Könnt ihr euren Dialekt unterdrücken?

vom 01.11.2014, 18:57 Uhr

Ich habe einen Kommilitonen, der extrem in seinem Dialekt spricht. Ich habe damit kein Problem, weil er bei mir aus der Nähe kommt und wir einen ähnlichen Dialekt haben. Während ich aber nicht so sehr davon geprägt bin, spricht er schon extrem, ungefähr so, wie es meine Großeltern tun.

Neulich mussten wir für ein Projekt in der Schule ein langes Dokument verfassen und selbst beim Schreiben der Texte dafür konnte er seinen Dialekt nicht so recht unterdrücken. Auch wenn er spricht gibt er sich oft Mühe, beispielsweise wenn er mit jemandem aus dem anderen Ende von Deutschlands spricht, aber zwischendurch kommt dann doch wieder ein typisches regionales Wort aus ihm heraus. Auch bei Präsentationen kann er es demnach nicht unterdrücken.

Ich selbst glaube von mir, dass ich meinen Dialekt besser unterdrücken kann. Wenn ich mir wirklich Mühe gebe, dann kann ich Hochdeutsch sprechen, auch wenn es in meinen Ohren irgendwie falsch klingt.

Wie ist das bei euch? Könnt ihr euren Dialekt unterdrücken oder hört man bei euch auch grundsätzlich heraus, mit welchem Dialekt ihr aufgewachsen seid?

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Das mit dem Dialekt ist einfach ein seltsames Phänomen. Meine Mutter arbeitete in einem Betrieb, der etwa 30 km von uns entfernt ist. Auch wenn wir die Unterländer trotzdem verstehen, ist ein gewaltiger Unterschied im Dialekt vom Oberland zum Unterland. Meine Mutter hat den Dialekt sofort angenommen und ich fand es immer unnatürlich, dass sie unterländerisch gesprochen hat und nicht mehr oberländerisch, wie ich es von ihr gelernt hatte. Es war dann so, dass je nachdem, wo sie war, sie den Dialekt angenommen hatte. Wenn sie wieder bei ihren Eltern auf Besuch war, die im tiefsten Tal im Oberland zu Hause war, switchte sie wieder um auf oberländerisch.

Nun muss ich sagen, dass es mir exakt so geht, wie meiner Mutter. Seit ich weg gezogen bin spreche ich ausschließlich den Dialekt, den die Leute in meiner direkten Umgebung sprechen, da ich, wenn ich mit meinem markanten Dialekt rede, auffalle, wie ein bunter Hund und auch oft belächelt oder veräppelt werde, deswegen. Bin ich aber wieder bei meiner Mama oder meiner Verwandtschaft auf Besuch, kann ich vom einen Moment auf den anderen wieder so sprechen, wie ich früher gesprochen hatte.

Komischerweise falle ich auch in meinen Ursprungsdialekt zurück, wenn ich etwas über den Durst getrunken habe. Also ein Sprechen in meinem ursprünglichen Dialekt weist immer darauf hin, dass ich schon genug getrunken hatte :lol:

Ich muss aber auch sagen, es gibt einfach schreckliche Dialekte, die einfach scheußlich klingen oder welche, die einfach fast niemand versteht, der nicht von dieser Gegend kommt. Dann bin ich dafür, dass man sich anpasst und den Dialekt wirklich unterdrückt. Ansonsten finde ich es aber auch wichtig, ab und an Dialekt zu sprechen, damit dieser nicht ausstirbt.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich bin auch in einer Region aufgewachsen, in der sehr viel Dialekt gesprochen wurde. Tatsächlich war es teilweise so, dass alle in meiner Klasse im Dialekt gesprochen hatten, wobei das auch die Lehrer betraf. Obwohl ich so aufgewachsen bin, konnte ich mich nie groß mit dem Dialekt anfreunden. Ich habe ihn dann teilweise übernommen, nun aber seit einigen Jahren auch wieder abgelegt, so dass ich nun wieder Hochdeutsch spreche. Das gefällt mir auch am besten.

Wenn ich wirklich will, dann kann ich aber auch im Dialekt sprechen, genauso wie ich dann auch wieder problemlos zu Hochdeutsch wechseln kann. Das ist für mich kein Problem, wobei das bei meinem Freund anders aussieht. Dieser hat einen starken Dialekt, je nachdem, mit wem er spricht, ist der Dialekt mehr oder weniger vorhanden. Ganz ablegen kann er ihn aber nicht, das klappt bei ihm einfach überhaupt nicht.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Mein Dialekt ist unspezifisch süddeutsch, und dank meiner schlesischen Großmutter sowieso stark verwässert und schwer einzuordnen. Außerdem fluktuiert meine Aussprache abhängig davon, wo ich mich zuletzt aufgehalten habe, mit wem ich gerade spreche, und manchmal sogar abhängig vom Thema. Ich kann jedenfalls nicht behaupten, meinen Dialekt soweit zu unterdrücken, dass ich mich anhöre wie ein Roboter oder eine Sprecherin der Tagesschau, und sehe auch nicht ein, wieso ich das sollte.

Meine regionale Herkunft ist kein Geheimnis, und ich kann mich durchaus auch mit Dialekt-Anklängen verständlich ausdrücken. Natürlich lege ich mich nicht extra ins Zeug, um Grammatik und Wortschatz so weit wie möglich Richtung alpenländisches Jodeln aus der Lederhose abzuändern, wenn ich mich mit jemandem unterhalte, der offensichtlich nicht aus Süddeutschland stammt, aber ich finde, mit gemäßigten Dialekt-Anklängen sollte man als deutscher Muttersprachler schon klar kommen. Bei Ausländern lasse ich schon ein bisschen mehr Gnade walten.

Generell bin ich sowieso der Meinung, dass ein gewisser Dialektanklang zwar einerseits eher interessant und charmant sein kann als das ewige norddeutsche Genäsel, welches gerne für den Standard gehalten wird, aber dass man dennoch in der Lage sein sollte, seine Grammatik und Aussprache so anpassen zu können, dass man sich auch mit Leuten verständigen kann, die zufällig nicht aus dem gleichen Alpental stammen. Bisher ist mir jedoch auch noch niemand begegnet, der seine Sprechweise nicht entsprechend modulieren konnte oder wollte.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich habe an so vielen Orten gewohnt mit Dialekt und habe überall etwas mitgenommen. Aber ich bin auch in der Lage das alles zu unterdrücken und ein komplettes reines Hochdeutsch zu sprechen und finde das in manchen Situationen auch angebrachter, als in seinem Dorfdialekt die Leute von der Seite anzureden. So wirken manche Dialekte einfach nur kindisch und albern auf mich und hier kann ich mich mit dem Schwarzwalddialekten auch nicht anfreunden, obwohl ich schon seit einigen Jahren hier wohne und lege demnach viel Wert auf ein Hochdeutsch in der Aussprache.

Schwierig wird es nur immer dann, wenn ich auch richtig sauer und wütend werde. Da rutscht dann doch das eine oder andere aus den Ortschaften in denen ich bislang gewohnt habe heraus, gerade Flüche und Beschimpfungen auf Bayerisch, Fränkisch und Hessisch hören sich doch in gewisser Weise noch charmant an, als wenn ich die Mitmenschen dann auf Hochdeutsch beschimpfen würde. So gut es geht vermeide ich das jedoch und somit kann man meine Ursprungsregion auch nie eindeutig an der Aussprache klar machen und sorgt immer für reges Erstaunen wenn das heraus kommt.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich komme aus dem Ruhrgebiet und wir kommen irgendwie sehr gut damit klar mit unserem Dialekt umzugehen, oder ihn zu unterdrücken. Wenn wir unter uns sind, dann reden wir in typischer Ruhrpott Manier. „Wat“ und „dat“ statt was und das. Und die Aussprache ist auch sehr hart. Aber trotzdem kann fast jeder aus dem Ruhrpott auf Kommando Hochdeutsch reden und man kann es kaum erkenne, dass diese Person aus dem Ruhrgebiet kommt. Ich war in einer Klasse mit Ulla Kock am Brink, wir haben zusammen 1981 in Bottrop das Abitur gemacht. Sie sprach genau wie wir anderen auch Ruhrgebietsdeutsch, das ja nun wirklich mittlerweile als Dialekt zu sehen ist. Aber wenn ich sie im Fernsehen höre, dann spricht sie richtig gutes Hochdeutsch.

Ich habe mich immer gefragt, warum die Leute aus dem Süden es nicht schaffen, ihren Dialekt vollständig zu unterdrücken. Man kann mir glaube, dass der Ruhgebiets-Dialekt alles andere als Hochdeutsch ist. Es ist eine Mischung aus Plattdeutsch, polnischem Arbeiterslang und irgendwelchen Eigenkreationen. Dazu kommt eine Aussprache der Vokale, die unterirdisch ist, ein Verschlucken von Konsonante und noch so einiges mehr. Es gibt ja den geflügelten Satz „Waamama in Bottrop hattata gerechnet“. Das wird exakt so ausgebrochen. Trotzdem schaffen es die Leute aus dem Ruhrgebiet immer in normalem Hochdeutsch zu reden, wenn sie es wollen. Das scheinen die Süddeutschen aber irgendwie nicht zu können. Warum, das werde ich niemals verstehen.

» Freidenker28 » Beiträge: 749 » Talkpoints: 1,02 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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