Während der Ausbildungs- und Lehrzeit ausgebeutet fühlen?
Laut einer Studie der Gewerkschaft verdi, fühlen sich rund 50 aller Auszubildenden in ihren jeweiligen Ausbildungsbetrieben ausgebeutet. Beklagt werden dabei hauptsächlich der hohe Arbeitsdruck, die vielfachen Überstunden sowie auch die Perspektivlosigkeiten in den Unternehmen. Wenn ich mich an meine eigene Ausbildungszeit zurückerinnere, dann kann ich solche Zustände eigentlich nicht bestätigen.
Natürlich mussten wir auch ein gewisses Arbeitspensum schaffen, aber machbar war das schon und eine Übernahmegarantie hatte ich eigentlich auch. Aber wie habt ihr denn eure Ausbildungs- und Lehrzeiten empfunden? Habt ihr euch da ausgebeutet gefühlt? Habt ihr auch eher positive oder negative Erinnerungen an eure Berufsausbildung?
Was heißt hier ausgebeutet. Eine Ausbildung ist dazu da, dass man den Job erlernt und am Anfang kann man das einfach noch nicht. Soll man ja auch nicht, aber man kann nicht erwarten, dass man gleich ein volles Gehalt bekommt und gleich gestellt mit jemandem ist, der diesen Beruf schon erlernt hat und damit auch Berufserfahrung hat.
Wenn ich da an mein erstes Lehrjahr denke: sicherlich war ich eine Hilfe, aber man kann das bei Weitem nicht mit jemandem vergleichen, der ausgelernt war. Schon allein, weil der Kompetenzbereich ein ganz anderer war. Da war das Gehalt vollkommen in Ordnung. Allerdings war man nicht immer nett zu uns Schülern und das ist ja auch auf eine Art und Weise eine Ausbeutung.
Ich hatte aber vielleicht auch nie das Gefühl ausgebeutet zu werden, weil ich Ausbildungsgehalt bekommen habe. Bei vielen Ausbildungen ist das ja nicht der Fall und wenn man dann 40 Stunden arbeiten geht, dann fragt man sich sicherlich das ein oder andere Mal wofür. Vor allem dann im dritten Ausbildungsjahr, wo man ja doch langsam an den Punkt kommt, wo man alles können muss. Andernfalls würde man die Abschlussprüfung ja eher nicht bestehen.
Ich kann nur von mir reden: hätte man uns Schüler damals netter und nicht so abschätzig behandelt, dann wäre alles in Ordnung gewesen. Auch hätte man uns durchaus mehr zutrauen können.
Ich habe eine 2 jährige Ausbildung zur Rettungsassistentin genossen. Das erste schulische Jahr durfte man komplett selbst finanzieren und auch Geld mitbringen, damit man seine Pflichtpraktika in den Kliniken ableisten durfte und damit die erste Prüfungshürde nehmen konnte. Das war schon ein wenig Ausbeute, denn das Schulgeld betrug im Monat 600 Euro und die Kliniken haben auch diejenigen bevorzugt, die den dickeren Geldumschlag mitgebracht haben als Praktikant.
Im zweiten Jahr musste man betteln gehen bei den Kreisverbänden, damit sie einen als Anerkennungspraktikant nehmen. Dabei wurde man vom ersten Tag voll auf dem Rettungsmittel eingesetzt. Manche hatten dabei Glück und eine Aufwandsentschädigung bekommen für eine 60 Stunden Woche, und andere haben nichts erhalten. Es gab sogar Fälle, dass man auch dort Geld mitbringen musste, damit man das fertig lernen konnte und am Ende seine Urkunde in den Händen hielt.
Die Aussicht auf Übernahme hat nicht bestanden, denn man hat damit einfach nur billige Arbeitskräfte für die KTWs gehabt aber immerhin hatte man den Zettel hinterher in der Hand. Hat man das Praktikum nicht innerhalb von 2 Jahren nach dem Staatsexamen abgelegt weil man keinen Platz gefunden hat, dann war das komplette Schulgeld sowie die Zeit was man gezahlt hat für die Tonne. Da hat man sich auf vieles eingelassen, damit man nur diesen Zettel erreicht und hinterher dann auch arbeiten gehen kann und dafür volles Gehalt bezieht.
Kann man sehen wie man möchte, ein wenig Ausbeutung war das damit schon. Man wurde voll eingesetzt und nicht als dritter Mann wie es vorgesehen war, aber damals war die Gesetzeslage noch nicht entsprechend verfasst, wie das auszusehen hat. Das ist erst seit einigen Jahren der Fall und seither ist auch alles geregelt mit Ausbildungsvergütung und was man darf und was nicht. Seither ist das geordneter und man muss auch so sehen, dass man nicht erwarten kann voll bezahlt zu werden wenn man eben seine Abschlussurkunde noch nicht vorweisen kann aber schon die vollen Aufgaben zu übernehmen hat. Damit bringt man einfach nicht die gleichen Qualifikationen mit, die andere bereits haben.
Generell sollte man froh sein, wenn man überhaupt etwas gezahlt bekommt. So selbstverständlich ist das nicht, in anderen Ländern bringt man Geld mit damit man etwas lernen darf unter einem Lehrmeister. Auch die schulischen Ausbildungen und Studium die hier zum Teil auch finanziert werden und man selbst nicht dafür arbeiten gehen muss um es zu finanzieren, sind alles andere als Selbstverständlich auch wenn es hier gerne so gesehen wird und dann weint, wenn man unentgeltlich ein Praktikum ableisten muss und dabei "ausgebeutet" wird, da man die gleichen Aufgaben bekommt wie jemand der bereits eine Urkunde vorweisen kann aber nichts dafür bekommt oder weniger finanziell dafür erhält.
Lehrjahre sind keine Herrenjahre, auch wenn manche den Spruch dämlich finden aber man kann nicht erwarten auf Händen getragen zu werden, finanziell das gleiche zu bekommen nur weil man die gleichen Aufgaben macht aber keinen Zettel in der Hand hat, der das auch Bestätigt mit der Qualifikation oder im Ansatz rechtfertigen würde.
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