Neidisch auf andere Kinder sein bei eigenen Erziehungen?
Ich war an Weihnachten mal wieder bei meinen Geschwistern und meine Cousine war ebenfalls anwesend mitsamt ihrem Mann und ihrer 6 jährigen Tochter. Bislang hatte sie meinen Sohn noch nicht persönlich kennengelernt und war von ihm reichlich angetan, mit seinen Manieren und seinem Anstand.
Ihre Tochter habe ich nun auch seit fast 4 Jahren nicht mehr gesehen und das Kind ist in meinen Augen nur komplett missraten und verzogen. Beim Essen aufstehen, mit dem Essen in der Hand durch die ganze Wohnung laufen, kein Besteck benutzen, Rotzfrech und macht was es will. Kurzum, es tanzt ihr und ihrem Mann nur auf der Nase herum und sie lassen sich das gefallen.
Bei mir gibt es das jedenfalls nicht in meiner Erziehung, da wird nicht mit dem Essen durch die Gegend gelaufen oder gar das Essen mit der Hand ohne Besteck gegessen. Da sich die Kinder Nudeln gewünscht haben, gab es Nudeln mit verschiedenen Saucen. Mein Sohn hat mit Gabel und Löffel gegessen, ihre Tochter mit dem Gesicht im Teller und den Händen. Besteck wurde nicht benutzt.
Jedenfalls meinte sie im Anschluss als die Kinder im Bett waren, natürlich hat mein Sohn kein Terror gemacht, ihre Tochter dagegen schon, dass sie schon neidisch ist und am liebsten mir ihr Kind überlassen würde und dafür meinen Sohn mitnehmen wollte und auch ihren Neid darüber bekundet. Als ich ihr dann gesagt habe, dass das doch alles eine Sache der Erziehung mit Regel und Konsequenzen ist, hat sie auf Durchzug gestellt und meinte einfach nur, dass ihre Tochter halt "ganz besonders" ist und sich nichts sagen lässt.
Ich frage mich wirklich, wie man neidisch sein kann, wenn man selbst nichts daran ändert denn mit einem 6 jährigen Kind ist noch nicht alles verloren auch wenn es mehr Arbeit, Energie und Zeit kostet als wenn man direkt von Anfang an eine klare Schiene fährt und es nicht hinterher versucht zu ändern. Seit ihr neidisch auf andere Kinder, weil diese besser erzogen sind und bessere Manieren aufweisen als die eigenen? Seht ihr dann den Fehler bei euch wenn es nicht so ist, oder schiebt ihr es ebenfalls dem Kind zu mit seiner eigenen Persönlichkeit?
Letztendlich ist es immer eine Sache der Erziehung. Man sollte ein Kind zwar nicht zu einem Roboter machen, der alles macht was die Eltern sagen und nie Widerworte hat, aber ein Kind sollte gewisse Regeln und Benimm-Standards lernen.
Ich würde in dem Fall also schon sagen, dass es an der Erziehung liegt und nicht an der Persönlichkeit des Kindes. Wenn es von Anfang an gelernt hätte, dass man mit Besteck isst und wie man sich am Tisch zu benehmen hat, wäre es heute bestimmt anders drauf.
Ich denke, dass es manchmal einfach für manche Menschen schwer ist eine klare Linie zu fahren und dass sie es aufgrund dieses Verhaltens einfach nicht schaffen ihr Kind ordentlich zu erziehen. Natürlich ist man dann neidisch, wenn man ein besser erzogenes Kind sieht, aber wie du schon geschrieben hast müsste man nur selber etwas ändern, was man aber in dem Moment sicherlich auch nicht einsieht, was sehr schade für das Kind ist.
Vor allem ist sie in einem Alter wo man wirklich noch etwas machen kann. Mit ihr kann man so ja noch nicht mal in ein Restaurant gehen oder jemanden besuchen. So würde ich mich dann auch nicht einschränken lassen wollen. Bei uns ist es noch nicht so weit, aber auch ich versuche meinem Sohn zu zeigen, was er darf und was nicht. Selbst bei kleinen Babys geht es ja schon los, dass sie lernen was Nein heißt und dass man dann etwas nicht darf. Man muss einfach dranbleiben und darf nicht bequem werden.
Naja, sie ist halt neidisch auf das Ergebnis der guten Erziehung, aber nicht auf die Mühen, bis man zu diesem Ergebnis gelangt. Vor allem, weil es bei ihr, da sie es jahrelang versäumt hat, viel schwieriger werden würde. Also theoretisch kann ich das schon nachvollziehen. Praktisch aber auch gar nicht. Ich denke, ich wäre eine sehr strenge Mutter.
Wobei es schon so ist, dass einige Kinder leichter zu erziehen sind als andere. Die Persönlichkeit spielt schon auch eine Rolle. Ohne Frage, ist es immer einfach, wenn man gleich von Anfang an konsequent Regeln aufstellt und eben nicht erst damit anfängt, wenn das Kind schon ein paar wilde Jahre hinter sich hat. Aber auch von Anfang an ist es mit manchen Kindern einfach als mit anderen.
Ansonsten würde man ihnen ja jeglichen Charakter absprechen und alle Kinder in einen Topf schmeißen. Vielleicht ist die Tochter der Cousine also ein etwas schwerer erziehbareres Expemplar. Es hat nicht von Anfang an gut geklappt. Sie war frecher und hat mehr ihre Grenzen ausgetestet als schüchterne, ruhigere Kinder. Und dann ist es der Cousine eben aus der Hand geglitten.
Vielleicht liegt es auch am Mann. Vielleicht haben die beiden nie die gleiche Schiene gefahren. Sie hat verboten, der Mann hat erlaubt, das Kind hat nicht mehr gewusst, was Sache ist. Vielleicht streiten sich die beiden daheim auch viel, worunter das Kind leidet. Vielleicht wollte die Mutter nicht noch an der Tochter rumerziehen, nachdem diese einen Streit nach dem anderen mitbekommen hat.
Es gibt doch wirklich viele Umstände, die es einem erschweren können, sein Kind ordentlich zu erziehen. Das soll keine Entschuldigung sein und schon gar kein Freifahrtschein für missratene Kinder. Aber jetzt einfach nur zu sagen: selber schuld, hätte sie es halt anders gemacht, ich hab das doch auch geschafft. Das ist doch auch zu schwarz-weiß.
Ich würde einfach noch mal mit der Cousine reden. Enger Kontakt scheint ja nicht zu bestehen, aber immerhin hat sie ihren Neid ganz offen angesprochen. Wenn man jetzt Verständnis zeigt, aber dazu ermutigt, das Problem anzupacken, hätte doch vor allem das Kind etwas davon.
Ich habe das als Kind auch so gemacht. Ich erinnere mich da an Nudeln. Da haben erst alle am Tisch gegessen und ich war langsamer als die anderen und wenn alle fertig waren, hat mir meine Mutti den Topf gegeben, damit ich den Rest essen kann und das habe ich mit den Händen gemacht. Das schmeck immer besser als wenn ich mit der Gabel gegessen habe. Also tut mir leid, wenn das jetzt nicht ins Weltbild passt, aber Essen mit den Händen zu sich zu nehmen ist eine ganz andere Erfahrung und das hat mir dann auch besser geschmeckt. Ich wusste natürlich, dass das nicht gerne gesehen wird und habe das erst gemacht, wenn es keiner außer meiner Mutti gesehen hat.
D.h. ein Verständnis von Essensregeln und dass man nicht vor jedem alles machen darf, hatte ich schon. Aber ich muss echt sagen, dass es ein besonderes Erlebnis war und ich esse auch heute, wenn ich alleine bin und es keiner sieht, gerne mit den Händen, weil es dann besser schmeckt. Wenn es sein muss, kann ich aber auch alles ganz vornehm mit der richtig nach oben gedrehten Gabel und nach neuesten Knigge-Empfehlungen konsumieren.
Das Kind, um was es geht, wird das Verhalten für andere sichtbar vermutlich auch irgendwann abstellen. Mit 18 wird es sicherlich nicht mehr mit dem Essen in der Hand beim Festtagsschmaus durch die Gegend laufen. Vielleicht kann man das da auch ein wenig entspannter sehen - das verliert sich alles irgendwann. Und die Welt geht auch nicht unter, wenn das Kind mit 6 Jahren gerne mit den Händen isst und das auch vor anderen macht.
Ansonsten ist es halt auch ein anderes Erziehungskonzept. Man kann einem Kind viel Vorschriften machen und es dann sehr reglementieren. Oder man lässt ihm viele Freiheiten und dann ist es vielleicht auch manchmal frecher. Das muss nicht negativ sein. Es ist nur anders, aber deswegen ja nicht automatisch schlechter. Nur weil es nicht immer alles macht, was man ihm sagt, ist es doch nicht gleich missraten. Es gibt das Konzept der freien Erziehung ja auch als pädagogische Schiene und da entstehen nicht lauter zukünftige Straftäter.
Ich finde es ehrlich gesagt ziemlich albern, wenn man auf etwas neidisch ist, was man theoretisch selbst erreichen könnte, wenn man nur wollte. Ich meine, wenn man zum Beispiel in eine reiche Bilderbuchfamilie geboren wird und nicht im Ghetto groß werden muss, dann kann man ja nichts dafür und das wäre für mich eher ein Grund, Neid überhaupt verdient zu haben als bei dem Beispiel das du nennst.
Denn wenn deine Bekannte die Erziehung nur konsequent genug umsetzen würde und sich nicht auf der Nase herum tanzen lassen würde, dann hätte sie doch das Problem nicht und ihr Kind wäre mindestens genauso "perfekt" erzogen wie dein Sohn. Sie will nur nicht die anstrengende Arbeit auf sich nehmen. Es erfordert sehr viel Zeit, Kraft und Nerven einem Kind ständig seine Grenzen aufzuzeigen und ihm zu zeigen, wie man sich richtig und höflich verhält (beispielsweise sich bedanken, helfen etc.).
In dieser Situation habe ich für ihren Neid kein Verständnis, wenn sie wollte, könnte sie die Kurve noch kriegen und ihr Kind noch richtig erziehen, auch wenn es schwer wäre. Du kannst dich freuen, denn ihr offen bekundeter Neid ist ja nur ein gutes Kompliment an dich und deine Fähigkeiten als alleinerziehende Mutter.
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