Nimmt das Desinteresse an Mitmenschen zu?

vom 03.06.2014, 14:17 Uhr

Ich habe gerade einen Thread gelesen, wo die Anproben noch voller Kleidung hingen. Unter anderem schrieb jemand, dass, wenn andere es so machen, sie selbst das auch macht. Ist dass heute unter Jugendlichen wirklich so, dass einer vom anderen schlechte Angewohnheiten übernimmt oder sieht das nur so aus? Für mich ist eine solche Denkweise fremd. Macht sich hier eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber dem Mitmenschen breit? So können keine Probleme gelöst werden.

Diese Verhaltensmuster von Gleichgültigkeit gegen Mitmenschen finde ich erschreckend. Ich denke da auch an einen Thread von gestern, in dem die Freundin ausging und den kranken Partner sich selbst überließ. Haben solche Menschen ihren Verstand eingefroren und sehen nur sich selbst? Handelt es sich hier um einen vorübergehenden Trend oder sieht wirklich nur jeder sich selbst? In diesem Thread geht es auch um Hass, Gleichgültigkeit und Intoleranz.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Weiß nicht, ob man so was als "Desinteresse" bezeichnen kann. Aber schon ältere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Umwelt sehr wohl Einfluss auf das Benehmen und Empfinden der betroffenen Person haben kann. So besagt die "Broken-Windows-Theorie" z.B. das ein zerbrochenes Fenster in einem leerstehenden Haus dazu führen kann, dass auch der restliche Teil des Hauses verwüstet wird. Wenn hingegen in dem leerstehenden Haus der Schein der gepflegten Ordnung gewahrt wird, bleibt das leerstehende Haus unverwüstet.

Ebenso wenn in einem Park allerlei Unrat auf den Grünflächen verteilt liegt, sehen sich Parkbesucher weniger verpflichtet, ihren Müll im Mülleimer zu entsorgen sondern werfen diesen dann auch auf den Boden.

Und so ist es auch mit der Kleidung in der Umkleidekabine. Wäre diese leer bzw. würde da nicht Kleidung liegen, die der Vornutzer hat liegen lassen, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass das eigene Verhalten positiver ausfällt. Wobei mir persönlich dieses Verhalten auch nicht gefällt und ich mich tatsächlich nicht von solchen Dingen beeinflussen lasse. Allerdings zähle ich mich nicht mehr zu den Jugendlichen.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Diese "andere machen das auch" Verhaltensweise habe ich auch schon oft beobachtet und zwar bei allen Altersgruppen. Ein gutes Beispiel dafür ist Müll. Wenn neben einem öffentlichen Mülleimer mal zwei drei Teile liegen machen sich viele nicht mehr die Mühe ihren Müll in den Mülleimer zu werfen sondern schmeißen es direkt daneben. Oder wenn jemand illegal seinen Sperrmüll auf den Gehweg stellt - der Haufen wird mit der Zeit immer größer und jeder, der seinen Müll dazu legt, ist sich sicher bewusst, dass das eigentlich nicht legal ist. Gemacht wird es trotzdem, denn es liegt ja eh schon Müll da.

In den meisten Fällen hat man hier also kein gleichgültiges Verhalten sondern ein Verhalten, das durch das Verhalten der Mitmenschen gerechtfertigt wird. Man schaut also sehr genau darauf, was die Mitmenschen machen oder schon gemacht haben.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich denke, dass Lernen, durch abschauen, spielt hierbei eine große Rolle.

Wenn man auf die Welt kommt, hat man meist, enge Bezugspersonen, von denen Verhalten erlernt wird. Das fängt schon beim Lächeln an. Wenn die Mutter, zum Beispiel, fröhlich ist, überträgt sich dies auf das Kind und es fängt auch an zu lachen. Nachahmung genannt.

Später kommt dann der Einfluss der Umwelt, erschwerend hinzu, dieser kann aber genauso gut auch positiv sein. Hierzu zwei Beispiele.

Das erste Beispiel beinhaltet, dass ein Kind, welches bei seinen Eltern aufwächst, von ihnen mitbekommt, dass sie sich nicht die Mühe machen Müll zu trennen und auch die Wohnung selten geputzt wird. Es ist unordentlich in der Wohnung und das Kind verhält sich dann nicht nur zu Hause so, sondern hat unordentliche Schulmaterialien und achtet auch nicht darauf, wo es seinen Müll hinwirft. Während der Schulzeit lernt es Freunde kennen, die dieses Verhalten unmöglich finden, dass auch sagen und das Kind orientiert sich daran und beginnt seine Verhaltensweise zu überdenken, da es in der Gruppe anerkannt werden möchte. Dementsprechend bemüht es sich nun um Ordnung und Sauberkeit.

Das zweite Beispiel kann folgendermaßen ablaufen. Das Kind wächst in einem wohlbehütetem Elternhaus auf. Die Eltern räumen regelmäßig auf, es liegt kein Dreck herum und sie erklären ihrem Kind, warum der Müll getrennt werden soll und das er in eine dementsprechende Tonne gehört. Dann lernt das Kind Freunde kennen, denen es völlig egal ist, wie ihre Umwelt aussieht. Sie treffen sich regelmäßig im Park und lassen ihren Müll einfach dort liegen. Das Kind hat Angst, seine Meinung darüber zu äußern und eignet sich dieses Verhalten, der Gruppe, an, schmeißt demnach seinen Unrat einfach, auch, dazu.

Demzufolge, ist es immer das unmittelbare Umfeld, welches einen Menschen dazu bringt auf diese, oder jene, Weise zu handeln.

Ich für meinen Teil, schmeiße Müll, auch wenn welcher daneben liegt, in den Behälter und nicht zu dem anderen Schmutz. Siehe da, auch Freunde von mir halten es genauso. Auch haben wir, am Strand, schon Unrat mitgenommen, welcher nicht von uns war, in der Hoffnung, dass die nächsten Gäste ihren Müll nicht liegen lassen, weil es sauber ist und sie sich deshalb vielleicht komisch vorkommen, etwas in den Sand zu werfen, statt in den Müll.

Ich kann nur empfehlen, dass jeder an sich selbst arbeitet und auf sich selbst achtet, damit unsere Umwelt geschont wird und auch die Menschlichkeit dabei nicht zu kurz kommt.

» scorpion24 » Beiträge: 207 » Talkpoints: 4,32 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich glaube nicht, dass es sich hierbei um einen vorübergehenden Trend handelt, aber ich glaube auch nicht, dass "früher alles besser war". Alleine die Anekdoten, die mir mein Vater aus seinen Jugendjahren (in den 1960ern) mit einem versonnenen Lächeln erzählt, lassen mir die Haare zu Berge stehen. Alkohol, Drogen, keine Mülltrennung, keine Kindersitze im Auto, auch mal die eine oder andere herzhafte Schlägerei auf dem Volksfest, mehr als nur latenter Rassismus den "Itakern" und "Polaken" gegenüber - hachja, die gute alte Zeit. :roll:

Ich gehe zwar stark davon aus, dass der soziale Druck bis vor ein paar Jahrzehnten noch stärker war, und die Leute daher zumindest nach Außen hin den Schein der Wohlanständigkeit gewahrt haben. Schließlich kannte gerade auf dem Land noch bis vor kurzem jeder jeden. So wusste zwar auch jeder, dass der Gruberbauer säuft und Frau und Kind verprügelt oder dass der Schmiedhannes Schulden hat, aber solange man sonntags in die Kirche ging, wurde über derlei "Privatangelegenheiten" großzügig hinweggesehen. Aber hatten die Leute im Allgemeinen deswegen einen besseren Charakter? Wohl eher nicht.

Deswegen glaube ich nicht, dass die Menschen an sich heute weniger am Wohlergehen ihrer Umgebung interessiert sind als "früher", wann auch immer das war. Sie machen sich nur weniger Gedanken darüber, was die Nachbarn sagen, und die Nachbarn bekommen naturgemäß weniger mit, da sich nicht mehr das ganze Leben in einem Dorf oder Stadtviertel abspielt.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ich war schon immer die Sorte Mensch, die sich nicht für andere interessiert. Das bedeutet aber nicht, dass ich von der Kindheit über die Jugend bis zum Erwachsenenleben respektlos den Menschen gegenüber bin. Wer mich nach den Weg fragt, bekommt ordentlich eine Antwort. Wenn eine ältere Dame in öffentlichen Verkehrsmitteln einsteigt, stehe ich aus. Ich bin sehr freundlich, wenn es darauf ankommt, aber trotzdem müssen mich meine Mitmenschen nicht direkt interessieren.

Ich habe kein Interesse an zu vielen sozialen Kontakten. Wir haben eine eingeschworene Gruppengemeinde. Diese existiert von Grundschule über weiterführende Schule. Das heißt, dass wir uns hier alle teilweise 10 bis 30 Jahre und länger kennen. Der eine hat mehr im Freundeskreis, der andere weniger usw. Wir legen aber auch nicht viel Wert auf unsere Mitmenschen. Gehen als Gruppe zum Fußball. Wir sind hilfsbereit, wenn jemand Hilfe braucht, haben auch mal Kinder und Jugendliche dabei usw. Das ist alles Okay.

Doch im alltäglichen Leben juckt es mich eben nicht, was Menschen tun und nicht. Solange ich nicht sehen muss, das etwas passiert, dann ist mir das egal. Wo Hilfe beim Einsteigen einer Bahn notwendig ist, wo jemand auf den Boden liegt und Hilfe braucht usw. Da bin ich natürlich da, aber das sollte neben allgemeinen Respekt doch auch normal sein. Gleichwohl es das nicht ist.

Ich lebe eben mein Leben und muss glücklich sein. Mich selber im Spiegel ansehen können und sagen können, okay das bist du. So sieht es für mich aus. Bei mir kommen Freunde, Freund und Katzen an erster Stelle. Ein Teil meiner Familie wie Geschwister und Halbgeschwister auch, selbst wenn da nicht immer das "Bombenverhältnis" herrscht. Der Rest der Familie? Juckt mich ein Dreck. Bei vielen war ich nicht einmal auf der Beerdigung!

Im Alltag sind mir die Menschen eben auch egal. Was interessieren mich andere? Ich agiere nie nach dem Motto, ich interessiere die auch nicht oder das machen die doch auch nicht. Das ist mir egal. Wenn andere von der Brücke springen, mache ich es auch nicht. Jeder muss mit sich im Reinen sein, solange Respektsformen und Hilfe wenn diese Not am Mann für die Allgemeinheit notwendig ist, auch gegeben ist. Dann ist es mir auch egal, ob ich jemand anderen interessiere.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Ich denke man muss es auch unterscheiden. Wenn jemand dauerhaft auf Krank Zuhause macht und der Partner immer nur einfordert, dass man Zuhause bleiben muss und ihn versorgen, dann kann ich es gut verstehen wenn man aus dieser Regel ausbricht und lieber einmal sein eigenes Ding macht. Was hat das direkt mit Desinteresse zu tun? Immerhin sind das zwei Menschen und jeder davon hat seine Bedürfnisse und warum sollte einer immer nur zurück stecken und der andere nur nehmen dürfen?

Kätzchen hat es eigentlich schon treffend beschrieben. Aus Anstand biete ich auch einer älteren Frau und einem älteren Herren einen Sitzplatz im Bus oder in der Bahn an, aber deswegen interessiere ich mich dennoch nicht für ihn. Gleiches auch wenn der Partner immer nur sein Ding macht, dass ganze Jahr über und dann mich beschneiden möchte und verlangt, dass ich mich um ihn kümmern muss wenn er mal krank ist, er aber im Gegenzug das nie bei mir machen würde. Hat nichts mit Desinteresse zu tun, sondern einfach nur mit Konsequenz. Wie es in den Wald hinein schallt, so schallt es auch wieder heraus. Dessen muss man sich auch mal bewusst werden.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Zum Interesse an seinem eigenen Partner kann ich noch folgendes schreiben: Eine Hausbewohnerin, sehr nett und freundlich, hatte seit etwa drei Jahren einen Partner, der so gut wie jeden Tag bei ihr war.

Sie buchten beide eine Fernreise. Kurz vor der Reise wurde der Partner krank (Krebs). Es ging ihm sehr schlecht. Reisen konnte er nicht mehr. Er kam ins Krankenhaus und war dem Tode geweiht. Die Frau machte die Reise alleine ohne ihn. Als sie zurückkam, war er tot. Dabei hatten sie sich gut verstanden.

Ich kann das nicht verstehen, wie man einen Menschen in einer solchen Situation allein lassen kann und reisen. Das nenne ich auch fehlendes Interesse und noch Gleichgültigkeit gegen den eigenen Partner, den sie doch liebte.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


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