Weihnachten früher und heute: Wann war es besser?

Immer wieder träumen vor allem ältere Leute von den berühmten "guten alten Zeiten". Früher war alles anders, aber war es auch besser? Gegenmeinungen finden, dass heute dafür alles fortschrittlicher und somit besser ist. Aber was stimmt nun? Vor allem in Bezug auf Weihnachten.

Wie war Weihnachten früher, im Vergleich zu heute? Was hat sich geändert? Was hat sich zum Positiven, was zum Negativen verändert? Hättet ihr lieber ein Weihnachten wie früher, oder ein Weihnachten wie heute? Auf welche Zeit bezieht ihr euch, wenn ihr "von früher" redet? Vor 10 Jahren, vor 50 Jahren, vor 100 Jahren oder noch früher? Ist es heutzutage noch möglich, ein Weihnachten wie früher zu feiern? Wer würde es machen? Woran könnte es scheitern?

"Früher" ist mir prinzipiell ein zu schwammiger Begriff. Woher soll ich wissen, ob mir Weihnachten, wie es vor 100 Jahren gefeiert wurde, besser gefallen hätte? Es kommt ja schließlich auch darauf an, ob man als höhere Tochter in einem großbürgerlichen Haushalt Weihnachten feiert oder dort als Dienstmädchen auch an Feiertagen schuften muss. Und auf dem Lande hat sich die Romantik sicher auch in Grenzen gehalten, wenn das Vieh versorgt werden musste und kaum Geld für Geschenke da war. Auch während und nach den diversen Kriegen war es bestimmt kein Spaß, Weihnachten zu feiern, wenn die halbe Familie entweder schon gefallen war oder irgendwo im Schlamm festsaß.

Als Kind fand ich Weihnachten natürlich erheblich toller als heute, weil ich mich auf die Geschenke gefreut habe und keinen Stress mit den Vorbereitungen hatte. Heute kann ich mir meine Geschenke selber kaufen, Plätzchen gibt es nur dann, wenn ich mich ans Backen mache und die Deko hängt auch ganz allein von mir ab. Von daher kann ich schon sagen, dass Weihnachten "früher", als ich noch in der Grundschule war, mehr Spaß gemacht hat. Davon abgesehen bin ich nach wie vor der Meinung, dass es in der Natur des Menschen liegt, sich mit Nostalgie an die positiven Aspekte der Vergangenheit zu erinnern, weswegen selbst Weihnachten 1944 in einem Flüchtlingstrek romantisch verklärt werden kann.

Ich denke, dass man als Kind Weihnachten immer anders wahrnimmt als ein Erwachsener und deswegen alles auch viel schöner ist. Man hat ja keinen Stress als Kind, muss nichts besorgen, nicht kochen und so weiter. Was macht man denn schon groß zu Weihnachten? Genießen, dass alle da sind und neue Spielsachen genießen, besser geht es doch nicht.

Durch die ganze Technik ist es nicht schlechter geworden, wie ich finde. Allein schon die Lichter am Baum sind sehr viel sicherer geworden und am Fest selber kann man doch auch nur selber bestimmen wie viel Stress man zulässt und was man daraus macht. Ob es nun also wirklich schlechter ist bestimmt man letztendlich doch selber.

Warum sollte man heute nicht "Weihnachten wie früher" spielen können wenn man das will? Es gibt Menschen, die ein ganzes Wochenende Mittelalter oder Römisches Heerlager oder was auch immer spielen, da ist der Aufwand für einen einzigen Abend im Retro-Stil im Vergleich doch relativ gering.

Ich habe vor ein paar Jahren mal eine Webseite gefunden, auf der es um alte Rezepte ging. Die Betreiber haben alles nachgekocht und den Prozess dokumentiert und es gab auch eine Kategorie für Festessen. Ich muss sagen, dass da teilweise schon sehr merkwürdiges Zeug dabei war.

Mein "Weihnachten wie früher" würde wahrscheinlich nicht daran scheitern, dass ich ständig leicht nervös die echten Kerzen am Baum betrachten würde sondern daran, dass sich niemand an mit Gelatine überzogenes Gemüse und Fleisch in Sternform traut oder Ragout in matschigen Blätterteigrollen essen möchte.

Das "früher war alles besser" Gejammere, das genauso regelmäßig kommt wie der Weihnachtsmann, kann ich übrigens gar nicht nachvollziehen. Es wird niemand gezwungen sich selber Stress und Erwartungsdruck auszusetzen. Man muss das Spiel nicht mitspielen und jedes Jahr mit noch größeren und noch teureren Geschenken ankommen. Man kann auch heute noch völlig entspannt feiern.

Ich habe in der Jugend sicherlich noch gesagt "Weihnachten war früher besser". Doch es war es eigentlich nicht. Da sassen zwar ein bis vier Personen mehr am Tisch, die heute nicht mehr leben. Die waren auch tolle Menschen und vermisst man natürlich. Doch am allgemeinen Weihnachtsfest hat dies nichts geändert. Gut gegessen und beschenkt wurde immer, daran hat es eigentlich nie gehapert.

Doch umso älter ich wurde, umso ekelhafter wurde meine Familie für mich. Weihnachten sitzt man am Tisch mit Menschen aus der Familie, die sich das ganze Jahr gegenüber nicht sprechen und sehen. Hintenherum wird über jeden abgelästert und das habe ich umso älter ich wurde auch verstanden. Somit habe ich im laufe des Lebens dann schnell erkannt, dass Weihnachten bei uns jedenfalls das Fest der Heuchler, Verlogenen und Hinterlistigen ist. Daher habe ich ab meinem 16. Lebensjahr das Weihnachtsfest mit nahezu jedem gebrochen und bin nur noch zur Oma und zur Mama.

Auch heute seit mehr als 18 Jahren sieht mich niemand zu Weihnachten. Einzig SMS und Anrufen erfolgt mit meiner Mama und kurze Stunden bis Minuten sehen. Dann rufe ich meine Oma an, die aber nach dem Tod des Opas also ihres Ehemanns auch kein Bock mehr hat auf Weihnachten. Ansonsten sehen mich weder Tante, Onkel, Schwester oder sonst wer. Niemand. Ich melde mich auch nicht und lege darauf wirklich null wert. Ich vermisse niemanden, vermisse das Fest nicht und auch die Leute nicht.

Für mich ist das heutige Weihnachten mit Ruhe und keine Aufregung daher sogar besser, wenn ich das durchtriebene Pack nicht mehr sehen muss. Das klingt krass und heftig, aber ich gebe mich damit nicht ab, um mir meine wertvolle Energie und Zeit zu klauen. Ich werde nicht jünger und um mir unsere Scheiße anzutun, bin ich dann leider meist zu nüchtern. Also verzichte ich direkt auf Weihnachten mit all jenen.