Richtige Vorgehensweise bei einem Arbeitsunfall

vom 16.12.2016, 10:36 Uhr

Als ich vor sehr vielen Jahren einmal einen Arbeitsunfall hatte, wollte ich erst gar nicht zum Arzt gehen. Ich habe meinen Finger gequetscht und dachte, dass es nicht so schlimm ist. Mein Chef hat mich dann zum Arzt geschickt und es war ganz gut, denn ich hatte einen Sehnenabriss am Finger.

Nun hat ein Bekannter einen Arbeitsunfall gehabt und er hat sich böse in den Finger geschnitten. Er hätte durchaus zu Fuß zu einem Arzt gehen können, aber der Chef bestand auf den Krankenwagen, weil das die Vorgehensweise wäre, die eingehalten werde müsste. Er musste dann am Finger mit mehreren Stichen genäht werden, weil die Fingerkuppe zu gut wie ab war.

Wie geht man eigentlich bei einem Arbeitsunfall in der heutigen Zeit vor? Was passiert direkt nach dem Unfall und wie geht es dann weiter? Was muss wo gemeldet werden und was übernimmt der Betrieb?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Grundsätzlich kenne ich es so, dass man bei uns einen Arbeitsunfall dem zuständigen Sanitäter meldet. Wir sind ein großes Industrieunternehmen mit mehreren Sanitätsstellen im ganzen Unternehmen verteilt und haben auch eigene Betriebsärzte, Notärzte, Notarztwagen, Rettungswagen und so weiter.

In kleineren Unternehmen mag es solche Einrichtungen nicht zwingend geben, aber es wird ein Verantwortlicher vorhanden sein, der ein Verbandbuch führt. Diesem muss dann ein Arbeitsunfall gemeldet werden. Alles weitere wird dann von dieser Person in die Wege geleitet, also die Meldung an Berufsgenossenschaft oder andere Versicherungsträger. Der Verunfallte selbst hat also nur die Meldung über einen Arbeitsunfall selbst zu tätigen, alles andere sollte dann seinen Gang gehen.

Direkt nach dem Unfall sollte natürlich die Versorgung des Patienten im Vordergrund stehen. Dazu ist es bei uns wiederum üblich, den eigenen Werksarzt/Werksnotarzt zu alarmieren, der dann alles Weitere entscheidet, also ob und wie der Patient transportiert wird und auch wohin. Durch eine eigene Werkfeuerwehr mit Spezialtrupps zur Höhen/, Tiefen- und (Unter-)Wasserrettung ist man auch von der Berufsfeuerwehr der Stadt recht unabhängig und kann schneller handeln. Bei Unternehmen ohne diese Einrichtung ist dann natürlich der Rettungsdienst der jeweiligen Gemeinde zu alarmieren.

» Squeeky » Beiträge: 2792 » Talkpoints: 6,18 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Das kommt ganz darauf an. Hat man eine eigene Betriebsärztliche Einrichtung mit Arzt am Start, dann kann dieser die Erstversorgung vornehmen und auch den Transport in eine Klinik wenn es notwendig ist. Jeder andere Betrieb ist auf den Rettungswagen drauf angewiesen, denn nur fachkundiges Personal darf den Transport begleiten wie auch dokumentieren und ein Ersthelfer reicht dazu nicht aus, der das in seinem privaten Auto in die Klinik fährt. Nervig, aber ist halt so und so bin ich häufig "Taxi" gefahren wegen quetschten Fingern und anderen Dingen die eigentlich nicht notwendig sind um ein Rettungsmittel zu blockieren.

So oder so hat das ganze hinterher im Verbandsbuch eingetragen zu werden, ein Unfallbericht muss angefertigt werden wie auch die schriftliche Niederschrift des Geschehnisses. Dazu machen sich ärztliche Atteste auch immer gut wenn es im Anschluss um Regressforderungen gegen den Arbeitgeber geht, wenn es denn in seiner Schuld ist und er davon bereits wusste z.B. eine Maschine freigeben die einen Defekt aufweist und es damit in Kauf nehmen, dass ein Mitarbeiter den Arm sich daran abhackt.

Egal wie man es dreht und wenden, jeder Arbeitsunfall gehört medizinisch Vorgestellt ob man möchte oder nicht. Ebenfalls ist das eintragen ins Verbandsbuch, denn auch wenn man direkt nichts davon merkt, können Spätfolgen auch mit einem gequetschten Finger auftreten und dann hat man ganz andere Ansprüche gegen Berufsgenossenschaften und Arbeitgeber, als wenn man das stillschweigen niemandem gesagt hat und 20 Jahre später dann mit Forderungen um die Ecke kommt wegen Spätfolgen.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



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