Bei älteren Menschen schwere Krankheiten weniger schlimm?
Eine Freundin von mir ist der Ansicht, dass es viel schlimmer ist, wenn junge Menschen eine schwere Krankheit haben. Sie meint, dass diese ja ihr Leben noch vor sich haben und dann auch mehr darunter leiden würden.
Sie ist der Ansicht, dass ältere Menschen und gerade Senioren mehr oder weniger damit rechnen müssten, irgendwann krank werden zu können und das dies bei ihnen auch weniger tragisch wäre. So meinte sie, dass es zwar schlimm ist, dass ihr 85 jähriger Opa Krebs hätte, aber es eben nicht so überraschend wäre, wie bei einem vielleicht 30 Jährigen.
Ich muss sagen, dass ich eine schwere Krankheit immer schlimm finde. Natürlich macht es einen dann auch betroffen, wenn man eben davon hört. Vielleicht denken viele, dass ältere Menschen den größten Teil ihres Lebens eben gelebt haben und sehen darin den Unterschied zu jungen Menschen, die schwer erkranken.
Würdet ihr aber sagen, dass eine schwere Krankheit bei älteren Menschen weniger schlimm ist? Warum denken viele so? Welche Erklärung habt ihr dafür?
Es geht halt jeder anders damit um damit er damit zurecht kommt. Klar kann man sich sagen, dass ein alter Mensch sein Leben schon gelebt hat und damit rechnen muss, dass er nun bald ans Sterben geht aber das muss ehrlich gesagt jeder. Niemand ist davor sicher, es kann immer ein Unfall passieren und einem aus den Leben reißen oder auch eine Krankheit kann plötzlich diagnostiziert werden.
Wenn man es so nimmt, dann ist es manchmal nicht schlecht wenn das bereits in jungen Jahren diagnostiziert wird, da man dann dagegen mit Medikamenten und Therapien halten kann damit man hinterher noch ein Leben hat was Lebenswert ist und nicht ohne es zu wissen damit herum rennt und dann irgendwann mit 20 Jahren Tod umfällt, wenn man es doch vorher hätte heraus finden können und entsprechend behandeln, dass auch dieser Mensch durchaus 80 Jahre hätte alt werden können.
Ganz besonders viele betrifft es, wenn ein Kind eine schwere Krankheit bekommt wie Krebs. Da spielen zum einen die Fragen mit hinein, warum ausgerechnet ein Kind und zum anderen auch noch eine ganz andere emotionale Komponente als wenn das ganze ein 90 jähriger bekommt. Ein Kind wird immer mit Unschuld verbunden, dass hat nicht geraucht, nicht gesoffen und keine Drogen genommen, kann aber dennoch Lungenkrebs, Leberkrebs und andere unschöne Sachen bekommen.
Da kann man es sich nicht schön reden mit "ist selbst Schuld hat Jahrelang gesoffen und nicht aufgehört" oder "hat 30 Jahre lang jeden Tag 2 Schachteln Zigaretten geraucht". Einfach weil das nicht zutreffen ist, hat man keine Rechtfertigungen für sich im Hinterkopf und empfindet das als "schlimmer" als wenn man jemanden selbst dafür verantwortlich machen kann und darauf schieben, dass das alles nur daher gekommen ist.
Die Erklärung ist doch völlig simpel. Wenn man mit 85 Krebs bekommt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass einen das Alter dahin rafft, bevor es diese spezielle Krankheit tut, je nach Einzelfall erheblich größer als bei jüngeren Menschen. Außerdem kann man bei einem Greis oder einer Greisin durchaus schon sagen, dass diese Person ihr Leben gelebt hat, was bei einem Sechsjährigen rein rechnerisch schon gar nicht der Fall sein kann. Außerdem sind im hohen Alter die Kinder auch schon groß und so weiter.
Dennoch wäre ich nicht so zynisch, pauschal zu behaupten, schlimme Krankheiten wären weniger schlimm, wenn man schon alt ist. Die meisten Leute hängen am Leben, und auch wenn man sich selber sagt, dass man mit 85 wohl keine 20 Jahre mehr vor sich hat, ist es, wenn man geistig noch fit ist, bestimmt ebenso ein gewaltiger Schock, z.B. eine Krebsdiagnose zu bekommen wie mit 40. Es kann höchstens sein, dass man sich im höheren Alter eher damit abfindet, weil man realistisch gesprochen sowieso an irgend etwas stirbt.
Und selbst wenn jemand Demenz im höchsten Grade hat, rechtfertigt dies in meinen Augen noch lange nicht, dass man weitere Krankheitsdiagnosen hier mit einem Schulterzucken abtut. Krankheiten gehören zwar zum Leben dazu, aber es erscheint mir schon ziemlich schlicht, davon auszugehen, eine bestimmte Bevölkerungsgruppe hätte damit weniger Probleme als der Rest, weil sie statistisch gesehen sowieso bald abtritt.
Ich finde, dass es einem auch im Alter stören sollte und man es auch als schlimm empfinden sollte. Natürlich ist Leben vergänglich und man muss sich bewusst sein, dass ein 85 Jähriger weniger lang lebt als ein 20 Jähriger, aber dennoch ist es ja nicht schön so eine Krankheit zu haben, da sie ein teilweise ein qualvolles Ende vorhersagt. So etwas sagt man sicherlich auch nur, wenn es einen nicht betrifft. Wenn es der eigene Opa ist, ist es für einen schon schlimm.
Bei Kindern berührt es einen natürlich sehr stark, aber ich finde durchaus, dass auch ein alter Mensch einen schönen Abgang haben sollte. Bei solchen Sachen wie Krebs weiß man ja immer wie das ausgeht und wie das für den Menschen ist und das möchte ich ehrlich gesagt für niemanden haben. Es ist für mich in jedem Alter schlimm, wenn jemand erkrankt. Wobei ich schon denke, dass man das im Alter eher akzeptieren kann als Betroffener.
Ich kann die Aussage, ehrlich gesagt, schon nachvollziehen. Wenn man sagt, das etwas weniger schlimm ist, bedeutet das ja auch nicht, dass es gar nicht schlimm ist. Aber es ist doch bei einem 20jährigen oder gar einem Kind schlimmer, wenn der Tod in Form einer schweren Krankheit anklopft, als wenn das einem 85jährigen passiert.
Für mich ist das ein Fakt. Der junge Mensch hat noch sein Leben vor sich, er hat noch keine Familie gegründet oder hat noch kleine Kinder, die dann Halbwaisen werden würden, er war vielleicht noch nie verliebt. Ich denke, ältere Menschen, die an Krebs erkranken, empfinden das genauso und sind froh, dass es sie nicht schon früher getroffen hat.
Es hat auch damit zu tun, wie man das verarbeitet. Ein Kind versteht das alles noch gar nicht richtig. Da weiß man noch nicht mal, was "tot sein" wirklich bedeutet, soll sich aber mit der eigenen Sterblichkeit auseinandersetzen. Natürlich fällt das einem alten Menschen leichter, der das allein durch sein fortgeschrittenes Alter schon seit mehreren Jahren oder gar Jahrzehnten macht.
Allein die Tatsache, wie viele Menschen das indirekt betrifft. Bei einem Familienvater hängen Frau und Kinder finanziell noch mit drin und müssen sich neben der Krankheit noch mit Existenzängsten plagen, wenn eine Frau im Alter von 85 Witwe wird, ist das zumindest finanziell praktisch egal. Bei einem erkrankten Kind gibt es noch Eltern, junge Geschwister, junge Freunde, die auch alle damit fertig werden müssen. Bei einem alten Menschen gibt es keine Eltern mehr, für 60jährige Kinder ist es - so hart das klingt - normal, ihre Eltern zu verlieren, Freunde und Geschwister sind auch schon alt und viele auch schon gestorben.
Die Situation ist einfach eine vollkommen andere. Bei jungen Menschen kommen noch so viele Faktoren hinzu, die die Situation schlimmer machen. Die Krankheit an sich ist für jeden Betroffenen schmerzhaft und beängstigend. Aber das Drumherum kann es schlimmer oder eben, ja, weniger schlimm machen. Egal ist es nie, aber das hat die Freundin ja auch gar nicht gesagt.
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