Bei manch einen weiß ich, wie ich was zu verstehen habe und darf den Tonfall nicht überbewerten. Doch wo ich weiß, dass es eigentlich auch anders geht, dann werde ich auch mal schnippisch. Ich kann das auch und bin verbal so manchem Menschen dann deutlich überlegen, wenn es dann wirklich ausartet.

Ich finde einfach, dass unsachgemäße Kritik nicht selten in "Stresssituationen" führen kann. Das passiert jedenfalls bei uns nicht selten. Ich habe gegen Kritik nichts, aber wenn der Tonfall nach mehrfachen Ansprechen derselbe bleibt, dann lege ich los. Egal ob es um eine Hose geht, worin ich fett aussah, ein Schuhpaar das dämlich aussieht oder etwas ernsteres.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Ich finde es gibt auch noch einen deutlichen Unterschied zwischen Direktheit und Beleidigungen. Um mal dein Eingangsbeispiel aufzgreifen, fände ich die Aussage, dass du fett in einem neuen Kleidungsstück aussiehst schon beleidigend. Wenn man aber formuliert, dass es dir dewegen nicht gut steht, weil es deine Problemzonen ungünstig betont, wäre das meiner Meinung nach immer noch direkt und ehrlich, aber eben nicht so verletzend.

Ich bemühe mich meist, meine Kritik konstruktiv zu formulieren. Kritik kann ja auch eine Hilfestellung sein, auch wenn es eine negative ist. Formuliert man seine Meinung bewusst beleidigend und verletzend, bringt das den Adressaten doch nicht weiter und die Absicht, die dahinter steht, ist sicherlich auch nicht der Versuch den Kritisierten zu beraten, sondern eben nur ihn runter zu putzen. Wenn man aber sachlich bleibt, wird man hoffentlich auch ernst genommen und die Kritik angenommen.

Mir geht es jedenfalls so. Kritisiert mich jemand sachlich und freundlich, bin ich auch gerne bereit, die angesprochene Sache zu überdenken und eventuell auch zu verändern. Sagt mir aber jemand einfach nur, ich sei scheiße, womöglich noch ohne das näher auszuführen, kann ich mein Gegenüber überhaupt nicht für voll nehmen und die Kritik eben auch nicht annehmen. Deswegen versuche ich in der Regel anderen Menschen auch so zu begegnen, auch wenn ich für mich und im ersten Moment schon manchmal denke, wie dämlich oder hässlich oder ähnliches ich die zu kritisierende Sache gerade finde.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Sorcya hat geschrieben:Wenn man aber formuliert, dass es dir dewegen nicht gut steht, weil es deine Problemzonen ungünstig betont, wäre das meiner Meinung nach immer noch direkt und ehrlich, aber eben nicht so verletzend.

Ja, aber je nach Adressat kommt das auch wieder komplett falsch an. Ich war mal genau in dieser Situation, wo ein Kleidungsstück anprobiet worden ist und ich eben Kritik dahingehend vorsichtig formuliert habe, dass ich eben offen und ehrlich gesagt habe, dass meiner Meinung nach durch den Schnitt die "Problemzone" ungünstig betont wird, auch wenn das Kleidungsstück an sich total schön ist. Es kann nicht jede Figur in jedem Kleidungsstück toll und überwältigend aussehen, da gibt es auch genug Sachen, die an mir schrecklich aussehen, weil ich nicht die passende Figur dafür habe (oder die Sache selbst einen ungünstigen Schnitt).

Ich habe das also damals der Person so gesagt und habe nie irgendwelche Beleidigungen benutzt, aber das hat schon gereicht und die Person hat mir unterstellt ich würde sie für "fett" oder "dick" halten, was ich so aber nie gesagt habe. Im Gegenteil, die Person hatte immer eine verzerrte Selbstwahrnehmung und hat sich für viel dicker gehalten als sie eigentlich ist. Das habe ich ihr auch ständig gesagt, dass sie eine tolle Figur hat, trotzdem wird einem dann ein Strick draus gedreht, wenn man einen Schnitt für "unvorteilhaft" hält. Es gibt Menschen, die vertragen Kritik nicht mal in homöopathischen Dosen.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Täubchen hat geschrieben:Es gibt Menschen, die vertragen Kritik nicht mal in homöopathischen Dosen.

Da hast du leider Recht, aber der Person stattdessen zu sagen, dass sie in der neuen Jeans einen fetten Arsch hat, bringt euch ja dann auch nicht weiter. Wie du schon sagst, es gibt eben Menschen, die so gar nicht kritikfähig sind. Aber auch Leute, die sonst mit sachlicher Kritik durchaus umgehen können, wären sicher gekränkt, wenn man ihnen sagt, dass sie fett sind. Auch oder besonders dann, wenn es stimmt.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Was du meinst ist der Unterschied zwischen einer sachlichen Kritik und einer persönlichen und häufig unsachlichen Kritik. Ich verstehe nicht, was das mit "knallharte Wahrheit" zu tun hat, weil ich eine sachliche Kritik in den meisten Fällen angebracht finde, eine unsachliche aber nie.

Wenn ein Kleidungsstück aufträgt ist das übrigens auch eine sachliche Kritik. In manchen Kleidern sieht man eben dicker aus als man eigentlich ist, das liegt am Schnitt und teilweise auch am Material. Keine sachliche Kritik wäre so etwas wie "du hast eh einen fürchterlichen Geschmack und das neue Kleid zeigt das mal wieder".

Ich gehöre nun nicht zu den Menschen, für die man sachliche Kritik in rosa Wattebäuschchen verpacken muss damit sie nicht beleidigt sind und die Kritik persönlich nehmen, aber bei Leuten, die ehrliche, sachliche Kritik nicht vertragen können achte ich selber schon auf die Formulierung. Man kennt das Drama, das manche Frauen aufführen ja.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Täubchen hat es doch sehr treffend beschrieben, was jemand als Verletzend auffasst und direkt mehr interpretiert ist nicht alleine von der Wortwahl abhängig. Sicherlich ist es netter zu sagen, dass es nicht so vorteilhaft sitzt anstatt zu sagen, dass die andere Person zu fett ist. Das schützt aber noch lange nicht vor entsprechender Gegenwehr und weiteren Dingen die dann unterstellt werden die man damit gesagt haben soll und auf ein mal werden einem die Worte dann im Mund herum gedreht. Da kenne ich auch einige davon, entsprechend halte ich mich dort auch inzwischen gänzlich heraus und sage dazu gar nichts mehr.

Denn auch das sachliche wird doch gerne auf die persönliche Ebene gezogen, gerade wenn wir bei dem Thema Bekleidung bleiben. Man kann manchen Freunden auch direkt sagen, dass sie zu fett dafür sind ohne das diese es einem krumm nehmen und direkt mit der Mistgabel verfolgen. Andere fangen schon an zu weinen und lynchen einen, wenn man sagt, dass der Schnitt für deren Körperfigur nicht sonderlich gut geeignet ist und unvorteilhaft sitzt. Dann kommen wüste Dinge, dass man zu fett ist, keine Farbe tragen kann usw.

Auch alles schon gehabt und es kommt auch immer darauf an, wie gut oder schlecht jemand mit Kritik im allgemeinen umgehen kann, wie seine Selbstwahrnehmung ist und wie die Beziehung zueinander steht. Zu einem Geschäftspartner würde ich nie gehen und sagen, dass er fett ist. Bei meiner besten Freundin ist das kein Problem, da kann man die Dinge auch so beim Namen nennen ohne das sie verletzt oder zickig reagiert.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



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