Sich freuen, wenn jemand die Beherrschung verliert?

vom 11.05.2016, 21:24 Uhr

Ich hatte ja hier die Geschichte erzählt, als meine Urgroßmutter mal wieder ihren Schwiegersohn so zur Weißglut trieb, dass er einen Teller mit Essen an die Küchenwand warf. Selber war ich da noch nicht auf der Welt, als es passierte, aber ich hätte wohl eher Angst bekommen und wäre sehr erschrocken, oder aber ich wäre selbst wirklich sauer geworden, wenn jemand in meiner Gegenwart so die Fassung verliert.

Meine Mutter war bei diesem Vorfall dabei, und meinte, die Uroma hätte sich eher gefreut und ihn ausgelacht. Diese Art soll typisch gewesen sein für sie: Provozieren, bis der andere nicht mehr kann und das dann unterhaltsam finden. Ich frage mich, warum jemand sich freut, wenn ein anderer Mensch komplett am Ende ist und die Beherrschung verliert. Ist das nicht reine Bosheit oder fast schon Sadismus?

So unverbreitet scheint diese klammheimliche Freude an der Wut eines anderen ja nicht zu sein, wenn man sieht, wie andere offensichtlich Gefallen finden, wenn zwei sich ordentlich streiten, bis die Fetzen fliegen. Anders wäre der Erfolg der früheren Talkshows nicht erklärbar gewesen, am interessantesten war es für viele wohl, wenn jemand so richtig aus der Haut gefahren ist. Um was geht es da, um Macht oder um den Spaß an der Sensation? Das wohlige Gefühl, nicht selber das Zielobjekt zu sein und anderen schadenfroh zugucken zu können?

» Verbena » Beiträge: 4921 » Talkpoints: 0,32 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Die Freude am Provozieren kann aber auch schiefgehen. Denn der Teller kann auch woanders hin fliegen - etwa an den Kopf des Stänkerers. Dinge gegen die Wand zu werfen ist ja schon eine Vorstufe, die nächste Eskalationsstufe wäre körperliche Gewalt und ob die Frau dann immer noch gelacht hätte, wenn sie eine abbekommen hätte?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


So eine Einstellung kann ich nicht nachvollziehen. Ich sehe das eher so wie Zitronengras und denke eher, dass sich so eine Wut doch sehr leicht von Gegenständen ablenken und auf Menschen konzentrieren lässt. Ich finde es nicht lustig, wenn das dann in Gewalt gegen Frauen oder vergleichsweise wehrlose andere Personen wie Senioren oder Kinder ausartet.

Wie kann man sich da noch freuen, wenn jemand die Beherrschung verliert? Das geht nur solange gut, bis jemand was ins Auge bekommt und dann will wieder jeder unschuldig gewesen sein und keiner versteht, wie man sich so provoziert fühlen kann, dass man so austickt. Das ist für mich ein klassischer Fall von nicht zu Ende gedacht.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich kann so etwas auch nicht verstehen, dass man sich darüber freuen kann, dass man jemanden so sehr provoziert hat, dass dieser mit einem Teller geworfen hat. Ich denke auch, dass man sich dann sowieso nicht mehr freut, wenn man selber die Zielscheibe des Tellers ist. Aber auch allgemein bin ich nicht streitlustig und kann es nicht verstehen, wie man sich darüber freuen kann, dass jemand anders die Beherrschung verliert.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Man muss schon einiges machen, dass jemand so sauer wird das er einen Teller an die Wand wirft. Wenn man sich dann aufgrund dieser Provokation noch so darüber freut, wenn der Teller zerschmettert wird, kann das Verhalten des Geärgerten auch schnell mal in Wut gegenüber der Person umschwenken, die ihn geärgert hat. Ich kann so ein Verhalten nicht nachvollziehen, sehe selbiges Verhalten aber auch ab und zu mal bei meiner Mutter.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Wenn ich mitbekomme, dass sich jemand Fremdes unbeherrscht aufführt, neige ich eher dazu mich fremdzuschämen, wie es so schön heißt. Ich finde es einfach peinlich, wenn man sich einerseits für wunder wie zivilisiert hält, sich aber dann doch aufführt wie ein Affenmensch oder ein Dreijähriger, dem man das Spielzeug wegnimmt. Für Dreijährige habe ich noch Verständnis.

Auch von Provokationen halte ich nicht viel, da es in meinen Augen je nach Situation zumindest feige ist, jemanden hämisch anzustacheln, bis ihm die Hutschnur platzt und dann entweder zu schreien, wie gemein man doch sei, oder herablassend zu verkünden, dass man doch bitte an seiner Konfliktfähigkeit arbeiten müsse. Manche Leute treiben es hier sogar so weit, dass ich mich frage, ob diese Zeitgenossen denn gar keinen Überlebensinstinkt besitzen.

Daher ist es mir schwerpunktmäßig peinlich, wenn sich jemand nicht beherrschen kann, aber ich würde auch niemanden provozieren, bis er explodiert, weil ich ja auch nicht möchte, dass man das mit mir macht. Eine Ausnahme muss ich jedoch eingestehen: Vor ein paar Jobs hatte ich eine Arbeitskollegin, die ebenso cholerisch wie unfähig war und emsig dabei, sich durch Inkompetenz, Aufsässigkeit und regelmäßige Temperamentsausbrüche ihr eigenes Grab zu schaufeln. Dabei habe ich ganz gern aus der Entfernung zugesehen, schließlich brachte jeder Wutanfall die von mir ersehnte Kündigung näher. Aber auch hier habe ich mich nicht wirklich "gefreut", da mir eine ruhige Arbeitsatmosphäre wichtig ist und ich sowieso nicht der Typ bin, der sich an anderer Leute Emotionen ergötzt.

» Gerbera » Beiträge: 11315 » Talkpoints: 48,61 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ramones hat geschrieben:Man muss schon einiges machen, dass jemand so sauer wird das er einen Teller an die Wand wirft. Wenn man sich dann aufgrund dieser Provokation noch so darüber freut, wenn der Teller zerschmettert wird, kann das Verhalten des Geärgerten auch schnell mal in Wut gegenüber der Person umschwenken, die ihn geärgert hat. Ich kann so ein Verhalten nicht nachvollziehen, sehe selbiges Verhalten aber auch ab und zu mal bei meiner Mutter.

Ach muss man das? Das kann ich so nicht unterschreiben, bei manche reichen schon kleine Dinge aus damit diese so ausrasten und dann das Geschirr um sich werfen oder auch direkt handgreiflich werden. Da kann man vom einen nicht auf den anderen schließen und behaupten, dass es einiges dazu braucht bis jemand so ausrastet.

Für Außenstehende ist das nicht selten ein Grund zum gaffen und sich auch zum amüsieren. Aber nur solange, bis sie selbst mit einbezogen werden oder etwas abbekommen. Fremdschämen ist der perfekte Begriff dafür, den Gerbera hier eingebracht hat. Daran erfreuen sich viele, schwenkt dann in das Fremdschämen um und man sagt sich, "danke das ich nicht so bin und nicht daran beteiligt". Aber das klappt auch nur solange es Leute gibt die soweit provozieren und andere die sich soweit provozieren lassen und die Beherrschung verlieren.

Bosheit und Sadismus ist es nicht wenn jemand komplett ausflippt nachdem er provoziert worden ist. Man wird einfach in eine Ecke getrieben und das ist dann die Flucht nach vorne. Stelle dir das vor, du bist ein armes kleines Reh und vor dir eine Meute Wölfe die dich gerade fressen wollen. Du stehst in der Ecke, kein anderer Fluchtweg vorhanden außer nach vorne auf das Rudel Wölfe zu. Leise und lieb vorbei schleichen wird nicht klappen, aber mit Aggression könnte es klappen. Sozusagen ist das ein Urtrieb der in jedem Tier und auch im Menschen vorhanden ist, beim einen ist dieser stärker ausgeprägt beim anderen weniger und diese lassen sich dann auch mehr gefallen. Aber irgendwann bringt man mit den richtigen Dingen jeden soweit.

Ich kann es schon verstehen wie jemand daran gefallen hat jemanden soweit zu provozieren. Gerade wenn das Verhältnis nicht das beste ist und man keine Gelegenheit auslässt um dem anderen eines hinein zu drücken. Die Großmutter meines Ex Partners ist dabei kein Stück besser, seit sie im Heim ist garstet sie jeden an und sieht es als ein Hobby andere zu provozieren bis sie ausflippen oder auch weggehen. Ansonsten hat sie dort nur langweile und das bring "ein wenig Leben in die Bude" wie sie so schön sagt. Aber eigentlich ist das eine nette Frau wenn man sie näher kennt, die halt ihre Eigenheiten und Marotten hat. Nur damit kommt halt nicht jeder zurecht was dann auch schon eine Grundlage liefert.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Ich denke, dass kommt immer auf die Personen an und wie leicht sich jemand eben provozieren lässt. Ich würde eher irgendwann aufstehen und gehen, wenn mich jemand die ganze Zeit provoziert, als etwas gegen die Wand zu werfen.

Allerdings kann ich auch nicht verstehen, wie jemand Spaß daran finden kann, andere bis zur Weißglut zu treiben. Ich denke, dass das vielleicht gerne bei einem Menschen gemacht wird, der sich schnell und leicht provozieren lässt oder bei dem man vielleicht auch weiß, dass er dann so zornig wird, dass dann schon mal Gegenstände fliegen. Ich finde das doch extrem unsympathisch und kenne zum Glück niemanden, der ständig und immer provozieren muss.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich frage mich eher, was bei solchen Menschen falsch gelaufen ist, dass diese meinen, unbedingt ihre "Macht" demonstrieren zu müssen in dem sie andere Menschen regelmäßig auf die Palme bringen. Das hat ja schon was von Kontrolle und es wirkt auf mich so, als müssten die Stänkerer sich selbst regelmäßig noch beweisen, dass sie die Menschen noch lenken können wie Marionetten und das finde ich traurig. Davon wird das Leben doch nicht besser oder weniger langweilig, nur weil man andere Menschen ständig bis zur Weißglut reizt. Jedenfalls würde es mir so gehen, aber es muss ja nicht jeder so denken wie ich.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


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