Kann man sich das Krankenhaus im Notfall aussuchen?

vom 01.04.2008, 11:33 Uhr

Wir hatten letztens eine Diskussion darueber, ob man sich das Krankenhaus aussuchen kann, in das man gebracht wird. Es geht jetzt nicht um geplante Behandlungen, sondern um die Notfaelle bei denen der Rettungswagen kommt und einen abholt. Kann man da verlangen in ein bestimmtes Krankenhaus gebracht zu werden? Oder muss man sozusagen das Krankenhaus nehmen von dem der Wagen geschickt wurde und das dann wahrscheinlich ja auch das naechstgelegene ist?

Das Krankenhaus, das unserer Wohnung am naechsten liegt, hat naemlich nicht so einen guten Ruf und im Notfall moechte ich lieber in ein anderes Krankenhaus, das aber etwas weiter weg ist. Geht das trotzdem oder ist man den Sanitaetern da "ausgeliefert"?! Und wie ist es in den Faellen, wo man selbst nichts mehr sagen kann, z.B. weil man ohnmaechtig ist? Reicht es da wenn der Partner den Sanis das mitteilt oder braucht man dann sogar was schriftliches?

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» misspider » Beiträge: 1964 » Talkpoints: 6,69 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Wie du weißt, bin ich ja vom Fach :wink:
Man kann sich im Notfall das Krankenhaus begrenzt aussuchen, allerdings richtet es sich nach den Verletzungen bzw der Ursache wesewegen der Rettungswagen gerufen wurde. Wenn es also etwas Neurologisches ist (Nerven betreffend) macht es wenig Sinn, in ein Krankenhaus zu fahren welches keine Neurologische Abteilung hat. Sollte es aber nur eine Platzwunde sein zum Nähen, dann hat man die Auswahl in welches Krankenhaus der nähe man möchte.

Ein Rettungswagen ist verpflichtet, das nächste primär geeignete Krankenhaus anzufahren. Also ist es nicht möglich, sich eines auszusuchen welches 100 km weit weg ist. In der Regel wird einem Patienten vom Rettungsassistenten etwas vorgeschlagen und wenn man das annimmt, wird dort angefragt ob das Krankenhaus annimmt. Sollte es allerdings ablehnen (was auch Krankenhäuser unter bestimmten Vorraussetzungen dürfen) entscheidet der Rettungsassistent in welches Krankenhaus es geht. Ich selbst versuche es immer auf die Diplomatische Weise, und schlage es den Patienten vor und erkläre dann wieso wir z.B. nicht in das Krankenhaus fahren können welches 50 km weit weg ist, obwohl der Patient dort gerne hin möchte. Es geht dabei auch um eine finanzierungsfrage. In Hessen ist es so geregelt, ein Notfall nur mit Rettungswagen kostet 650 Euro pauschale, dabei sind 100 km inbegriffen. Alles was mehr zu fahren ist, das bezahlt der Patient privat und pro Kilometer werden 1-2,5 Euro fällig. Da dies die wenigsten Patienten dann selbst bezahlen wollen, nehmen sie meistens den Vorschlag an.

Solltest du selbst den Wunsch nicht mehr äussern können, hat auch etwas schriftliches nichts zu melden. Es entscheidet schlussendlich der Rettungsassistent oder der Notarzt in welches Krankenhaus der Patient kommt. Rechtlich gesehen sind wir nicht mal verpflichtet nach Wünschen zu fragen, sondern können das einfach entscheiden. Bei Bewusstlosen Patienten übernehmen wir den Auftrag ohne Zustimmung, und da müssen wir im besten Wissen und Gewissen handeln den Patienten nicht zu schädigen. Also ist es egal wenn dein Partner sagt du wolltest nicht in das Kreiskrankenhaus um die Ecke, wenn es ausreicht für eine Primäre Versorgung wird es dahin gehen. Gerade bei schweren Verletzungen etc. geht es in Häuser der maximal Versorgung die gerade auf dem Land weiter entfernt liegen. Allerdings kann ein Patient den Transport verweigern und wir dürfen ihn nicht zwingen mitzukommen zwecks Freiheitsberaubung, aber dann holen wir die Polizei und schon ist das geregelt.

Auf gut Deutsch, wenn man nicht unverschämt wird zu den Rettungsassistenten und dem Notarzt wird man immer gefragt werden was für Wünsche man hat. Sollte einmal nicht gefragt werden von den Kollegen, kann man das ja mal ansprechen und dann findet sich auch ein diplomatischer Weg. Wieso man auch nicht die freie Wahl hat, ein Rettungswagen ist nur für einen bestimmten Bereich zuständig und wenn der Stundenlang in der Gegend rumfährt um jeden seinem Wunsch zu erfüllen ist das Gebiet solange unterbesetzt und bei einem weiteren Notfall kann nicht so schnell Hilfe da sein, wie es erwünscht wäre. Denke das ist in jedem seinen Interesse und sollte auch für Laien verständlich sein ;)

Liebe Grüße
Sorae

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Danke Sorae fuer die umfassende Information! Im Grunde macht das so wie Du es schreibst ja auch wirklich Sinn. Dann hoffe ich mal dass ich das nie in Anspruch nehmen muss ;) weisst Du denn auch ob man sich ggf. spaeter noch verlegen lassen kann? Oder ist das nur ein toller dramatischer Effekt in den Arztserien, wenn die Patienten darauf bestehen in ein anderes Krankenhaus verlegt zu werden?

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» misspider » Beiträge: 1964 » Talkpoints: 6,69 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Es ist kein Problem sich in ein anderes Krankenhaus danach verlegen zu lassen, allerdings bezahlen das die Krankenkassen nur wenn ein medizinischer Grund vorliegt. Ansonsten bekommt man für die Fahrt eine Private Rechnung die je nach dem zwischen 100-1000 Euro haben kann (nur für die Fahrt !). Kommt halt darauf an, ob man "nur" einen Krankenwagen braucht, oder eben einen Rettungswagen oder gar einen Notarztwagen. Eine Aufstellung, was was ist, findest du unter dem Thema "Rettungsdienst - Überblick über verschiedene Rettungsmittel. Dazu muss man aber vorerst auch in dem anderen Krankenhaus anfragen, ob diese auch aufnehmen würden. Normalerweise machen das die Krankenhausärzte fest, aber wie es bei "eigenwilligen" Verlegungen aussieht kann ich dir nicht sagen. Dazu könntest du einmal Grooovegirl befragen, denn damit wird sie mehr Erfahrungen haben als ich. :wink:

Liebe Grüße
Sorae

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Mal abgesehen von den Punkten, die Sorae schon aufgezählt hat, die ja vom Fach ist, kommt natürlich auch auf die medizinische Indikation an. Ich meine, wenn eine schnellstmögliche Behandlung von Nöten ist und jede Minute zählt, kommst du natürlich ins nächstgelegene Krankenhaus, selbst wenn das andere Krankenhaus nur 10 km weiter weg ist. Aber in so einem Fall würdest du dich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit eh gar nicht dazu äußern können, da du dann ja in einem kritischen Zustand wärst.

Bei meinem Sohn, der im Dezember seinen ersten Pseudokrupp-Anfall hatte, war es so, dass der Rettungssanitäter mich fragte, in welches Krankenhaus ich wolle. Man muss dazu sagen, dass die Krankenhäuser gerade mal 7 Minuten voneinander entfernt sind, so dass es von der Wegstrecke her in etwa gleich ist.

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» netti78 » Beiträge: 3238 » Talkpoints: 18,35 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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