Nichterreichbarkeit auf Arbeit in eigener Verantwortung?

vom 18.02.2017, 08:37 Uhr

Ich habe gelesen, dass der Konzern Volkswagen das Recht auf Nichterreichbarkeit im Beruf sehr genau nimmt und aus diesem Grund eine E-Mail-Sperre für seine Mitarbeiter eingerichtet haben soll. Soll heißen, dass man Abends und an den Wochenenden weder Emails empfangen noch versenden kann. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die Mitarbeiter sich in ihrer Freizeit auch erholen können, da permanente Erreichbarkeit sich ja auch negativ auf die Gesundheit und Psyche auswirken kann und als sehr belastend von den Betroffenen empfunden wird.

Andere Konzerne wie Siemens oder Eon setzen aber darauf, dass die Mitarbeiter eigenverantwortlich handeln und machen da keine Vorschriften oder Sperren oder dergleichen. Bei uns ist es auch so, dass es keine Sperren gibt und jeder eben selbst schaut, wann er Emails beantwortet oder nicht. Aber am Wochenende ist bei uns eh nichts mehr los, da werden keine Emails verschickt, sodass ich da keine Bedenken habe, nicht abschalten zu können.

Wie seht ihr das? Sollte die Nichterreichbarkeit in der Freizeit zu Erholungszwecken eigenverantwortlich von den Mitarbeitern gelöst werden oder sollte sich der Arbeitgeber da einmischen und Grenzen (bzw. Sperren) und Regeln aufstellen? Welche Variante haltet ihr für besser und warum?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Bei meinem Partner gibt es auch keine Sperre, was Anrufe und Mails angeht. Da würde er wohl nie seine Ruhe bekommen, wenn er das Firmenhandy nicht am Wochenende oder im Urlaub ausschalten und weglegen würde. Wir haben es durchaus auch schon öfter erlebt, dass er in seinem Urlaub noch kontaktiert wurde, weil er irgendwas gerade mal gucken oder machen sollte.

Ich finde es schon wichtig, dass man sich am Wochenende oder auch im Urlaub erholen kann und eben mal vom stressigen Beruf nichts hört. Bei meinem Partner ist es schon oft sehr stressig und ich finde es dann schon wirklich dreist, wenn er auch noch an den Wochenende auf Mails und Anrufe reagieren soll. Ich finde, dass so eine Sperre ja eigentlich zeigt, dass sich der Arbeitgeber auch Gedanken um die Ruhe und den Stressabbau der Mitarbeiter macht. Natürlich darf man auch nicht vergessen, dass es auch Firmen gibt, die eben auch an Wochenenden und Feiertagen erreichbar sein müssen und bei denen dann so eine Kontaktsperre eher nicht machbar ist.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich finde eine generelle Sperre gut, weil man so wirklich die Freizeit genießen kann. Sonst kann es ja durchaus sein, dass man sich dazu genötigt sieht doch mal nachzusehen und dann noch Mails beantworten zu müssen, weil sie ja vorhanden sind. In der Freizeit sollte man sich aber erholen und manchmal ziehen Antworten ja auch weitere Mails nach sich, was schlichtweg nicht sein muss, wenn man sich auch erholen könnte.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich finde es wichtig, dass man während seiner Freizeit auch mal abschalten kann und eben nicht das Gefühl hat, noch erreichbar sein zu müssen und auch noch auf E-Mails antwortet und dergleichen. Sicher ist es in Ordnung, wenn das in Eigenverantwortung funktioniert und dann kann das auch so bleiben. Aber eine Sperre des Arbeitgebers ist auch nicht so schlecht, weil es so eben sicher ist, dass es auch funktioniert.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Täubchen hat geschrieben:Wie seht ihr das? Sollte die Nichterreichbarkeit in der Freizeit zu Erholungszwecken eigenverantwortlich von den Mitarbeitern gelöst werden oder sollte sich der Arbeitgeber da einmischen und Grenzen (bzw. Sperren) und Regeln aufstellen? Welche Variante haltet ihr für besser und warum?

Ich denke beide Regelungen haben Vor- und auch Nachteile, wobei die Vorteile bei der Eigenverantwortlichkeit eher bei den Firmen liegt und vielleicht bei einigen wenigen Mitarbeitern die nie genug arbeiten können und das quasi brauchen und bei der Abschaltung sehe ich die Vorteile eher bei den Mitarbeitern, weil dort dann alle gleich behandelt werden, egal was ein möglicher Vorgesetzter sagt und man so wirklich ein Recht auf Erholung einführen kann. Zumal man gerade bei letzterem auch dazu gezwungen wird, mal abzuschalten und sich mit anderen Dingen zu beschäftigen.

Ich kenne leider sehr gut die Variante mit dem eigenverantwortlichen Arbeiten mit Firmenhandy und Erreichbarkeit am Wochenende oder auch im Urlaub. Die Problematik daran ist eigentlich immer die, das man anfangs vielleicht mal ausnahmsweise eine Mail beantwortet und das dann langsam aber sicher zu einem schleichenden Prozess wird, wo andere schon fast automatisch davon ausgehen, das man ja eh antwortet. Das dann wieder umzukehren ist deutlich schwieriger, als von Anfang an klare Grenzen zu ziehen.

Mein Firmenhandy war eigentlich nur dazu gedacht, das ich in Notfällen erreichbar bin und dann auch mal etwas beantworten kann, da ich viele Themen in der Abteilung alleine bearbeitet habe. Mich sollte auch nur meine Abteilung kontaktieren und meine Handynummer nicht in der Firma veröffentlicht werden. Ich habe von Anfang an einen ziemlichen Schnitt gezogen und das Handy gerade am Wochenende gar nicht beachtet und wenn ich frei hatte, hab ich vielleicht mal einmal am Tag oder auch nur alle 2-3 Tage mal drauf geschaut. Eigentlich immer dann, wenn ich ein eher ungutes Gefühl hatte und dann stimmte das auch und es gab wirklich was Wichtiges.

Das funktionierte knapp zwei Jahre ziemlich gut und dann fing es an, das ich wegen angerufen wurde, die locker auch noch wenige Tage hätten warten können oder wo man die nötige Information auch an 3 anderen Stellen hätte finden können. Das war so ein richtig schöner schleichender Prozess, den kann man dann irgendwann nicht mehr stoppen. Egal ob man das will oder nicht. Gegipfelt ist es dann darin, dass man sich darüber beschwert hat, dass ich im Urlaub nicht erreichbar war, obwohl ich das angekündigt hatte, das ich dort einfach keinen Empfang haben werde, wenn dann nur über Satellitentelefon. Ab dem Moment wusste ich schlichtweg, das ich meine Grenze wieder wesentlich enger setzten werde, ich mir aber den Unmut meiner Chefin aufhalse, weil sie gefühlt Tag und Nacht am Handy klebt und das das alles andere als förderlich für mich ist, wenn es z.B. um Gehaltserhöhungen, Bonus oder auch Beförderungen geht.

Genau das ist aber der springende Punkt, wenn man seine Grenzen dann bei der Verwendung recht eng steckt, so wie es einem selber noch gut damit geht, dann wird man eben bei einem weiteren Schritten in der Firma übergangen oder schlechter gestellt, als andere Kollegen, die auch am Handy kleben. Somit ist das Handy oder die Erreichbarkeit ein gutes Druckmittel, was Vorgesetzte gerne einsetzen, um noch mehr von ihren Mitarbeitern abzufordern. Für mich hat das von moderner Sklaverei, denn selber da raus ohne die Firma zu verlassen ist im Prinzip nicht möglich. Und genau das finde ich richtig schlimm, niemandem sollte daraus ein Nachteil entstehen, wenn er als normaler Angestellter auch mal nicht erreichbar ist und seinen Urlaub oder seine Freizeit genießt.

Deshalb befürworte ich mittlerweile die Variante das Firmen am Wochenende oder Abends, die E-Mail-Server limitieren oder gar komplett ausschalten, denn damit wird jedem Mitarbeiter die Möglichkeit gegeben sich auch mal zu erholen und dann mit neuer Kraft wieder an die Arbeit zu gehen.

Es gibt mittlerweile auch Firmen, die da sogar noch einen Schritt weitergehen und während man z.B. im Urlaub ist und einen Abwesenheitsassistenten eingestellt haben, entweder alle E-Mails an die Kollegen weiterleiten oder sie einfach so löschen. So kommt dann der Mitarbeiter aus dem Urlaub und hat keine E-Mail Flut in seinem Postfach. Man setzt dann darauf, das derjenige der die Mail versendet hat diese noch mal verschickt, wenn der jeweilige Mitarbeiter wieder da ist und wenn er das nicht macht, die Frage bereits geklärt ist. Damit soll dem Mitarbeiter auch die Möglichkeit gegeben werden, nach dem Urlaub wieder entspannt an die Arbeit zurück zukehren.

» StarChild » Beiträge: 1405 » Talkpoints: 36,05 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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