Wie sehr in Arbeitszeugnis die Firma thematisieren?
Ich habe in meinem Leben schon einige Arbeitszeugnisse bekommen, wobei es bisher aber immer der Fall war, dass darin inhaltlich ausschließlich auf meine Arbeitsleistung und mein Verhalten eingegangen ist. Es wurde nie ausführlich gesagt, wo ich gearbeitet habe und was da generell gemacht wird. Ich denke, dass sich das bei meinen früheren Arbeitgebern einfach von selbst erklärt hat und dass das deswegen nicht notwendig war.
Bei einer Freundin von mir ist das jedoch so, dass sie vor kurzem ein Arbeitszeugnis erhalten hat und dort wird ihre Arbeitsleistung kaum erwähnt. Stattdessen wird fast ausschließlich darüber berichtet, wie toll der Arbeitgeber doch ist und was für immens wichtige Sachen er doch macht. Als ich das gelesen habe, hatte ich eher das Gefühl, dass sich da jemand nur unnötig wichtig machen will und sonst nichts.
Ein Arbeitszeugnis, das kaum auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers eingeht, sondern nur die Firma lobpreist, ist für mich kein richtiges Arbeitszeugnis. Wie sehr sollte ein Arbeitszeugnis die Firma thematisieren, für die man gearbeitet hat? Wo würdet ihr die Grenze setzen und warum?
Du musst es auch differenzieren zwischen einem einfachen Arbeitszeugnis wie einem qualifizierten Arbeitszeugnis. Bei einem qualifizierten Arbeitszeugnis muss auf den Arbeitnehmer eingegangen werden und bei einem einfachen kann man mehr oder weniger über das Unternehmen schreiben und nur beiläufig erwähnen, dass Arbeitnehmer Z dort von bis gearbeitet hat und muss keine Bewertung über die Leistung haben.
Mein längstes Arbeitszeugnis umfasst hier 7 Din A4 Seiten, auf den ersten drei Seiten wird auch vom Unternehmen berichtet, was diese alles machen, wo diese alles ansässig sind, welche Bereiche sie haben und solche Dinge. Dann folgt der Teil in welchen Bereichen ich alles eingesetzt war und abschließend dann noch die Bewertung von meiner Seite aus selbst. Das ganze ist auch ein halber Roman, da die meisten anderen Arbeitszeugnisse mit einer Din A4 Seite oder auch zwei auskommen. Das ganze war aber ein großer Arbeitnehmer mit mehreren Feldern und ich war in mehreren Bereichen eingesetzt.
Aber wie so oft hat man auch die Möglichkeit sich sein Arbeitszeugnis selbst zu schreiben und diesen nur unterschreiben zu lassen, wenn der Arbeitgeber damit einverstanden ist. Zudem man auch dagegen vorgehen kann wenn man sich ungerecht behandelt fühlt oder das Arbeitszeugnis nicht als dieses sieht. Ist deine Freundin damit unzufrieden, dann würde ich das ganze einfach einmal einem Fachanwalt für Arbeitsrecht vorlegen und diesen prüfen lassen, ob das ausreichend ist oder man dagegen vorgehen sollte um ein besseres zu erhalten.
Denn wenn nur wenig über den Arbeitnehmer gesagt wird und vieles über das Unternehmen, dann ist das auch nicht sonderlich positiv zu werten und man benutzt die Informationen vom Unternehmen als Lückenfüller, da der Arbeitnehmer entweder nur negativ aufgefallen ist oder gar nicht in Erscheinung getreten ist und es über ihn/sie nichts zu sagen gibt. Sonderlich erfreut wäre ich darüber jedenfalls nicht und auch die restliche Formulierung müsste man sich anschauen wie diese zu verstehen ist von der Wertung her.
Bei uns in Österreich ist es so, dass auch nicht viel über die Arbeit gesagt werden soll. Wenn es dort heißt, dass sie sich immer bemüht hat, bedeutet das in Wahrheit, dass sie es vielleicht echt versucht hat, aber für die Arbeit zu doof war. Wenn es heißt, dass sie sehr gesellig war, bedeutet dies wiederum, dass sie sich eher mit Klatsch und Tratsch beschäftigt hatte, als sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Ich habe mir da eine Seite mit solchen Codes angesehen und es ist besser, einfach nicht zu viel zu seiner Arbeit im Zeugnis stehen zu haben.
@celles: Was die Formulierungen angeht hast du absolut Recht, denn diese Formulierungen werden in Deutschland fast analog verwendet. Aber deine Einschätzung, das aus diesem Grund nicht zu viel über die Arbeit eines Arbeitnehmers genannt werden soll, ist falsch, denn das bedeutet auch in Österreich eine massive Abstufung der Note und bedeuted schlichtweg, es gibt nichts positives über den Arbeitnehmer zu sagen, deshalb schreibt man lieber gar nichts.
In qualifizierten Arbeitszeugnissen ist es durchaus üblich das man in wenigen Sätzen kurz den Tätigkeitsbericht und auch die Position des Unternehmens innerhalb seiner Branche beschreibt. Meistens beläuft sich das auch einen Absatz von 4-10 Zeilen und das sollte auch ausreichend sein. Das was Sorae schreibt mit 3 Seiten ist maßlos übertrieben, denn das Zeugnis soll keine Lobpreisung auf das eigene Unternehmen sein, sondern eben für den Mitarbeiter.
Übrigens kann auch ein außergewöhnlich langes Arbeitszeugnis negativ ausgelegt werden, wenn zum Beispiel die Betriebszugehörigkeit sehr kurz war und dann das Zeugnis aber ungewöhnlich lang ist. So ist es normal das Zeugnisse länger werden, umso länger man in einem Unternehmen war und natürlich auch, wenn man in dieser Zeit in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt war.
Einfache Zeugnisse sind nochmal eine ganz andere Liga, denn diese bescheinigen im Endeffekt nur, von wann bis wann und als was man in einem Unternehmen tätig war ohne die Tätigkeiten auch nur zu bewerten. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich auch nur verpflichtet ein einfaches Zeugnis auszustellen, das qualifizierte Zeugnis sollte vom Arbeitnehmer selber verlangt werden.
Dies kann bei Verlangen auf Ausstellung auch nur dann vom Arbeitgeber abgelehnt werden, wenn die Tätigkeit nur für einen kurzen Zeitraum von Tagen oder wenigen Wochen ausgeübt wurde. Sprich wenn der Zeitraum zu kurz war, um die Tätigkeiten vernünftig zu beurteilen also quasi zu benoten.
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