Sich bei anderen über Sachen beschweren, die man selbst tut?

vom 05.06.2016, 17:27 Uhr

Ich habe kürzlich ein Referat einer Kommilitonin gehört, wobei ein anderer Kommilitone mittendrin einen Einwand gebracht hatte, ohne sich allerdings zu melden. Die Kommilitonin reagierte recht sauer und meinte, dass sie zuerst selbst ausreden und das Referat zu Ende halten wolle. Einwände und Fragen könne man dann am Ende stellen.

Der gesamte Kurs musste dann grinsen, weil gerade die Kommilitonin ständig reinruft, wenn jemand anderes ein Referat hält. Sie stellt dann immer mittendrin Fragen oder hat Einwände, die durchaus berechtigt sind, wobei da noch nie jemand etwas dagegen gesagt hat.

Es ist bei uns auch mehr oder weniger normal, dass Referate eigentlich immer auch eine offene Diskussionsrunde darstellen, so dass man durchaus etwas mitten drin einwenden kann. Merkwürdig war es eben nur, dass die Kommilitonin das selbst immer so macht, sich aber beschwerte, wenn das jemand bei ihr gemacht hat.

Beschwert ihr euch auch manchmal bei anderen Personen über Sachen, die euch stören, die ihr aber selbst doch immer wieder tut, auch wenn das völlig widersprüchlich ist? Über was beschwert ihr euch gerne, was ihr aber auch selbst so macht?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Es gab doch mal diesen Spruch, dass man immer mit Adleraugen die Fehler der anderen sehen würde und mit Maulwurfsaugen seine eigenen. Ich denke, dass an diesem Spruch durchaus was dran ist, so weit von der Realität ist das ja nicht meiner Ansicht nach.

Ich habe auch schon häufiger beobachten können, dass manche Menschen genau das genau so tun, was sie bei anderen Personen dann kritisieren würden. Ich gebe aber ehrlich zu, dass ich dann so unverschämt bin und diesen Menschen einen Spiegel vorhalte und sie dann damit konfrontiere. :lol:

Ich selbst habe überhaupt kein Problem damit, wenn man mich dann mit solchen Wahrheiten konfrontieren würde. Mein Freund hat mir schon so manches Mal den Spiegel vorgehalten, sodass ich feststellen musste, dass ich Details an anderen kritisiere, die ich aber unbewusst genauso mache.

Das gibt mir aber die Chance, mein Verhalten zu verbessern und es sein zu lassen. Denn genau genommen ist es doch ziemlich verlogen und heuchlerisch, wenn man von anderen erwartet, gewisse Verhaltensweisen aufzugeben, wenn man das selbst nicht kann oder will.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Meines Wissens ist es in der Psychologie schon lange bekannt, dass Menschen in ihrer Unvollkommenheit dazu neigen, Dinge an anderen zu kritisieren, die sie eigentlich an sich selbst nicht mögen. Nagelt mich nicht fest, aber ich glaube, das nennt man Projektion. Viele Menschen tun sich schwer damit, ihre Macken und Eigenheiten an sich zu akzeptieren und neigen daher dazu, sie anderen in die Schuhe zu schieben.

Dann ist man ja selber nicht mehr der oder die "Böse", sondern die anderen (Patienten, Gäste, Verkehrsteilnehmer) stellen sich an wie die Axt im Walde. Projizierte Eigenschaften erkennt man auch daran, dass man sich übermäßig über sie aufregt und sie einem scheinbar an jeder Ecke begegnen. Hier scheint es sich um einen klassischen Fall zu handeln.

Ich selber ertappe mich beispielsweise auch oft dabei, dass ich unmäßig ärgerlich werde, wenn man mich nicht ausreden lässt, aber selber kein Problem damit habe, andere Leute zu unterbrechen. Eine Arbeitskollegin wiederum, hat mir mehr als einmal zu verstehen gegeben, dass sie mich für arrogant, unbeliebt und unfähig hält. Bis man sie wegen mangelnder Teamfähigkeit und fehlender Leistung gefeuert hat. In diesem Fall war der Mangel an Selbsterkenntnis natürlich schon krankhaft, aber zu einem gewissen Grad sind wohl die meisten Menschen Opfer dieser Selbsttäuschung.

» Gerbera » Beiträge: 11315 » Talkpoints: 48,61 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Gerbera und Täubchen haben eigentlich schon alles gesagt was es dazu zu sagen gibt. Man nimmt andere Fehler von anderen deutlich bewusster wahr als die eigenen, da es zu einem selbst gehört und man sich auch selbst dauerhaft auf der Pelle hat, dass es "normal" ist und dort schon ausgeblendet wird. Daher ist es auch oftmals nicht bewusst oder in böser Absicht, wenn man selbst diesen Fehler begeht aber es anderen zum Vorwurf macht.

Ich mag auch keine anderen Autofahrer die fahren als wenn sie alleine sind auf der Straße und auf nichts und niemanden Rücksicht nehmen. Aber ich weiß auch, dass ich an manchen Tagen kein Stück besser bin und nicht nur ich die anderen als Penner und Idioten bezeichne, sondern die anderen auch mich. Diese Erkenntnis ist mir bewusst, verdränge ich aber auch hin und wieder mal und halte mich dann auch für den Gott des Straßenverkehrs, muss alles kommentieren und spare dabei auch nicht mit den Beleidigungen für die anderen für ihr Verhalten.

Ansonsten bemühe ich mich schon, meine Macken und Eigenheiten soweit unter Kontrolle zu halten damit ich es anderen nicht gleich tue. Ebenfalls gehe ich mit mir selbst sehr kritisch um, sprich ich quatsche nicht einfach anderen dazwischen und bemühe mich damit es nicht passiert, aber das erwarte ich auch von anderen. Gibt es dort keine Anstrengungen dazu, dann gibt es auch das Donnerwetter dafür und gerade bei solchen Resistenten Leuten passiert es mir im Anschluss unbewusst auch häufiger, dass ich es ihnen gleich tue und dann dazwischen rede, einfach weil sie es bei mir auch machen. Das fällt mir manchmal dann auch im ersten Moment gar nicht auf.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



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