Sich gegen Willen zu Abtreibung drängen lassen?
Ich habe neulich eine interessante Diskussion mitbekommen, in der es um Kinder mit Down Syndrom ging und die Abtreibung derselben. Auch verbietet die französische Regierung einen Kurzfilm über glückliche Kinder jeden Alters mit Trisomie 21, weil das die Frauen unnötig psychisch belasten könnte, die so ein Kind haben abtreiben lassen während der Schwangerschaft.
Jemand meinte dann, dass diese Diagnosen eh nur nach Wahrscheinlichkeiten gehen würden und es nicht sicher wäre, dass ein Kind mit Trisomie 21 tatsächlich diesen Defekt hätte. Schließlich kämen ja auch gesunde Kinder trotz dieser "Diagnose" zur Welt. Allerdings wäre es so, dass Trisomie 21 nicht gesellschaftlich akzeptiert wäre und dass aus diesem Grund viele Frauen durch den Druck von außen (Partner, Familie, Freunde, Ärzte etc.) abtreiben würden, auch wenn sie es gar nicht wollten.
Eine Verwandte von mir hatte während der Schwangerschaft mal die Diagnose bekommen, dass ihr Kind angeblich behindert zur Welt kommen würde und sie wurde auch von den Ärzten zur Abtreibung gedrängt, wobei sie sich aber dagegen entschieden hat. Ich weiß jetzt aber nicht, wie viel Druck von anderen Seiten kam und ob das überhaupt normal ist. Ist es wirklich so weit verbreitet, Druck von allen Seiten auszuüben und Frauen zu einer Abtreibung zu drängen, wenn das Kind möglicherweise behindert sein wird? Würdet ihr euch gegen euren Willen zu einer Abtreibung drängen lassen, wenn der Druck groß genug ist?
Ich würde mich nicht zu einer Abtreibung bringen lassen, wenn ich selber das nicht möchte. Ich denke, dass man als Schwangere schon auch mal überreagiert und dann auch Gespräche falsch bewertet. So kann es ja durchaus sein, dass man Risiken erwähnt hat, die mit der Entscheidung einhergehen, aber keinen Druck gemacht hat und es bei ihr aber so ankam. In so einem Fall muss man aufklären und beraten, aber Druck ist da fehl am Platz. Ich hätte mein Kind mit Trisomie 21, wenn es das gehabt hätte, auf jeden Fall ausgetragen.
Also das wirklich jemand zur Abtreibung gedrängt wird kann ich mir jetzt nicht vorstellen und ich vermute auch das es eher ihr empfinden war als das Sie wirklich dazu gezwungen wurde. Denn letztendlich muss ja jeder selbst entscheiden ob man sein Kind abtreibt oder nicht, egal von welchen gesundheitlichen Zustand das Kind hat oder haben wird.
Aber was ich bestätigen kann ist das tatsächlich ein sehr großer Druck auf Schwangere ausgeübt wird wenn es um die Behinderung eines Kindes geht, allem voran die Trisomie 21. Man wird schon in den ersten Wochen dazu gedrängt die sogenannte Nackenfaltenmessung durchführen zu lassen. Hierbei wird die Wahrscheinlichkeit aufgezeigt mit der das eigene Kind an Trisomie 21 bekommen könnte. Lehnt man das ab wird man eine ganze Zeit lang beschwatzt, schon da beginnen die Ärzte mit der Angst der Eltern gespielt. Und das nur des Geldes wegen, denn diese Untersuchung übernimmt die Krankenkasse nicht, man muss Sie somit selbst bezahlen.
Nun ja, kommt dann tatsächlich "ein schlechtes Ergebnis" bei dem Test heraus, werden erst einmal natürlich noch weitere kostspielige Tests angeordnet und letztendlich kommt die Frage ob das Kind abgetrieben wird oder nicht. Dann wird den Eltern ein weiteres Mal Angst gemacht, wie groß die Verantwortung ist und dass das Leben der Kinder vermeintlich nicht lebenswert ist. (Was natürlich Quatsch ist) Und auch die Gesellschaft verurteilt oft Frauen die ein Kind mit Trisomie 21 auf die Welt bringen ob wohl Sie vorher gewusst haben das ihr Kind krank ist.
Es ist traurig wie sehr mit den Ängsten der Eltern gespielt wird und was für einen Druck Sie ausgesetzt sind. Auch wenn die Eltern natürlich nicht der Abtreibung eines kranken Kindes gezwungen oder gedrängt werden, der Druck ist schon enorm und ich kann mir gut vorstellen das viele diesem Druck nicht standhalten können.
Ich denke jetzt nicht, dass die Ärzte diese Untersuchungen empfehlen, weil die Geld kosten. Ein Arzt, der in einer Klinik angestellt ist, hat doch gar nicht wirklich etwas davon, wenn er einem Patienten eine kostenpflichtige Untersuchung aufschwatzt. Das Geld bekommt ja die Klinik und nicht er. Ich weiß, dass es in manchen Bereichen Prämien für Ärzte gibt, aber ich glaube, der Arzt wird nicht mit Gold überhäuft, weil er einer Patientin diese Untersuchung aufdrängt.
Vielmehr denke ich, dass der Glaube vorherrscht, Mütter wollten keine behinderten Kinder. Und wenn wir ehrlich sind, wollen das ja auch viele nicht. Wünschen sich Eltern kein gesundes Kind, das sich normal entwickelt? So ein behindertes Kind kommt vielleicht niemals alleine zurecht und braucht immer Hilfe. Natürlich ist das kein leichtes Leben.
Und da finde ich es schon richtig, dass Ärzte auf die Frau mit einer gewissen Ernsthaftigkeit einwirken, dass sie sich über die Folgen ihrer Entscheidung im klaren sein muss. Denn es bringt auch nichts, wenn die Frau nachher mit dem behinderten Kind heillos überfordert ist und es letztlich im Heim landet.
So eine Selektion ungeborenen Lebens durch Dritte kommt in meinen Augen eigentlich der Euthanasie gleich. Auch hier scheinen Menschen über Leben anderer bestimmen zu wollen. Und im Zuge dessen zwischen wertem und unwertem Leben unterscheiden zu wollen.
Natürlich kann und darf niemand hier der Frau Vorschriften machen oder gar zu einer Entscheidung (egal in welcher Richtung) drängen. Auch wenn das vielleicht im ersten Moment herzlos klingt - es ist schlicht allein die Entscheidung der Frau, ob ein Kind ausgetragen wird oder eben nicht! Und grundsätzlich halte ich es für schwierig, hier medizinische oder gar geschlechtsspezifische Gründe vorzuschieben, um eine Entscheidung herbeizuführen. Über Leben darf einfach nicht "entschieden" werden - ansonsten kommen wird in der Gesellschaft an, in der über "sozialverträgliches Frühableben" diskutiert werden kann. Das wäre die nächste logische Stufe.
Der Umgang mit Menschen (egal ob jung oder alt, krank oder gesund) ist aus meiner Sicht immer eine sozialpolitische bzw. gesellschaftliche Frage. Eine der wenigen Fragen, welche vollkommen losgelöst von ökonomischen Fragen zu beantworten sein muss. Alles andere würde jedenfalls alles, was die Aufklärung angeht, wieder aufheben. Und Begriffe wie "Menschenwürde" oder "Gemeinschaft" wären nur noch hohle Phrasen.
Zitronengras hat geschrieben:Denn es bringt auch nichts, wenn die Frau nachher mit dem behinderten Kind heillos überfordert ist und es letztlich im Heim landet.
Evtl. sieht dies der Mensch im Heim etwas differenzierter.
Evtl. sieht dies der Mensch im Heim etwas differenzierter.
Meinst Du? Ich denke, wir als gesunde Menschen können und nicht in einen so stark Behinderten hineinversetzen. Personen mit Trisomie 21 sind meines Wissens nach maximal auf dem geistigen Stand eines Vorschulkindes. Stell dir das einfach mal vor - ein eigentlich Erwachsener, der aber auf dem Stand eines Vorschulkindes ist. Der nahezu nichts, was etwas komplexer ist, alleine kann. Ob der seine Situation versteht? Ich glaube eher nicht.
Der wird nie alleine leben können. Der wird nie selbstständig werden. Der wird sich noch nicht einmal alleine etwas zu essen machen können. Ich weiß, dass es da seltene Ausnahmen gibt, aber für die Mehrheit der Betroffenen wird das durchaus gelten. Sie sind ein Leben lang auf ihre Eltern angewiesen, bis die Eltern irgendwann mal nicht mehr können. Und dann landen sie im Heim.
Ich glaube auch, dass diese Menschen im Heim durchaus schöne Momente haben können und sich an Dingen freuen können. Aber es ist so ein reduziertes Leben und so eine dauerhafte Abhängigkeit, dass ich das von außen betrachtet nicht schön finden kann.
Ich finde das keine besonders tolle Perspektive. Ich will nicht sagen, dass Frauen deswegen abtreiben sollen. Das wollte ich damit nicht zum Ausdruck bringen. Aber man darf diese schwere Behinderung auch nicht verniedlichen. Das wird ja auch manchmal gerne gemacht, wenn es dann heißt, dass das alles so fröhliche Kinder wären. Die, die ich bisher erlebt habe, waren nicht fröhlich. Und ich denke, dass doch gerade unsere kognitiven Fähigkeiten das Menschsein ausmachen. Unser Denken und all das haben Menschen mit Trisomie 21 nicht. Sie bleiben geistig immer kleine Kinder. Und ich finde schon, dass es wichtig ist, dass Frauen darüber aufgeklärt werden, was das bedeutet.
Natürlich wäre es noch besser, wenn man diesen Gendefekt verhindern könnte. Dann müssten Frauen sich gar nicht erst entscheiden, ob sie mit einem behinderten Kind klarkommen oder nicht und sie müssen sich auch nicht fragen, ob die Diagnose eventuell falsch ist und das Kind doch gesund ist. Vielleicht geht das irgendwann mit Gentechnik.
Zitronengras hat geschrieben:Meinst Du? Ich denke, wir als gesunde Menschen können und nicht in einen so stark Behinderten hineinversetzen. Personen mit Trisomie 21 sind meines Wissens nach maximal auf dem geistigen Stand eines Vorschulkindes.
Ohne ein christliches Menschenbild bemühen zu wollen, bin ich entsetzt, dass du dann die Grenze zu "unwertem Leben" ziehst. Wie sollte dann deiner Ansicht mit Menschen umgegangen werden die an Parkinson erkranken? Oder mit Schlaganfallpatienten, die zwar geistig fit sind aber keine Chance haben, ihren Körper zu kontrollieren? Zumal du dann auch noch selber schreibst, dass wir uns als "gesunde" Menschen nicht in die anderen hineinversetzen können.
Mit der gleichen Selbstverständlichkeit sprechen übrigens machen "Kulturen" der Frau das Recht auf Leben ab. Schließlich ist so ein Leben als Frau sicher auch nicht wert - weil es entbehrungsreich ist und nur dem Mann dient. Daher sollten Frauen abtreiben, wenn klar ist, dass es "nur" ein Mädchen wird. Hier sehe ich tatsächlich keinen Unterschied zu deiner Sicht der Dinge.
Zitronengras hat geschrieben:Stell dir das einfach mal vor - ein eigentlich Erwachsener, der aber auf dem Stand eines Vorschulkindes ist. Der nahezu nichts, was etwas komplexer ist, alleine kann. Ob der seine Situation versteht? Ich glaube eher nicht.
Und deshalb ist es gerechtfertigt, diese Menschen nicht leben zu lassen? Fehlt nur noch das Argument, dass das Menschen sind, die der Gesellschaft nur zur Last fallen. Komme gerne auf das Beispiel der Alten, Kranken und derjenigen zurück, die Aufgrund ihres Berufslebens körperliche Beeinträchtigungen haben erleiden müssen. Alles unwertes Leben und Menschen, die nicht in der Lage sind, sich ihres Daseins zu erfreuen?
Zitronengras hat geschrieben:Der wird nie alleine leben können. Der wird nie selbstständig werden. Der wird sich noch nicht einmal alleine etwas zu essen machen können.
Ich verstehe - aufrichtig - immer noch nicht, was du damit zum Ausdruck bringen möchtest und wieso du nicht auch noch Hartz-IV-Empfänger auflistest, weil die sich das Essen (was sie selbst zubereiten können) nicht selbst verdienen. Verstehst du die Beliebigkeit deiner Grenzziehung? Nur das du dir zur Euthanasie die schwächsten der Gesellschaft ausgesucht hast.
Zitronengras hat geschrieben:Ich glaube auch, dass diese Menschen im Heim durchaus schöne Momente haben können und sich an Dingen freuen können. Aber es ist so ein reduziertes Leben und so eine dauerhafte Abhängigkeit, dass ich das von außen betrachtet nicht schön finden kann.
Als wären Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen in irgendeiner Form wesentlich freier. Und als würde der Moment des Glücks nicht ein ganzes Leben rechtfertigen. Traurig, dass das eine reale Sicht auf "Leben" ist und du vermutlich von dir behauptest, Menschlichkeit zu kennen.
Zitronengras hat geschrieben:Ich finde das keine besonders tolle Perspektive.
Das sehe ich aber tatsächlich als akzeptables Argument, sobald es um DEIN Leben geht. Du solltest frei sein, im Rahmen deiner Möglichkeiten über dein Leben zu bestimmen. Nicht aber über fremdes Leben!
Zitronengras hat geschrieben:Aber man darf diese schwere Behinderung auch nicht verniedlichen. Das wird ja auch manchmal gerne gemacht, wenn es dann heißt, dass das alles so fröhliche Kinder wären.
Das ist auch Quatsch und dies macht auch keiner. Wenn du dann die wirtschaftliche Situation vom ca. 30% der Kinder innerhalb der BRD betrachtest, sehe ich auch hier Potentiale für eine "unglückliche" Kindheit. Was aber bedeutet das hinsichtlich des Lebens?
Zitronengras hat geschrieben:Die, die ich bisher erlebt habe, waren nicht fröhlich.
Dabei muss ich dich darauf aufmerksam machen, dass weder deine noch meine Sicht als Maßstab für andere gelten sollten! Ist denn dein "Argument" entkräftet, wenn jemand anders kommt und sagt, "alle die ich erlebt habe, waren fröhlich"?
Zitronengras hat geschrieben:Und ich denke, dass doch gerade unsere kognitiven Fähigkeiten das Menschsein ausmachen.
Wäre dann wohl ein Zusatz bei der Definition des Menschseins. Andere - weniger kluge - könnten das aber schon Menschenverachtend nennen. Nebenbei: wie misst du "kognitiven Fähigkeiten" und ab welchem Messpunkt bestimmst du, dass es nicht mehr für ein "Menschsein" reicht? Schlaganfall Patienten hatte ich ja schon genannt. Oder ein Stephen Hawkings: kognitiv vermutlich ganz fit. Dennoch abhängig nicht nur beim Essen.
Zitronengras hat geschrieben:Unser Denken und all das haben Menschen mit Trisomie 21 nicht. Sie bleiben geistig immer kleine Kinder. Und ich finde schon, dass es wichtig ist, dass Frauen darüber aufgeklärt werden, was das bedeutet.
Da widerspreche ich nicht. Aber es reicht nicht aus, um hier unwertes Leben zu sehen. Und das passiert in dem Moment, in dem man sich sagt, dass das Abtreiben "mehr" gerechtfertigt ist, als in anderen Fällen (z.B. wenn das Kind wohl "nur" ein Mädchen wird).
Zitronengras hat geschrieben:Natürlich wäre es noch besser, wenn man diesen Gendefekt verhindern könnte.
Auch das ist schon eine Gratwanderung, weil auch damit bestimmt wird, dass das behinderte Kind besser "nicht da wäre". Geht hier nicht schon eine Katalogauswahl los?
Auch das ist schon eine Gradwanderung, weil auch damit bestimmt wird, dass das behinderte Kind besser "nicht da wäre". Geht hier nicht schon eine Katalogauswahl los?
Na ja, aber es ist doch so? Eltern wünschen sich doch gesunde Kinder und hätten lieber ein gesundes als ein behindertes Kind und ein Mensch, der so beeinträchtigt ist, dass er von seinem Leben gar nichts richtig mitbekommt, ist für mich kein vollwertiger Mensch, weil das Wesentliche - die kognitiven Fähigkeiten - fehlt. Es ist dann nur eine nach Mensch aussehende Hülle.
Ich finde, der Vergleich mit ALG-II-Empfängern oder Frauen hinkt. Selbst wenn eine bestimmte Personengruppe aus welchem Grund auch immer etwas eingeschränkt in ihren Rechten und Möglichkeiten ist, ändert das aber nichts daran, dass das vollwertige Menschen sind, mit allen kognitiven Fähigkeiten, die das Menschsein ausmachen. Das ist der wichtige Punkt.
Dass diese Menschen der Gesellschaft zu Last fallen finde ich weniger wichtig. Das ist finanziell schon alles so geregelt, dass das irgendwie läuft.
Ich würde mir da überhaupt keinen Druck machen lassen. Wenn mich der Partner zur Abtreibung drängt, dann würde ich halt die Beziehung beenden. Wenn mich der Arzt zur Abtreibung drängt, würde ich mir eben einen anderen Arzt suchen. Und wenn Freunde zur Abtreibung drängen, würde ich mir eben andere Freunde suchen.
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