Sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen?

vom 15.10.2015, 17:54 Uhr

Ich kenne einige Leute, die sich durch nahezu gar nichts aus der Ruhe bringen lassen. Das finde ich meistens sehr bewundernswert, da die Leute meistens auch dann völlig gelassen reagieren, wenn etwas schief geht oder wenn ihnen etwas Schlimmes zustößt. Sie nehmen es dann einfach als Schicksal hin und denken sich oft, dass es noch immer Menschen gibt, denen es schlechter geht, als ihnen.

Ich muss gestehen, dass ich da leider das genaue Gegenteil bin, da ich mich ziemlich leicht aus der Ruhe bringen lasse und mir allgemein immer viel zu viel Gedanken über alles mache. Kennt ihr Menschen, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen und seid ihr vielleicht sogar selbst so jemand? Kann man sich das antrainieren, so gelassen zu sein?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Mein Freund ist so ein Mensch, der sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt und ja, ich finde schon, dass man sich das irgendwo auch "antrainieren" oder zumindest angewöhnen kann, genauso zu reagieren.

Ich war früher das komplette Gegenteil von ihm. Ich habe mich immer sehr schnell aufgeregt und bin praktisch auf die Palme geklettert, wenn ich irgendwo irgendetwas gesehen habe, was ich nicht in Ordnung fand. Das fing beispielsweise schon damit an, dass ich gerne einen (innerlichen) Aufstand gemacht habe, wenn ich die unkorrekte Summe Wechselgeld erhalten habe oder wenn ich unterwegs etwas zu Essen kaufen wollte und es aber nichts Essbares zu kaufen gab.

Ich hatte gerade am Anfang unserer Beziehung sehr oft mit meinem Freund Diskussionen darüber. Er hat nämlich nicht verstanden, warum ich mich darüber aufgeregt habe, wenn die Kassiererin Fenchel statt Kohlrabi berechnet hat, obwohl wir Kohlrabi gekauft haben und Fenchel deutlich teurer war und uns somit unfairerweise zu viel und das falsche berechnet wurde.

Mittlerweile, also nach 3,5 Jahren Beziehung merke ich jedoch, dass seine unendliche Ruhe und Gelassenheit auf mich abfärbt und ich das Verhalten einfach kopiert habe. Einerseits liegt das an seiner Ausstrahlung, die sich auf mich überträgt, andererseits an seinen Argumenten in unseren Diskussionen. Ich meine, er hat ja Recht. Es bringt ja nichts, sich unnötig über Sachen aufzuregen. Das treibt nur den Blutdruck auf Dauer in die Höhe und ist nicht gut für die Gesundheit.

Es klappt bei mir wirklich immer besser und ich flippe deutlich weniger aus im Vergleich zu früher. Also wenn man will, kann man das durchaus auch so übernehmen wie ich finde. Das hängt aber auch vom Umfeld ab. Man wird kaum ruhig bleiben können, wenn alle um einen herum auf die Barrikaden gehen.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich bin auch so ein nervöses Hemd und kann oftmals gar nicht ruhig bleiben. Allerdings ist mein Vater ein sehr ruhiger Mensch, ihm habe ich noch nie angemerkt, dass er vor etwas nervös war. Mein Partner ist da ebenfalls so. Bei ihm hat es mich auch schon wirklich auf die Palme gebracht, wenn ich schnell los wollte und er dann in aller Ruhe noch dies und jenes erledigt hat.

Generell finde ich es aber auch bewundernswert, wenn sich jemand so gar nicht aus der Ruhe bringen lässt. Allerdings denke ich, dass es auch oft nach Außen hin nur so eine Wirkung hat. Meiner Oma merkt man auch eigentlich keine Aufregung an, aber sie sagte dann schon mal, dass sie doch sehr nervös sei. Oftmals haben sich diese Personen einfach sehr gut unter Kontrolle.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich würde behaupten, dass ich nur schwer aus der Ruhe zu bringen bin. Ich bin generell ein phlegmatischer Mensch, der oft gar nicht schnell genug reagiert, um in Panik zu geraten. Auch habe ich nicht sonderlich viel Energie übrig, die ich mir sorgfältig einteilen muss. Deswegen kann ich es mir nicht leisten, bei Krisen und Katastrophen erst einmal hysterisch zu werden, sondern ich überspringe den Teil und mache mich sofort daran, die Situation zu managen und irgendwie eine Lösung zu finden. Emotional auseinander falle ich nur selten. Schließlich hat da auch niemand was davon.

Meine Lebenserfahrung hilft mir auch dabei, die Ruhe zu bewahren. Wenn man beispielsweise schon soundso viele Prüfungen be- und überstanden hat, ist es irgendwann schwierig, sich in eine solche Situation hinein zu steigern. Schließlich ist die Welt bisher noch nicht untergegangen, und selbst wenn man mit Glanz und Gloria bestanden hat, geht das Leben genauso unspektakulär weiter. Triumph und Tragik gleichen sich oft gegenseitig aus.

» Gerbera » Beiträge: 11315 » Talkpoints: 48,61 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Nur weil es den Anschein hat, dass sich jemand nicht aus der Ruhe bringen lässt, muss es noch lange nicht sein. Pokerface setzen dazu auch einige auf, strahlen das nach außen hin aus und im inneren kocht es und sie zermahlen sich dennoch ihr Hirn wie es weiter geht mit einer Lösung. Dann ist es mehr Schein wie sein.

Ich selbst kann das sehr gut, nach außen hin komplett gelassen wirken und das auch Ausstrahlen aber im inneren den Menschen gerade gedanklich zerfetzen und kochen vor Wut. Das ist eine Form der Selbstbeherrschung und Selbstkontrolle, die ich mir im Rettungsdienst angeeignet habe wenn nachts um 3 Uhr der nächste ankommt mit Ohrenschmerzen seit einer Woche und man es nicht zum Arzt schafft. Freundlich, gelassen und bestimmend sein, ansonsten hat man diese Penner jeden Abend wieder an der Leitung und steht auf der Matte. Gerade wenn man ausrastet, dann machen sich nicht wenige einen Spaß daraus und rufen wieder wegen solch einem Mist an.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich glaube, dass viele Menschen so etwas nach außen hin ausstrahlen, es aber innerlich brodelt und sie am liebsten ausrasten würden. Man kann aber auch nicht immer aus der Haut fahren und wütend sein und deswegen muss man sich manchmal einfach beherrschen. Ich denke, dass man einfach nicht immer alle Gefühle zeigen kann.

Ich versuche eigentlich auch immer ruhig zu bleiben. Letztendlich bringt es nichts, wenn man der Wut freien Lauf lässt. Es ändert die Situation nicht und man selber bewirkt damit auch nichts. Natürlich raste ich auch mal aus, aber letztendlich bringt einen das nie weiter und dient nur einem selber.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich möchte mal behaupten, dass ich grundsätzlich jemand bin, den man nur sehr schwer aus der Ruhe bringen kann, wenngleich es natürlich auch bei mir den ein oder anderen wunden Punkt gibt, der mich binnen Sekunden auf 180 bringt. Und ich kann mir schwerlich vorstellen, dass es Leute gibt, die tatsächlich überhaupt nichts aus der Ruhe bringen kann.

Es wurde ja schon gesagt, dass es auch manchmal nur so wirkt als bleibe man gelassen, dabei ist es eher eine Maske oder ein Pokerface. Das beherrsche ich zum Beispiel gar nicht gut. Wenn ich die Gelassenheit verliere, dann kann ich das auch nicht mehr wirklich verbergen, sondern explodiere regelrecht. Und selbst wenn ich mich dann zusammen reiße, merkt man es mir deutlich an.

In solche Situationen komme ich aber nur sehr selten. Im Tierschutz gibt es die ein oder andere Extremsituation, wo ich wirklich in die Luft gehe. Kinder und Tiere sind mein wunder Punkt, wobei ich auch da nur noch in wirklich sehr schlimmen Situationen die Ruhe verliere, wo wohl die meisten Leute ausflippen würden.

Im Alltag hingegen bin ich tatsächlich für gewöhnlich die Ruhe selbst. Wenn ich mein Denken und Verhalten mit dem vor 10 Jahren vergleiche, hat sich da wirklich Einiges verändert. Früher bin ich regelmäßig wegen Kleinigkeiten ausgeflippt, für die ich heute nur ein müdes Lächeln übrig habe. Beispielsweise, wenn jemand zu spät zu einer Verabredung kam, wenn ich beleidigt wurde, mich ungerecht behandelt fühlte oder irgendetwas nicht so lief, wie ich es mir vorgestellt hatte.

Ich war ständig gestresst, aus Angst etwas falsch zu machen oder zu verpassen. Wenn mal etwas Größeres schiefgegangen ist, würde ich hysterisch und hab es als reines Drama empfunden. Eine verbockte Klausur im Studium und ich habe mich schon als Langzeitarbeitslose gesehen. Ich kam zu einem Termin zu spät, weil der Bus mal wieder nicht pünktlich fuhr und hatte sofort im Kopf, nie eine neue Chance zu bekommen. Ein teurer Gegenstand ist kaputt gegangen und ich habe angefangen zu heulen.

Letzten Endes habe ich nur unter mir selbst gelitten und mit meinen Überreaktionen vieles Schlimmer gemacht als es wirklich war. Dadurch war ich aber gefühlt auch schon ganz unten und habe gemerkt, dass das Leben selbst in vermeintlich schwierigen Situationen weitergeht. Dass es völlig egal ist, wie sehr ich mich aufrege, weil es ohnehin nichts ändert. Mir ging es oft genug beschissen genug, um inzwischen mit einer gewissen Ignoranz durchs Leben zu gehen und auch in vermeintlichen Dramen besonnen agieren oder einfach die Schultern zucken zu können.

So eine Eigenschaft wird im Übrigen nicht immer als bewundernswert empfunden. Gerade im Job habe ich schon so manche Leute kennen gelernt, die es furchtbar aufgeregt hat, dass man mich nicht provozieren oder stressen kann. Dieses Abprallen an gelassenen Leuten kann wohl auch aggressiv machen. Und auch im Privatleben haben sich schon viele Leute darüber geärgert.

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» CCB86 » Beiträge: 2025 » Talkpoints: 2,88 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



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