Nutzt Erdogan der Streit mit Deutschland?

vom 03.03.2017, 19:12 Uhr

Aktuell tobt ein harter Streit zwischen der Türkei und Deutschland. In der Türkei wurde ein türkischstämmiger Journalist aus Deutschland eingesperrt und in Deutschland durften mehrere türkische Minister keine Werbung für die Volksabstimmung in der Türkei zum neuen Präsidialsystem machen. Inzwischen kippt die Stimmung in Deutschland auch immer mehr gegen die hier lebenden Türken. Doch wem nützt es letztlich wirklich?

Durch diesen Streit kann sich Erdogan wunderbar als Opfer darstellen. Immerhin gab es hier schon genug Demos mit verbotenen PKK-Fahnen, die geduldet wurden und nun will man die Auftritte von demokratisch gewählten Politikern verhindern? Kommt es nicht so in der Türkei an? Sitzt die Türkei wegen des Krieges gegen den IS und der Flüchtlingskrise nicht längst am längeren Hebel?

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Um die letzte Frage gleich als erste zu beantworten: Soweit ich weiß, erhält die Türkei von der EU aber auch erkleckliche Summen, die unter Wirtschaftshilfe laufen, von daher firmieren die ganzen Absprachen mit der Türkei durchaus unter Gegenseitigkeit. Erdogan ist in seinen Konflikten mit europäischen Staaten nur einfach der wesentlich Lautere und Polemischere, sodass das vielleicht etwas einseitig wirkt.

Mittlerweile muss man ja auch fragen, ob ihm in seinem Wahlkampf zum Referendum der Streit mit Deutschland und vor allem der Niederlande nicht doch nutzt und da tendieren die Politologen eher zu einem Ja als zu einem Nein. Dass er ein von den Faschisten besetztes Land nun ausgerechnet als Nazi-Staat etc. bezeichnet, wird vermutlich von vielen, die auf seiner Seite stehen nicht als die Lächerlichkeit empfunden, die sie darstellt.

Ich könnte mir auch vorstellen, dass Leute, die eher auf der Kippe in der Frage bezüglich Erdogan standen, sich durch diese offenen Streitereien mit Deutschland und den Niederlanden aufgrund einer Art von Nationalstolz und verletztem Ehrgefühl nun eher auf seine Seite schlagen, aber das ist nur ein subjektives Empfinden. Andererseits werden sich die türkischen Gegner dieses Mannes einfach nur bestätigt sehen. Vermutlich wird er sein Referendum aber für sich entscheiden können und was da am Ende das Zünglein an der Waage gewesen ist, wird keiner mehr rekapitulieren können.

» Verbena » Beiträge: 4938 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Witzigerweise nutzt es dem Türken am meisten. Merkel kuscht indirekt weiter, weil sie von dem Deal im Bezug auf die Flüchtlinge abhängig ist. Aus keinem anderen Grund kuscht sie so vehement und versucht auch alles eher den Kommunen im Bezug auf Auftrittsverbote anzudichten statt selber mal aktiv zu werden und so mutig zu sein wie die Niederlande. Denn 90 Prozent der Flüchtlinge in der Türkei wollen nach DE und das würde die dicke Krise nochmal verstärken und Merkel Wähler kosten. Das ist ganz klar.

Doch auch das großkotzige "Nazi-Bashing" von Erdogan nutzt ihm. Die Türken fühlen sich mal wieder darin bestärkt, dass man in der EU islamfeindlich sei, dass sie ungeliebt sind und man dies damit zum Ausdruck bringen möchte. Mag für manche Quatsch sein, aber viele Türken geben genau das zu und einige davon sind deswegen umso entschlossener, wohin jetzt ihre Stimme geht. Eben doch zum Präsidentialstaat wie Erdogan es gerne hätte und eigentlich doch unter versteckter Hand sowieso schon ausführt.

Der Streit nutzt am meisten Erdogan und das Merkel so klein bei gibt, das tut ihr eher schaden als gut. Große Politiker wie Christian Lindner, Martin Schulz und andere fordern von Merkel längst öffentlich, dass sie Partei ergreift, die Kommunen nicht alleine lässt und dem Türken endlich die Schranken weiß. Doch sie labert stets einen von wichtigen Verhandlungspartner und ich frage mich im ernst, seit wann? Komisch das von der Wichtigkeit erst ab 2015 wirklich besonders Bezug genommen wurde und 2016, als er angefangen hat, die Flüchtlinge fernzuhalten, wo doch hierzulande die Stimmung schon derart kippt, dass alle sich vor den Wahlen immer mal wieder in die Buchse pinkeln.

Der Streit hilft Erdogan und lässt Merkel klar schlecht aussehen. Die Niederlande machen es richtig und zeigen auf, wie es geht. Auch Le Pen ist derselben Ansicht, ich im Übrigen auch. Der Türke hat sich in seinen Rechten den Wahlkampf außerhalb der Türkei schon mit deren dortigen Gesetzen verboten und bei uns kann er sich, laut Bundesverwaltungsgericht, eben nicht auf die Grundgesetze berufen. Komisch, aber Merkel macht immer noch nichts.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Hallo, ich denke der Streit mit Deutschland nutzt Erdogan in soweit, das es ihm hilft sein komisches Referendum durchzuziehen, um wieder ein Stück näher an die Autokratie zu kommen. Ich verstehe nicht, wie man diesen Mann so gewähren lassen kann.

» MissMoneyPenny » Beiträge: 15 » Talkpoints: 1,94 »



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