Bei unsympathischen Menschen alles negativ auslegen?

Mein Freund steht schon seit mehreren Jahren fest im Leben. Er verdient nicht schlecht, hat auch eine Menge finanzielle Rücklagen und mir fehlt es wirklich an nichts bei ihm. Er nimmt auch keine Drogen, raucht nicht, trinkt nicht, geht nicht gern feiern oder so. Er hat auch keine Kinder aus früherer Ehe oder eine Frau, die er mit mir betrogen hätte oder so.

Also könnte man meinen, dass er (theoretisch) der perfekte Schwiegersohn wäre. Denn normalerweise ist es Eltern ja wichtig, dass gerade die Tochter finanziell abgesichert ist und ein gutes Leben bei einem Mann hätte. Versorgen könnte er mich, keine Frage. Dennoch kann meine Mutter ihn nicht leiden und redet ihn nicht nur vor mir schlecht, sondern auch vor jedem anderen der es (nicht) hören will.

Meine Schwester jedoch hat einen Freund, der in dieser Hinsicht anders ist. Er hat zweimal sein Studium abgebrochen, ist arbeitslos und das seit Jahren. Er ist finanziell immer knapp bei Kasse und nagt praktisch am Hungertuch. Er kann einfach nicht mit Geld umgehen und kommt auch nicht auf die Idee, für Notzeiten Rücklagen zu bilden.

So gesehen, eine sehr unsichere Situation, die sich auch auf die Zukunft auswirkt. Er trinkt auch und geht oft feiern. Dennoch wird ständig betont von Seiten meiner Mutter, dass er der "beste Schwiegersohn" sei, den man sich als Frau nur wünschen könne.

Macht ihr das auch so, dass ihr bei unsympathischen Menschen grundsätzlich alles negativ auslegt? Warum kann man das nicht neutral und nüchtern betrachten? Ich bin in dieser Hinsicht differenzierter und wenn ich jemanden mag, dann macht der nicht immer alles richtig und wenn ich jemanden nicht mag, macht der nicht grundsätzlich alles falsch.

Dass jemand keine Drogen nimmt würde ich nicht unbedingt als etwas Besonders Tolles hervorheben, sondern als normal. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit und nichts, was einen Menschen in besonderer Weise auszeichnet. Und wenn jemand nie trinkt? Also gar nichts, nie? Dann kommt das vielleicht bei manchen Gelegenheiten komisch rüber. Zudem sehe ich es nicht unbedingt als erforderlich an, dass ein Mann eine Frau versorgen kann, heutzutage jedenfalls nicht mehr.

Ob man jemanden sympathisch findet oder nicht, definiert sich anders, durch Gesten und Sprache, durch charakterliche Feinheiten und Ähnlichkeiten. Vielleicht wirkt dein Freund auch, gerade weil er viel verdient, auf andere arrogant? Arrogante Menschen kann keiner leiden.

Wenn es nur positive Seiten an einer Person gibt kann man es fast nicht glauben. Das ist leider bei vielen Menschen so die Denkweise und das kann total falsch sein. Wer nämlich positiv aufgestellt ist kann schwerer in negative Einflüsse kommen. Das kann in einer Partnerschaft ein wichtiger Aspekt sein. Den sollte man nun wirklich nicht unterschätzen.

Ich finde das wirklich schlimm von deiner Mutter. Sie kann doch wirklich froh sein, dass er dich glücklich macht. Den Verdienst eines Partners finde ich erst mal egal, aber sie sollte dir dein Glück gönnen. Es ist wirklich schlimm, wenn sich die eigene Mutter so verhält und dann auch noch so aggressiv in den Ansprachen ist auch, wenn er vielleicht anwesend ist.

Ich habe so ein Verhalten durchaus auch schon erlebt, dass man alles negativ auslegt, nur weil einem die Person unsympathisch ist. Meiner Meinung nach muss man so nicht sein. Man kann auch durchaus jeden Menschen und jede Tat einzeln bewerten und sich wenn man ihn wirklich nicht leiden kann neutral verhalten.

Sympathie ist immer im Auge des Betrachters. Ich sehe auch bei solchen Leuten vieles negativer und krasser. Bei mir sympathischen Menschen würde ich solche Urteile deutlich abschwächen und auch anders auslegen. Natürlich ist das unfair, aber es ist schon nicht korrekt, jemanden als sympathisch oder unsympathisch einzustufen.

Bei der Aussage, dass Eltern gerade Töchter gerne mit einem wohlhabenden Typen verbändelt wissen, damit sie "versorgt" sind, kommt mir das Abendessen hoch, aber das nur nebenbei. Bist du und deine Schwester denn ohne Arme auf die Welt gekommen, sodass ihr euren Lebensunterhalt nicht ohne Betreuung und Hilfe verdienen könnt? Viele andere Töchter können das. Außerdem würde ich mir auf einen Typen sowieso nicht viel einbilden, wenn das Beste an ihm die Tatsache ist, dass er keine Drogen nimmt und mich nicht mit jeder erstbesten Schlampe betrügt. Meine Ansprüche sind finanziell anscheinend niedriger, charakterlich wohl erheblich höher.

Aber um auf die Frage zurück zu kommen: Irgendwo habe ich gehört, dass wir alle unser eigenes Verhalten nach unseren Absichten beurteilen, das der anderen nach dem Ergebnis. Das kann man wohl auch darauf erweitern, ob man einen Menschen sympathisch oder unsympathisch findet. Wenn man jemanden leiden kann, sagt man sich eher, dass jeder Mensch Schwächen habe oder dass die Person eben einen schlechten Tag hatte, sich jedoch immer Mühe gibt und es gut meint.

Wenn man sowieso der Meinung ist, dass der Typ oder die Tussi nichts taugen, sieht man natürlich nur das Negative an Charakter oder Verhalten. Das halte ich für relativ normal, und ich kann auch nicht behaupten, dass ich hier objektiver oder rationaler bin. Meinen Freunden lasse ich um Einiges mehr durchgehen als Leuten, von denen ich keine besonders hohe Meinung habe.

Ich sehe es wie Gerbera und warum sollte es wichtig sein, dass ein Mann eine Frau versorgen kann? Aus dem Zeitalter sollten wir schon lange draußen sein und Frau in der Lage sein, dass sie ihren Lebensunterhalt allein bestreitet und sich nicht von einem Mann abhängig machen muss. Wer das macht, der hat eindeutig etwas nicht verstanden und macht sich zu einem geringeren Geschöpf als man wirklich ist.

Aber nur weil jemand auf den ersten Blick perfekt scheinen mag und alles hat was man sich sonst angeblich wünscht, kommt immer noch mehr mit dazu ob man einen Menschen mag oder nicht. Die alles haben und damit auch prahlen und hausieren und so toll sind, diese haben meistens eine widerliche Seite an sich die von der Art her kommt. So kann derjenige richtig glatt sein, das hausieren mit solchen Dingen kann nerven oder auch die einfachen Dinge, dass einem die Nase nicht gefällt. Auch aus Neid kann jemand unsympathisch erscheinen, dass jemand anderes etwas besseres hat als man selbst. Dahin gehen auch das andere Beispiel, hat man selbst mehr als andere wird der andere sympathischer wie man es auf den Partner deiner Schwester übertragen könnte.

Das ist menschlich, dass man nicht jeden mag den andere mögen. Muss man auch nicht und auch nicht als Mutter jeden Partner willkommen heißen und heiß und innig lieben. Oder darf deine Mutter keine eigene Meinung mehr haben? Manche sind wohl der Auffassung, dass man alles lieben und mögen muss was die Tochter anschleppt nur weil man die Mutter ist, dem ist aber nicht so, auch als Mutter hat man dennoch das Recht auf seine eigene Meinung auch über Menschen.

Auch die Auffassung, dass man sich neutral verhalten sollte ist einfach albern und bringt niemand zustande. Wenn jemand jemand anderen nicht mag, dann achtet man mehr darauf und sucht förmlich das negative heraus und übersieht das positive dann auch mal, wenn es denn überhaupt dazu etwas gibt. Denn das ist auch der Fall, dass manche Menschen rein gar nichts positive an sich haben was man so auslegen kann. Neutral heran zu gehen wäre zwar fair, aber ist unrealistisch da jeder eine innere Wertung hat.

Natürlich klingt es im ersten Moment ein wenig befremdlich, wenn in der modernen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts eines Industriestaats noch sehr viel Wert darauf gelegt wird, dass die Frau vom Mann versorgt werden könnte. Schließlich kann eine Frau durch die Emanzipation mittlerweile ihr eigenes Geld verdienen und ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die deutsche Mentalität nicht überall vertreten ist.

Ich meine sogar, ich hätte mal in einem anderen Beitrag von Olly gelesen, dass diese Userin eben Migrationshintergrund hat. Ich weiß jetzt nicht welcher Migrationshintergrund vorhanden ist, aber es gibt durchaus Kulturen und Ethnien, da wird dieser Versorgungsgedanke immer noch groß geschrieben und darauf wird extrem viel Wert gelegt, auch wenn ich das nicht wirklich nachvollziehen kann. Ich finde, das sollte man bei dieser Diskussion berücksichtigen, auch wenn es schwer fällt, weil man eben eine ganz andere Mentalität hat.