Lockerung der Hartz 4 Sanktionen richtig oder fatal?
Andrea Nahles will die Sanktionen für Hartz 4 Drückeberger lockern. Das habe ich heute hier im Internet gelesen.
Ich stehe dem Ganzen ein wenig skeptisch gegenüber. Denn ich weiß nicht, ob das richtig ist. Denn es ist ja so, dass viele dann gar nicht mehr beim Amt vorsprechen und auch nicht viel dafür machen, damit sie nicht mehr Hartz 4 empfangen müssen. Andererseits finde ich es schon krass, dass man das wenige Geld, was man bekommt dann auch noch gekürzt bekommt.
Ich finde, dass es so sein sollte, dass man wirklichen Drückeberger immer noch eine Sanktion auferlegt. Denn ich befürchte, dass es so noch mehr wirklich Langzeitarbeitslose gibt, die nur Geld vom Amt kassieren und nicht mehr zum Amt gehen, weil es ja auch ohne diese Termineinhaltung geht und sie nichts befürchten müssen. Was haltet ihr davon?
Es ist ja nicht so, dass es gar keine Sanktionen mehr geben soll. Nur sollen diese für junge Menschen und "normale Hartzis" gleich ausfallen und pauschal berechnet werden. Und das finde ich gar nicht schlecht, denn ich lebe mitten im Ruhrgebiet in einer der ärmsten Städte. Sicherlich gibt es hier Empfänger von ALG II, die sich in der sozialen Hängematte ausruhen. Aber es gibt auch ganz viele Menschen, die finden einfach keinen Job oder sind trotz Vollzeitjob Aufstocker.
Eine Bekannte ist Lehrerin. In ihrer Klasse haben alle Eltern einen Job, mindestens ein Elternteil geht dabei Vollzeit arbeiten. Und alle bis auf einen Schüler stocken mit ALG II auf, weil der Lohn der Eltern nicht für die Familie ausreicht. Das muss nicht immer an mangelnder Bildung liegen, das betrifft auch gut ausgebildete Arbeitnehmer mit Erfahrung. Hier gilt bereits ein 450-Euro-Job als erster Arbeitsmarkt, obwohl damit jeder Betroffene Aufstocker bleibt.
Für viele Menschen gibt es hier keine Perspektive, teilweise beziehen Familien bereits in der dritten Generation staatliche Hilfe. Und die sind beileibe nicht alle Faul und dumm. Die empfinden so manchen Termin als reine Schikane, weil er ihnen eben nicht hilft. Sanktionen schaffen keine Arbeitsplätze und keine Perspektiven, aber sie kosten eine Menge Geld. Daher sind die Änderungen gar nicht so schlecht gedacht.
Ich stehe dieser Thematik auch sehr gespalten gegenüber. Zum einen finde ich es nicht richtig wenn man die Druckmittel zur Arbeitsaufnahme entschärft, zum anderen irritiert mich ein wenig die Ohnmächtigkeit des Staates, die Hartz 4 Gesetze auch konsequent umzusetzen. Denn wenn ich mir mal die offizielle Begründung der Lockerung der Hartz 4 Sanktionen verinnerliche, "Man werde der Klagewelle nicht mehr Herr", dann stimmt mich das ganze schon etwas bedenklich.
Die Klagewelle liegt ja nicht an der inkonsequenten Umsetzung, sondern an den schwammigen und Vorgaben und den teils "lustigen" Ideen des Jobcenters. Ich arbeite ehrenamtlich in einer Beratungsstelle und da kommen "interessante" Bescheide zusammen. Leistungen werden gekürzt, weil Termine nicht wahrgenommen wurden. Ok, verständlich. Nur was ist, wenn die Post nicht angekommen ist oder ein Termin so kurzfristig vergeben wurde, dass die Einladung erst nach dem Termin ins Haus kommt?
Die meisten Argen setzen die Sanktionen dann mal eben so um, obwohl sie wissen, dass sie vor dem Sozialgericht verlieren. Dem Betroffenen bleibt nur der Klageweg. Oder Fahrtkosten werden nicht übernommen, weil sie angeblich zu gering sind. Auch da bleibt nur der Widerspruch. Sehr kreativ ist in der Regel auch die Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit, da bliebe mancher besser wirklich daheim, weil nötige Ausgaben einfach nicht anerkannt werden.
Ein Besuch ohne Termin in meinen Jobcenter ist einfach nur entwürdigend. Wobei das nicht am Personal liegt, die Mitarbeiter sind einfach mit dem Ansturm überfordert, Sommerschlussverkauf ist ein Kindergarten dagegen. Und die Mitarbeiter im Center, die selbst um ihren Job bangen müssen, weil die Verträge befristet sind, die werden von Jobcenter zu Jobcenter gereicht, damit der Vertrag nicht entfristet werden muss. Die landen in immer neuen Abteilungen und können den Wust der Regelungen kaum überblicken. Das ganze Gesetz ist ein Trauerspiel. Diesen Vorschriftswust kann keiner ordentlich bearbeiten.
Ich bin da absolut zwiegespalten und weiß gar nicht wie ich es finden soll. Auf der einen Seite lädt es natürlich dazu ein sich nicht mehr zu bemühen und wenn man nicht motiviert ist wird man vielleicht auch irgendwann nicht mehr arbeiten wollen. Auf der anderen Seite muss man eben auch Bewerbungen schreiben und immer alles nachweisen. Bei den Bewerbungen ist es eben auch oftmals so, dass man sich für jeden Mist und wahrscheinlich auch bundesweit bewerben muss und das finde ich dann schon schlimm, wenn man mal bedenkt, was man dafür bekommt. Man sollte aber auch ein bisschen etwas verlangen können.
Grundsätzlich bin ich ebenfalls der Meinung, dass man da nicht komplett auf die eine oder andere Seite sich durchschlagen kann, sondern eben genau abwägen muss, wer das staatliche System ausnutzt und wer wirklich in Not geraten ist und einen schwierigen Fall hatte. Auch ich sehe das Problem in der Überprüfbarkeit dessen.
Wenn jemand tatsächlich sich nicht bemüht, Bewerbungen zu schreiben, auch Termine unentschuldigt nicht wahrnimmt bzw. auch mehrfach ohne sehr vernünftigen Grund absagt, der hat es wirklich nicht verdient, Geld von staatlicher Seite zu erhalten. Wenn jemand regelmäßig seine Bewerbungen schreibt und auch zu den Terminen kommt und auf jeden Fall sich bemüht, finde ich es schon gerechtfertigt, dem Menschen eine gewisse Grundsicherung zu geben. Alles dazwischen ist nicht so einfach.
Die CDU soll von Frau Nahles' Vorschlägen ja gar nicht so begeistert sind, von daher ist hier noch lange nichts beschlossen. Ich verstehe die Aufregung aber eigentlich nicht, denn es ist ja nicht die Rede davon, die Sanktionen abzuschaffen (obwohl sie ja sogar verfassungswidrig sein sollen). Das ganze soll lediglich vereinfacht werden, indem man statt um einen Prozentsatz einfachen um einen bestimmten Betrag, zum Beispiel 100€, kürzt. Lockerer wird das Leben für die Leistungsbezieher deshalb aber auch nicht gleich.
Nur auf die unter 25-jährigen wird der Druck etwas reduziert, aber das finde ich richtig, denn diese Grenze ist in meinen Augen vollkommen willkürlich. Wo ist denn der Unterschied zwischen einem 24- und einem 25-jährigen Hartz-IV-Empfänger? Ich habe auch gelesen, dass die Kosten für Unterkunft und Heizung zukünftig nicht mehr in Sanktionen inbegriffen sein sollen und das finde ich auch richtig. Egal aus welchen Gründen man seinen Pflichten nachkommt, es soll einfach nicht sein, dass man deswegen am Ende noch aus seiner Wohnung fliegt.
Warum manche Hatz-IV-Empfänger ihren Pflichten nicht nachkommen, ist sowieso ein ganz anderes Thema. Viele haben das Gefühl, dass ihnen sowieso nicht geholfen wird und es soll ja auch Sachbearbeiter geben, die ihre Kunden regelrecht fertig machen, sodass sie mehr oder weniger schon Angst haben, beim Jobcenter zu erscheinen. Man sollte also auch am System an sich arbeiten und sich überlegen, wie man es schafft, dass Leistungsbezieher auch Vertrauen in ihr Jobcenter haben können und dann auch motivierter an die Arbeitssuche gehen.
Wenn man sieht, wofür solche Sanktionen oftmals vergeben werden, während bei der Bundeswehr ungestraft Milliardenprojekte in den Sand gesetzt werden, dann kann man sich nur an Kopf fassen. Wo bleibt der Aufschrei wegen der über 100 Milliarden Euro vom Steuerzahler für die HRE?
Wenn man dann noch aktuelle Meldungen von der OECD liest, wonach die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft, dann muss man sich schon fragen, welchen Sinn und Zweck solche Maßnahmen heute noch haben. Wer keine Sanktionen in solchen Fällen wie dem Berliner Flughafen vergibt, sollte auch mit Ärmeren etwas mehr Nachsicht haben.
Ich finde es richtig, dass nicht mehr so schnell Sanktionen verhängt werden sollen. Es geht hier immerhin um das Existenzminimum und das sollte nicht unterschritten werden dürfen. Und schon gar nicht bei Familien mit Kindern, denn die sind dann mit die Leidtragenden.
Sicherlich muss es Sanktionsmaßnahmen geben, sonst würden bestimmte Personengruppen gar nicht mehr zu Terminen erscheinen oder sich um einen Job bemühen. Aber es muss andere Möglichkeiten geben, als die Existenz der Personen zu gefährden.
Es ist erlaubt, die kompletten Leistungen zu streichen, was meiner Meinung nach die Kriminalität fördert. Denn wie soll die Person überleben, wenn sie kein Geld bekommt und nicht zufällig Verwandte hat, die kurzfristig einspringen können. Da bleiben nicht mehr viele Möglichkeiten
Auch hier kann man mal im aktuellen Kontext darüber nachdenken, wie sinnvoll solche Sanktionen sind, während ein Herr Amri mit seinen 14 Scheinidentitäten mit dem LKW durch den Berliner Weihnachtsmarkt kurvt. Es ist reiner Schwachsinn, dass deutsche Hartz-IV-Bezieher ohne Pass kein Geld bekommen, während einfach irgendwelche Asylanten aus Gebieten unter Terrorherrschaft hierher reisen können und das Geld auch so bekommen. Hier denkt nun keiner ernsthaft über Missbrauch nach, was nach den ganzen Debatten zum Bildungspaket wohl nur noch als Witz zu bezeichnen ist.
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