War der Germanwings-Pilot gar nicht depressiv?

vom 20.03.2017, 16:39 Uhr

Ich denke, von der Germanwings-Katastrophe werden die meisten in Deutschland schon gehört haben. Das Unglück ist jetzt fast zwei Jahre her und die offizielle Meinung war bisher, dass der Pilot starke Depressionen gehabt haben soll und mit voller Absicht das Flugzeug abstürzen ließ.

Heute habe ich gelesen, dass die Familie des Piloten wohl massive Zweifel haben soll, dass der Pilot tatsächlich unter Depressionen litt. Inzwischen soll sogar ein Journalist beauftragt worden sein, ein entsprechendes Gutachten zu erstellen: Die Ergebnisse sollen am nächsten Jahrestag der Katastrophe der Öffentlichkeit vorgestellt werden, also schon in wenigen Tagen.

Ich weiß ja nicht so recht, was ich davon halten soll, wenn ich ehrlich bin. Wie seht ihr das? War der Pilot möglicherweise gar nicht depressiv und die Familie hatte recht? Oder fällt es der Familie nur schwer, dies zu akzeptieren und sie wollen die Wahrheit nicht wirklich glauben?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Wie will man an einer Leiche eine Depression diagnostizieren oder ausschließen? Und wie kann ein Gutachten da ein zuverlässiges Ergebnis ergeben? Außerdem frage ich mich, welche Art Gutachten ein Journalist erstellen kann, wenn es um eine psychische Erkrankung geht. Wie ist ein Journalist in diesem Fall qualifiziert, das einzuschätzen? Und was genau will er im Nachhinein begutachten.

Ich kann mir schon vorstellen, dass es für die Eltern des Piloten schwierig ist, als Eltern von so einer Person zu leben, die aus sehr schwer nachvollziehbaren Gründen den Tod von so einer Menge Leute zu verantworten hat. Da wird man vermutlich auch öfter mal beschimpft, und womöglich auch beschuldigt, dass da in der Kinderstube irgend etwas nicht stimmen kann, wenn das Kind eines Tages anscheinend durch eine Depression so irrational reagiert. Dass Depressionen nicht nur durch Erziehung beeinflusst sind, sondern auch ganz andere Ursachen haben können, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt.

Die Frage, die in dem verlinkten Artikel aufgeworfen wird, ob man das ausgerechnet zum zweiten Jahrestag publizieren muss, wenn sowieso die Hinterbliebenen Angehörigen und Freunde der Toten mehr trauern halte ich für durchaus nachvollziehbar. Aber noch weiß man ja auch nicht, ob da nicht tatsächlich eine Überraschung ans Licht kommt und wir alle danach ganz anders denken, als momentan.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich glaube nicht, dass ein Journalist da mehr ermitteln kann, als es die Polizei und zuständige Behörden nach dem Absturz bereits getan haben. Ich muss trüffelsucher recht geben und denke auch, dass man einem Toten, noch Untersuchungen machen kann, ob er nun wirklich psychisch krank war oder nicht. Es deutet alles eindeutig daraufhin, dass der Absturz absichtlich herbei geführt wurde.

Für die Familie des Piloten ist es sicherlich nicht leicht, dass sie damit leben müssen, dass ihr Sohn so viele Menschenleben auf dem Gewissen hat und vielleicht haben sie ihn auch anders gekannt. Es muss ja nicht sein, dass sie etwas von seinen Depressionen mitbekommen haben oder etwas davon wussten. Die Familie wird sicherlich auch darunter leiden und möchte so vielleicht, dass irgendwas über den Sohn ans Licht kommt, was ihn doch noch entlastet. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass diese Ermittlungen wirklich Erfolgs versprechend sind und etwas völlig Neues ans Licht bringen werden.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Gerade was die Germanwings-Katastrophe angeht, da kursieren ja mal die wildesten Verschwörungstheorien. Von Terroranschlag bis Entführung, ist die alles dabei. Ehrlich gesagt, war mir die offizielle Depressions- und Suizidversion, auch immer etwas suspekt, aber was da nun wirklich vorgefallen ist, das werden wir wohl nie erfahren. Das werden wohl nur hochrangige Geheimdienstler und Regierungsmitglieder wissen. 8)

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» mikado* » Beiträge: 3037 » Talkpoints: 1.002,67 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ganz ehrlich, wen interessiert das? Ich will nicht gemein herüberkommen, aber es ist nun mal so, dass es passiert ist und ob er letztendlich Depressionen hatte oder nicht interessiert doch dann auch nicht. Die Opfer des Fluges sind tot und damit müssen deren Angehörige leben, ich verstehe ehrlich gesagt nicht warum man 2 Jahre danach alles nochmal aufwühlen muss um dann eine Diagnose über jemanden zu stellen der tot ist. In meinen Augen ist es auch unseriös, wenn ein Arzt nun sagt, dass er es hatte oder eben nicht, weil er die Person ja nur mit irgendwelchen Hinterlassenschaften bewerten kann.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Nun ja, ganz irrelevant ist es nicht. Wenn theoretisch die Verschwörungstheorien in irgend welchen Teile zutreffen würden, wäre es schon relevant. Ich versuche das ganze mal auf einen allgemeinen, beispielhaften Fall zu ziehen, der hier mit dem tatsächlichen nichts zu tun hat. Schließlich kenne ich den Piloten auch nicht und kann nur spekulieren.

Aber nehmen wir mal an, X ist Pilot und lässt eine Maschine absichtlich abstürzen. Da macht es schon einen Unterschied, ob der fiktive X nun depressiv war, oder im Auftrag dritter, zum Beispiel von Terroristen gehandelt hat. Wenn X depressiv war, ist es ein bedauerlicher und tragischer Einzelfall, der auf das Versagen einer individuellen Person zurück zu führen würde. Wenn X aber von Terroristen beeinflusst wäre, wäre zu befürchten, dass Pilot Y vielleicht auch von dieser Gruppierung beeinflusst sein könnte und sich ein ähnlicher Vorfall wiederholen könnte.

Für uns als zum Glück unbeteiligte Zeitungsleser macht das vielleicht auch nicht so einen essenziellen Unterschied, wenn man nicht gerade Vielflieger ist und sich überlegen muss, welche Risiken man eingeht und ob man lieber Bahn fährt. Aber auch ein depressiver Eisenbahnfahrer oder einer, der süchtig auf ein Handyspiel ist, könnte auch seine Passagiere fahrlässig töten. Auch da gibt es keine Garantie

Für die Angehörigen der Opfer und auch für die Angehörigen des Piloten macht es schon auch einen Unterschied. Wenn ein geliebter Angehöriger stirbt, fragt man immer nach dem Warum. Warum hat ausgerechnet meine Tante Krebs und nicht die nervtötende Nachbarin? Warum wurde mein Angehöriger vor die einfahrende Bahn gestoßen? Und warum musste mein Verwandter sterben, als er zu Pilot X ins Flugzeug gestiegen ist? Warum tut jemand so etwas? Das ist schon für die Bewältigung von so einem Trauerfall durchaus relevant. Dass die Passagiere tot sind und tot bleiben, egal warum das passiert ist, ist natürlich auf einem anderen Blatt geschrieben.

Und dass die Angehörigen des Piloten einfach auch trauern und sich vielleicht nichts mehr wünschen, als dass dieses konkrete Flugzeug durch einen simplen technischen Defekt nicht mehr manövrierbar war und ihr Kind heldenhaft bis zum Schluss versucht hat, alle Leben zu retten? Welche Eltern würden sich nicht wünschen, dass die Fakten eher so aussehen, als dass das Kind die Flugpassagiere mit in den Selbstmord gerissen hat?

Klar macht das aus ihrer subjektiven Sicht für die Bewältigung vom Trauerfall durchaus sinn. Und wenn sie das Gutachten für ihre privaten Hände in Auftrag geben und keinen Wind darum machen, könnte ich das sogar sehr gut verstehen. Warum man an die Presse gehen muss, obwohl wahrscheinlich noch gar nicht klar ist, was in dem Gutachten steht, das kann einem vermutlich nur ein Psychologe erklären, was solche Verhaltensweisen motiviert.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ramones hat geschrieben:Ganz ehrlich, wen interessiert das? Ich will nicht gemein herüberkommen, aber es ist nun mal so, dass es passiert ist und ob er letztendlich Depressionen hatte oder nicht interessiert doch dann auch nicht.

Wen das interessiert? Vielleicht die Angehörigen und Freunde vom Pilot, weil keiner gemerkt hat, dass etwas mit diesem Mann nicht stimmte? Einige Angehörige der Opfer wollen den Fall vielleicht ruhen lassen, aber auch Eltern und Angehörige der verstorbenen Schulklasse suchen nach Antworten.

Warum gehen Mütter ins Gefängnis zu dem Mörder ihres Kindes und suchen das Gespräch? Nicht nur eine einzige Mutter auf dem Planeten hat dem Mörder ihres Kindes verziehen, da gibt es einige Fälle, das kannst du recherchieren. Wenn eine geliebte Person stirbt, dann akzeptiert man kein "Ist halt so!" als Antwort.

Stell dir vor, du wärst die Mutter von einem ermordetem Kind. Du verstehst nicht, wieso ausgerechnet dein Kind in so einem jungen Alter die Welt verlassen musste und suchst nach Antworten. Was würdest du sagen, wenn jemand zu dir kommt und sagt: "Wen interessiert das?", ich finde es hart. Wo bleibt das Mitgefühl?

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» soulofsorrow » Beiträge: 9232 » Talkpoints: 24,53 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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