Versuchen, jemand anderem etwas auszureden?

Ich habe leider die Angewohnheit, ganz gerne ungefragt Ratschläge zu erteilen. Nicht selten kommt es dann auch vor, dass ich versuche, jemandem etwas auszureden, wenn ich fest davon überzeugt bin, dass die Person nicht das Richtige macht. Ich meine es ja nur gut damit, wobei ich nun dennoch versuchen möchte, mir diese Angewohnheit abzugewöhnen. Wenn die Personen alt genug sind, um selbst entsprechende Entscheidungen treffen zu können, dann liegt es ja nicht an mir, ihnen bestimmte Sachen auszureden.

Meine Meinung möchte ich natürlich trotzdem sagen, wenn ich danach gefragt werde, wobei ich dann auch durchaus meine Bedenken äußern möchte. Aber jemandem etwas ausreden möchte ich nicht mehr, wobei mir das sicherlich schwer fallen wird, wenn ich genau weiß, dass die Person nicht das Richtige tut. Versucht ihr manchmal, anderen Personen, beziehungsweise guten Freunden und Familienmitgliedern etwas auszureden, wenn ihr euch sicher seid, dass die Personen das Falsche tun? Sollte man das tatsächlich ganz sein lassen?

Ich mache das auch, aber nicht bei jedem. Mein bester Freund beispielsweise kommt damit super klar, weil er das bei mir auch schon gemacht hat und wir das nur machen, wenn die Entscheidung wirklich sehr schlecht war. So wollte er beispielsweise mal ein Haus mit seinem Chef kaufen, obwohl er den Chef noch nicht so lange kannte. Da habe ich schon meine Meinung gesagt und es ihm ausgeredet und letztendlich lag ich damit richtig, weil sie danach einen furchtbaren Streit hatten und sich das alles erübrigt hat.

Ich maße mir normalerweise nicht an, anderen Leuten Vorschriften zu machen, wenn es mich eigentlich nichts angeht. Wenn beispielsweise jemand mein Geld auf eine Art anlegen oder investieren würde, die mir zu risikoreich wäre, würde ich der Person natürlich in die Parade fahren. Auch wenn ich wirklich der Überzeugung wäre, ein mir nahestehender Mensch sei ganz kurz davor, sich dauerhaft unglücklich zu machen, könnte ich wohl nicht an mich halten.

Aber irgendwelche finanziellen Entscheidungen irgendwelcher Bekannten interessieren mich einfach nicht genug. Und in Herzensangelegenheiten mische ich mich prinzipiell nicht ein, weil der Schuss immer nach hinten losgeht. Ich hätte mich beispielsweise schon öfter erkundigen können, ob Freundin X besoffen war, als sie sich den schleimigen, nutzlosen Typen angelacht hat, aber ihn ihr ausreden? Auf keinen Fall. Dann bin ich nämlich wieder die Böse, die mit ihrer ekligen Distanz und Rationalität die ganze schöne Romantik versaut hat.

Und wie gesagt, ob jemand eine halbe Million von seinem eigenen Geld an die Wand fährt oder sich das meiner Meinung nach "falsche" Haus oder Auto kauft, ist mir egal, da mische ich mich nicht ein. Außerdem gehen sowieso erstaunlich viele Schnapsideen langfristig gar nicht so schief wie am Anfang befürchtet, und dann muss ich mir zu Recht wieder das selbstgefällige "Du immer mit deinen ewigen Bedenken!" anhören.

Ich finde es gut, dass du dir das abgewöhnen willst. Ich finde die Angewohnheit, ungefragt seine Meinung zu äußern und zu versuchen, diese Meinung dem Gegenüber aufzudrängen und ihm etwas auszureden, nämlich ganz, ganz schrecklich und muss auch gestehen, dass ich durchaus schon eigentlich gute Freunde wegen dieser Angewohnheit fallen lassen habe.

Jemandem etwas ausreden wollen geht ja meistens mit Argumentation und Diskussion einher. Das wiederum ist bedrängend, anstrengend, unsympathisch, anmaßend und übergriffig, für mich also in keinster Weise und von niemandem zu tolerieren. Es ist okay, wenn man anmerkt, dass man eine andere Entscheidung treffen würde, damit muss es dann aber auch gut sein, wenn vom Gegenüber nicht ausdrücklich eine ausgiebige Diskussion gewünscht ist.

Ich finde es widerlich, wenn jemand seine Meinung nicht für sich behalten kann, an jeden Ratschläge verteilt und am Ende noch versucht darauf einzuwirken, damit die Entscheidung auch nach dessen Wünschen abläuft. Wer bin ich denn? Bin ich ein minderjähriges Kind, welches andere Menschen braucht die mein Leben für mich bestimmen und alles für mich ausmachen? Nein, ich bin eine Erwachsene Frau und brauche mich daher von niemanden bevormunden lassen, mir ungefragt Ratschläge aufs Ohr drücken lassen und sonstiges.

Mit solchen Menschen die das dauerhaft machen, möchte ich auch nichts zu tun haben, denn sie sollten in erster Linie einmal lernen sich zu zügeln und in ihrem eigenen Leben gibt es genug, was sie sich selbst Ratschläge geben können und ihre eigenen Entscheidungen treffen. Da braucht man das niemanden anderen aufzwängen, schon gar nicht wenn das alles ungefragt passiert.

Der einzige für mich akzeptable Fall, wo ich jemandem versuchen würde etwas auszureden wäre, wenn ich die Verantwortung für ein Kind hätte und dieses Kind hätte irgendwelche blödsinnigen Ideen im Kopf, die ich unbedingt verhindern will. Das kann man auch durchaus auf die Erstellung von irgendwelchen bekloppten Videos für das Internet beziehen, weil da ja wegen der Klickzahlen sehr kreative und zum Teil sehr gefährliche Ideen zusammen kommen können. Es gibt aber auch andere Bereiche, wo Kinder und Jugendliche auf zum Teil sehr bescheuerte Ideen kommen.

Bei Kindern und Jugendlichen finde ich es noch angebracht, wenn man versucht ihnen Sachen auszureden, gerade wenn diese unvernünftig und gefährlich wären und man für diese Minderjährigen die Verantwortung trägt. Ein derartiges Verhalten bei Erwachsenen aber gleichermaßen an den Tag zu legen halte ich für ziemlich bevormundend und ist mir offen gesagt auch ziemlich unsympathisch.