War Hitler ein Verbrecher?

vom 05.03.2016, 21:01 Uhr

Genau diese Frage hat ein Reporter dem NPD-Chef anlässlich des Verbotsverfahrens der NPD gestellt. Statt die Frage einfach mit einem Wort zu beantworten, wich er ihr zweimal sehr ungeschickt aus. Allerdings gab es danach auch noch die Aussage des ehemaligen NPD-Vorsitzenden Holger Apfel, der seinen Sturz auf die Tatsache zurückführte, dass viele Parteimitglieder immer noch in der Gedankenwelt des Nationalsozialismus leben. Da ihm vorgeworfen wurde, dass er sich an zwei Parteimitgliedern vergangen hätte, wofür bisher noch keine Beweise vorgelegt wurden, muss man sich schon fragen, wozu zumindest manche Parteimitglieder fähig sind.

Hättet ihr Probleme diese Frage zu beantworten? Wie würdet ihr eure Antwort begründen? Welche Verbrechen würdet ihr Hitler vorwerfen?

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich kann die Frage aus dem Titel nur mit einem "Jein" beantworten und bitte ohne, dass Du mich direkt wieder als Rassistin diffamieren möchtest. Ich kann sie nur mit einem "Jein" beantworten, weil ich zunächst einmal nicht gelebt habe und nur das weiß, was wahrscheinlich jeder aus Büchern kennt, TV Reportagen sowie Spielfilmen ala Schindlers Liste.

Indes habe ich jedoch Verwandte, nur noch zwei Stück, die auch aus dieser Zeit stammen. Ich hatte auch eine Uroma, welche aus der Zeit stammte, aber mittlerweile verstorben ist. Sie hat damals ihren Mann im zweiten Weltkrieg verloren. Während dessen hatte ich auch eine Tante, welche noch sehr jung war. Dort merkte man auch, dass jeder eine andere Sichtweise der Dinge hatte.

Ich finde es grausam, dass man Juden, gehandicapte Menschen und mehr vergast, erschossen oder vergiftet hat. Daran gibt es auch gar keinen begründeten Zweifel für mich, dass ich Deine Eingangstitelfrage nicht mit einem "Ja" beantworten könnte.

Doch mir wurde auch immer gesagt, dass früher einiges gar nicht so schlecht gewesen sei. Das hat meine Uroma mir immer gesagt. Soll ich das nun glauben? Sie meinte immer, dass Hitler sehr tierlieb war und diese Tierqualen heutzutage so nicht möglich gewesen wären, weil das hart unter Strafe stand. Während dessen meinte sie auch immer, dass einige schwarze "Schafe" sich zu "Hitlers Zeit" so nicht benommen hätten.

Ich kann Dir wirklich nicht sagen, was stimmt und was nicht. Das macht es mir so schwer, die Titelfrage zu beantworten. Ich glaube eben nicht, dass Überlebende alles gleichermaßen schlimm fanden. Meine Uroma meinte eben, dass nicht alles schlimm gewesen sei. Das muss ich ihr glauben, weil sie schon eben eine Überlebende war und mir immer alles davon berichten wollte.

Meine Tante hingegen war noch jung, ein Teenager und hatte mir immer gesagt, als wir das Thema in der Schule hatten, dass sie meinen Onkel mal aus einem Bombenhagel retten musste. Nur die Bomben, das ständige Angst haben usw. war für sie schlimm. Sie meinte auch, dass sie von den KZs wusste, aber im Ruhrgebiet davon nie direkt betroffen war. Meine Uroma kam aus Sachsen und sagte zumindest, dass man es kannte vom Hören und Sagen, aber sie nie jemanden kannte, der drin war oder rein musste.

Ich weiß nicht, wie ich die Frage beantworten soll. Hitler war es nicht alleine! Er war der Laberheini, aber ausgeführt haben es doch alles andere. Ich weiß es echt nicht, die Frage ist so schwer zu beantworten. Im Hinblick dessen, was meine Verwandten mir früher alles sagten, würde ich sagen Ja, er war ein Verbrecher, aber hatte wohl auch einiges "Gutes" geäußert. Wenn man Filme, Reportagen & Co sieht, empfinde ich ihn auch als Verbrecher, im Hinblick dessen, dass Millionen Menschen ihr Leben lassen mussten.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Nun, wenn ein Serienmörder ein guter Vater ist und für soziale Projekte spendet, dann bleibt er trotzdem ein Mörder. Völkermord ist ein Verbrechen und diese Ideen hatte er schon lange vorher. Da reicht ein Blick in sein unlesbares Buch von 1924.

Auch der Umgang mit Kriegsgefangenen entsprach nicht den damals üblichen Normen. Übrigens ist es witzlos zu behaupten, dass man im Ruhrgebiet nichts von den Deportationen und den Konzentrationslagern mitbekommen hat.

Hier lebten viele Juden, die enteignet worden sind. So wurde 1933 aus dem Kaufhaus Alsberg, das jüdische Besitzer hatte, Kortum. Selbst heute ist der Begriff Kortum in Bochum eine Größe. So etwas konnte man nicht nicht bemerken.

Außenstellen von Konzentrationslagern gab es in jeder Stadt im Ruhrgebiet. In Bochum und Wattenscheid lagen Lager von Buchenwald. Auch Häftlinge aus Auschwitz Neuengamme waren dort untergebracht. 1.700 Arbeitssklaven allein an der Brüllstraße kann man nicht übersehen.

In Essen-Fulerum befand sich eine Einrichtung für Frauen. Mitten in der Stadtmitte bestand das Lager Schwarze Poth. Die brennenden Synagogen hat auch jeder bemerkt. So unauffällig war das ganze nicht.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Hitler war also tierlieb. Nun ja, ich weiß, dass ihm sein Hund wohl sehr wichtig war. Na und? Das relativiert doch nicht die Ermordung von 6 Millionen Menschen. Ich mag Tiere auch sehr gerne, aber wenn ich jetzt losziehe und jemanden umbringe, habe ich trotzdem ein Verbrechen begangen. Die Welt ist eben nicht schwarz-weiß, auch ein geisteskranker Massenmörder muss nicht nur schlechte Eigenschaften haben, was aber kein Ausgleich für seine Taten ist.

Natürlich hat Hitler nicht alles alleine gemacht, aber er stand an der Spitze und war sicher nicht nur ein "Laberheini"."Mein Kampf" zeigt ja, wie er gedacht hat, und leider hat er genügend Leute gefunden, die ihm gefolgt sind, beispielsweise Goebbels, der sicher kein Stück besser war.

Meine Großeltern haben nie über ihn geredet und ich habe auch nicht gefragt, deshalb kann ich nicht auf Berichte aus erster Hand zurückgreifen, aber ich denke, das muss man auch nicht unbedingt, um sich die richtige Meinung zu bilden.

Ob man von den Deportationen viel mitbekommen hat oder nicht, kann ich nicht wirklich beurteilen, da ich auch schon gehört habe, dass man zumindest versucht hat, das geheimzuhalten, aber es ist ja immer leicht, zu behaupten, es sei einem gut gegangen, wenn man nicht persönlich betroffen ist. Dass es den Leuten im Krieg noch richtig gut ging, glaube ich aber weniger und den hatte größtenteils Hitler zu verantworten.

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



So viel hat man nicht geheim gehalten. Meine Großeltern waren nicht in der Partei, aber mein Opa hat mit den "richtigen" Menschen Kontakt gehabt. So galt sein Geschäft als kriegswichtig und er musste nicht an die Front. Vitamin B half auch damals.

Wie "frei und glücklich" auch solche privilegierten Menschen waren, sieht man an meiner Familie gut. Als sich meine optisch zum Zigeunerkind entwickelte, wurde sie ganz schnell zu Pflegeeltern geschafft, damit sie nicht die Familie in Verruf und damit in den Fokus der Gestapo bringt.

Um gut dazustehen und nicht aufzufallen haben meine Großeltern dann nach Jahren zuverlässiger Verhütung 1940 und 1944 Nachwuchs bekommen. Die Kinder konnten sie sich schon vor dem Krieg nicht leisten, mitten in dieser Zeit fehlte es an allem. Aber alles war besser, als verhört oder gar inhaftiert oder deportiert zu werden.

Wenn das Leben für eine deutsche Familie so "entspannt" war, wie haben dann erst die anderen gelebt? Wie "heimlich" man damals vorgegangen ist, das zeigt beispielsweise die Geschichte von Rosa Böhmer. Dieses Kind hatte das Pech, nicht nur wie ein Zigeunerkind auszusehen. Die Geschichte ihres kurzen Lebens kann man hier nachlesen.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


@Cooper75 was hier war und was nicht, das vermag ich nicht zu beurteilen. Ich kann nur das sagen, was mir mittlerweile verstorbene Überlebende aus meiner Verwandtschaft sagten. Meine Tick-Tack Oma oder eben Uroma fand es "irgendwie" nicht so dramatisch, wie andere. Womöglich Realitätsfremd? Ich weiß es nicht.

Doch wenn ich genauer darüber nachdenke, dann muss ich gestehen, dass mir einiges gerade in diesem Augenblick seltsam vorkommt. Sie hat eigentlich alles von "Hitler" schön geredet. Sätze wie "Schwul und Lesbisch sei eine Krankheit und damals hätte es so etwas nicht gegeben" waren nur ein Teil dessen, was gesagt wurde. Genau so, wie sie stets auf Ausländer, die kriminell wurden mit ähnlichen Aussagen um die Ecke kam.

Daher würde ich vielleicht im Nachhinein betrachtet sagen, dass sie eher Sympathisantin war. Sonst würde man es wohl auch anders darstellen, wenn Du sagst, dass sehr wohl im Ruhrgebiet einiges mit zu erleben war. Wobei der Satz ja eher von meiner Tante kam, aber meine Uroma sprach sich auch immer eher so aus, als sei alles von den Reportagen mehr "übertrieben" dargestellt worden.

Ich war nicht live da, aber all das was getan wurde, halte ich für falsch. Falsch ist hier irgendwie mal völlig das falsche Wort, es war eben abartig. Menschen millionenfach zu vergasen, sie zu erschießen, vergiften, hungern zu lassen und mehr. Ich kann ja mich nur auf Filme etc. stützen und was noch vom lesen hängen geblieben ist. Ich fand das alles nie gut.

Ich ging allerdings früher wirklich davon aus, dass einige meiner Verwandten eben recht hatten. Doch wenn ich das gerade mal Revue passieren lasse, was mir da manchmal für eine Märchenstunde von der tollen Zeit früher aufgetischt wurde, dann fällt es mir doch schwer zu glauben, dass damals "wirklich alles" so viel besser gewesen sei. Ja, das wurde mir immer gesagt. Damals wäre das nicht möglich gewesen, früher hätte es das nicht gegeben usw. Das waren deren beliebten Sätze.

Meine letzten zwei überlebenden Familienmitglieder abseits meiner bereits verstorbenen Uroma und Tante, die das schön redeten, die wollen gar nicht darüber reden. Wirklich nicht! Nicht eine Silbe verlieren sie darüber. Ich glaube, dass hätte mir auch mal zu denken geben sollen.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Ich denke nicht, dass die Menschen es damals leicht hatten. Die Arbeitslosigkeit und die Armut waren groß und zuerst wurde es besser. Die Propaganda war extrem gut gemacht, das muss man neidlos anerkennen.

Die Menschen waren ja auch nicht politischer als heute, dazu gab es nur begrenzten Zugang zu Informationen. Selbst die wirklich Betroffenen haben lange nicht geglaubt, dass es so kommt. Mit Arbeit und Posten fängt man Menschen. Die echten Anhänger wurden mehr und mächtiger. Da zieht man den Kopf ein und läuft mit. Das ist menschlich.

Es blieb schließlich nur wenig übrig. Nehmen wir eine meiner ehemaligen Lehrerinnen. Die wollte studieren. Da blieb nur, zuerst im Jungmädelbund und dann im BDM aktiv zu sein. Wer kann ihr wirklich verdenken, dass sie mitgemacht hat und die rassistischen Aspekte möglichst verdrängt und die Gemeinschaft trotzdem genossen hat?

Das ganze hat einfach geprägt. Meine Mutter, Kind einer Familie, die sich ziemlich raus gehalten hat, und die wegen ihrer Optik als Zigeunerkind verspottet worden ist, hat die Ideen bis zu ihrem Tod nicht schlecht gefunden.

Dabei war diese Frau weder ausländerfeindlich, noch antisemitisch. Sie fand Hitler gut und war gleichzeitig mit Ausländern und Juden befreundet, so schizophren das klingt. Die Leute in ihrem Umfeld sah sie unvoreingenommen, aber politisch hätte es anders aussehen sollen. Wirklich verstehen kann man das nicht. Die würde heute in Heimen helfen und gleichzeitig gegen die Fremden wettern. Also die anderen, die man im Fernsehen sieht. Ich bin dankbar, dass ich diese Zeit verpasst habe.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Ich möchte mal wieder auf die Ausgangfrage zurückkommen. Nämlich die, ob Adolf Hitler ein Verbrecher war. Die Antwort lautet eindeutig: Ja. Und zwar nach so ziemlich jeder moralischen Weltanschauung, welche man sich vorstellen kann. Jetzt irgendwelche Begründungen anführen zu müssen, das halte ich für blanken Hohn. Alle seine Helfer, von Himmler bis Goebbels, handelten nur nach seinem Willen, wenn sie etwas eigenständig entschieden, dann nur um seinen Willen zu befriedigen und sich bei ihm lieb Kind zu machen.

Ich habe mich sehr intensiv und mit sehr großem Interesse mit der Person Adolf Hitler beschäftigt. Er war im Gegensatz zu den weitverbreiteten Ansichten recht intelligent und gebildet. Er hatte eine Kindheit, die gar nicht darauf schließen ließ, was für ein Verbrecher er später werden würde. Und er hatte in der Tat auch gute Seiten.

Ja, er war tierlieb und er war auch nett zu Kindern. Ja, und er war auch ein galanter Unterhalter und guter Gastgeber. Ich glaube, dass er rein menschlich möglicherweise besser war, als man vermuten könnte. Aber er war schlichtweg ein Massenmörder. Und er war ein Feigling. Und gerade das machte ihn erst zu dem Verbrecher, der er wirklich war. Er war zu feige die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Er hatte nie ein Konzentrationslager besucht. Das überließ er seinen Adlaten. Und eines der abscheulichsten Verbrechen beging er noch kurz vor seinem Tod. Den Befehl zur sogenannten „verbrannten Erde“.

Und das ist sogar ein Verbrechen, bei dem man ihn direkt belangen kann. Da kann niemand sagen, dass er ja angeblich nicht wusste, was Göring oder Himmler getan hatten. Er alleine rief den Befehl zur „Verbrannten Erde“ auf, Dies besagte, dass Deutschland im Angesichts der zu erwartenden Niederlage es nicht verdient habe weiter zu existieren. Deshalb gab er den Befehl alle Verkehrsadern und Brücken und verbleibenden Bauwerke von der Wehrmacht zerstören zu lassen.

Ja, er war ein Verbrecher. Ein Verbrecher, der dazu noch zu feige war, sich seiner Verantwortung zu stellen und es vorzog sich selbst vorher zu töten.

» Freidenker28 » Beiträge: 749 » Talkpoints: 1,02 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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