Wie schnell Todesfall verarbeitet haben?

vom 31.12.2016, 07:20 Uhr

Ein Arbeitskollege hatte vor einigen Monaten seine Frau verloren. Seine Frau war sehr jung an Krebs verstorben und hatte den Kampf leider verloren. Jedenfalls war der Tod irgendwo auch schon absehbar, kam aber dennoch irgendwie überraschend, weil der vom Krankenhauspersonal falsch und unzureichend über ihren wahren Gesundheitszustand aufgeklärt worden war.

Der Tod kam also doch irgendwie überraschend, wobei er die ersten Tage nach der Mitteilung ziemlich geschockt war und das verarbeiten musste. Schließlich kam der Tag der Beerdigung und es ging ihm erstaunlich gut laut seiner eigenen Aussage. Er meinte sogar, dass er den Todesfall ziemlich schnell verarbeitet hätte und der Ansicht ist, dass das Leben eben weiter geht und es nichts nützt (auch den Kindern zu Liebe nicht) wenn man Depressionen bekommt und endlos vor sich hin trauert.

Mich hat es schon überrascht, dass er den Tod seiner Lebensgefährtin, mit der er über 20 Jahre zusammen war, so schnell verarbeitet hat. Wie schnell hat man überhaupt so einen Todesfall verarbeitet? Wie lange dauert das bei euch in etwa? Hängt das vom Charakter ab oder eher von der Beziehung zu der Person?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich denke, dass es vom Menschen selbst abhängt und vielleicht auch von seinen Einstellungen. Ich muss sagen, dass ich doch bisher lange um geliebte Menschen getrauert habe, die verstorben sind. Auch Jahre danach kommen mir durchaus nochmal die Tränen, wenn ich an sie denke und merke, wie sehr ich sie doch eigentlich vermisse.

Ich finde es allerdings auch schon sehr ungewöhnlich, dass dein Kollege so schnell mit dem Tod seiner Frau abgeschlossen haben will. Vielleicht verdrängt er das auch nur hinter seiner fröhlichen Fassade und in Wirklichkeit geht es ihm schlecht. Es wird ja nicht jeder so offen zugeben, wie sehr eben trauert und vielleicht auch leidet.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Woher will ein Außenstehender denn so genau wissen, dass und wann ein Todesfall "verarbeitet" wurde? Und wie definiert man überhaupt "verarbeitet"? Wenn man nicht mehr 24 Stunden am Tag im Bett liegt, weint und nichts essen kann, oder wenn irgendwelche dahergelaufenen Arbeitskollegen und flüchtige Bekannte einem nichts mehr anmerken?

Nach allem, was du weißt, hat der gute Mann gerade die Mittagspause mit dem Versuch, nicht zu weinen, auf der Herrentoilette verbracht, oder er nimmt Medikamente, um den Alltag überhaupt irgendwie zu überstehen, oder er fällt nach Feierabend sofort ins Bett, weil es wahnsinnig anstrengend ist, die Fassade aufrecht zu halten. Natürlich kann es auch sein, dass der Witwer wirklich gut damit zurecht kommt, dass ihm quasi sein ganzes Leben um die Ohren geflogen ist, aber ich halte es dennoch für wahrscheinlicher, dass er nur so tut, um sich nicht noch zusätzlich mit der Neugier und der Taktlosigkeit seiner Mitmenschen herumschlagen zu müssen.

Wie schnell man einen Todesfall verwindet oder verarbeitet, hängt in meinen Augen von zu vielen Faktoren ab, als dass man pauschale Aussagen treffen kann. Schließlich macht es einen Unterschied, ob die Oma mit 98 stirbt, die Schwester mit 37 oder das Töchterchen mit 5. Ebenso ist die Reaktion eine andere, wenn jemand lange krank ist, als wenn jemand beim Bergsteigen abstürzt. Dazu kommen noch die psychischen Voraussetzungen der Betroffenen und die äußeren Umstände.

Wenn man beispielsweise als Witwe(r) für drei kleine Kinder sorgen muss, ist man quasi gezwungen, schnell wieder ins Leben einzusteigen, während man als Teenager, der seinen besten Freund verliert, auch mal vier Wochen im abgedunkelten Zimmer zubringen kann. Aber der äußere Eindruck verrät normalerweise nicht, ob eine persönliche Katastrophe wirklich verarbeitet wurde oder nur verdrängt, oder ob die Person sich einfach nur sehr gut verstellen kann.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Manche Todesfälle kann man nie verarbeiten. Meine Schwiegermutter ist vor mehr als 10 Jahren verstorben und ich habe den Tod immer noch nicht 100% verarbeitet. Wenn man sein eigenes Kind verliert, kann man das wohl nie verarbeiten. Auch wenn man sagt, dass man es verarbeitet hat, kann ich sowas nicht glauben. Aber ich bin auch eher so ein Mensch, der vor anderen die "Starke" zeigt und im Inneren sieht es ganz anders aus. So wird es bei deinem Kollegen bestimmt nicht anders sein.

Es kommt aber immer darauf an, wie sehr man an dem Toten hing, wie sehr man das Leben mit ihm teilte. Was er einem bedeutet hat und auch wie man selber in seelischer Verfassung ist. Keiner kann sagen, wie lange man dafür braucht einen Todesfall zu verarbeiten.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich denke, dass das vom Menschen abhängig ist. Wenn man so schnell über einen Tod hinwegkommt, kann das aber auch durchaus nur verdrängen sein und letztendlich ist man damit eben noch nicht durch. Das wird dann irgendwann wieder hochkommen.

Wobei man gerade wenn man Kinder hat ja auch nicht dasitzen und stundenlang heulen kann, man muss funktionieren und deswegen wird man es wohl eher verdrängen, es nicht an sich heranlassen oder es auch mit irgendetwas betäuben. Von außen sieht man das ja nicht wie es einer Person wirklich geht.

Es gibt durchaus auch Todesfälle aus meinem Verwandtenkreis, bei denen ich lange zu knabbern hatte. Beispielsweise bei meinem Opa, musste ich wirklich lange daran arbeiten es zu verarbeiten, auch wenn es vorhersehbar war. Er war einfach der wichtigste Mensch in meinem Leben, was mir so im Alltag aber nicht mehr so deutlich war und deswegen bin ich auch nicht ständig dort gewesen, was dann noch mal zusätzlich belastet.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


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