Netzwerken als unseriös empfinden?
Mir ist das Netzwerken sehr wichtig und ich betreibe es auch schon seit Studienzeiten. Gerade in meiner Branche ist es sehr wichtig, dass man da am Ball bleibt, weil davon eben auch die Karriere abhängt. Aus diesem Grund bin ich bei diversen Arbeitskreisen und Vereinen engagiert, wo ich mich eben mit Gleichgesinnten austausche und so seit Jahren in Kontakt bleibe.
Es finden auch regelmäßig Treffen statt und man trifft sich zu Fortbildungen und Workshops. Da die Teilnehmer in ganz Deutschland und teilweise auch in der Schweiz oder Österreich verteilt leben, ist es dann zwangsläufig so, dass manche für Treffen eben weiter anreisen müssen als andere, sodass die Treffen meist mehrere Tage gehen und man sich vor Ort in einem Hotel eincheckt. Ich finde das sehr angenehm so, aber denn so muss man nicht hektisch nach dem Abendessen zur Bahn rennen, sondern hat Zeit, bis tief in die Nacht Kontakte zu knüpfen und kann alles in Ruhe hegen und pflegen.
Mein Freund kritisierte diese treffen auch schon und er meinte, auf ihn würde das Netzwerken ziemlich unseriös wirken. Es käme ihm so vor, als ob man permanent Geld dafür bezahlen müsste (siehe Unterkunft und Verpflegung) und man hätte da ja keinen direkten Nutzen von. Seiner Meinung nach würde ich nur Zeit und Geld verschwenden, die ich anderswo sinnvoller einsetzen könnte. Wie seht ihr das? Empfindet ihr Netzwerken auch als unseriös oder könnt ihr ihn so gar nicht verstehen?
Ich habe im Studium und auch danach viel auf Netzwerke gesetzt, war in einer studentischen Unternehmensberatung, im Studentenrat, bei noch zwei anderen Hochschulgruppen, eine davon war so wirtschaftlich orientiert, wo man auch mit Unternehmen zusammengearbeitet hat und ich war später in einer Partei. Genutzt hat es mir nie etwas.
In der studentischen Unternehmensberatung habe ich zunächst nur interne Aufgaben bekommen, dann sollte es mal ein Beratungsprojekt mit einem Unternehmen geben, das fiel aber aus und dann durfte ich nur bei einem internen Projekt mitwirken, wo man also was für die Beratung selbst macht und nicht mit einem anderen Unternehmen und demzufolge auch kein Geld dafür bekommt. Das war aber auch eher so alibimäßig, damit man überhaupt was macht.
Und genauso war es bei den anderen Hochschulgruppen. Ich hatte da so gewisse Aufgaben, habe diese auch erfüllt. Aber rückblickend betrachtet hatte ich gar nichts davon. Es war absolut sinnlos und hat für mich keinen weitergehenden Nutzen gehabt. Heute tut es mir leid um die vergeudete Zeit.
Die Partei hat mir erst recht nichts genutzt. Ich hatte zwar interne Ämter, aber als ich mal für einen Posten im Ortsbeirat kandidieren wollte, hat sich der Rest des regionalen Vorstands zusammengerottet und gegen mich gestimmt. Die haben dann einen Kandidaten genommen, der erst seit kurzem dabei war, aber persönlicher Freund des Vorsitzenden. Danach bin ich ausgetreten.
Mich hat das dermaßen geärgert. Ich habe immer so viel für die gemacht, habe Texte geschrieben, Flyer gestaltet, stand an Wahlkampfständen herum, habe bei Veranstaltungen geholfen. Nachher bekommt man keinen Dank dafür. Das ist alles so eine falsche Brut gewesen.
Zudem bin ich noch in einer Studentenverbindung. Ich dachte damals gegen Ende meines Studiums, dass mir das vielleicht mal was nützen könnte. Aber das war dann eine Verbindung, die intern etwas zerstritten war und zunächst lief es da gut und ich fühlte mich wohl, irgendwann geriet ich in diese Zankereien hinein und inzwischen habe ich schon seit Jahren keinen persönlichen Kontakt mehr zu denen, stehe aber noch offiziell in der Mitgliederliste.
All diese Versuche, Netzwerkarbeit zu leisten, waren für umsonst. Ich hab viel Zeit bei irgendwelchen langweiligen Sitzungen vergeudet. In der Zeit hätte ich auch was machen können, was mir mehr Spaß bereitet. Ich habe für die viele Aufgaben übernommen und mich engagiert. Dank hat man nie erhalten. Und es hat mir auch keine tollen Kontakte beschert. Eigentlich bereue ich es, dass ich das gemacht habe. Kontakte habe ich darüber auch keine mehr. Das einzige Praktische ist eben, dass die studentische Unternehmensberatung ich gut im Lebenslauf gemacht hat und ich manchmal auf die Verbindung angesprochen werde. Aber nur deswegen habe ich auch keinen Job erhalten.
Ich würde das heute nie mehr machen, dass ich irgendeinem Verein beitrete oder mich bei irgendwas engagiere. Insofern empfinde ich Netzwerken zwar nicht als unseriös, aber in meinem Fall als Zeitverschwendung. Ich habe davon nie beruflich profitiert, ich denke auch, das wird nie der Fall sein und ich merke mir für die Zukunft, dass ich es gar nicht erst versuchen brauche.
Als unseriös würde ich es nicht bezeichnen, aber die Frage muss man sich schon stellen, ob man jemals das was man eingebracht hat auch wieder zurück bekommt? Gerade im Bezug auf die Zeit, Leidenschaft und Geld die man investiert rechnet sich das ganze nur kaum.
Früher habe ich das durchaus gemacht, war in mehreren Vereinen aktiv, habe in Fachabteilungen mitgearbeitet und in meiner Freizeit noch Artikel geschrieben die am Ende veröffentlicht worden sind in Fachzeitungen. Wirklich gebracht hat mir das rein gar nichts, ich habe mehr Geld hineingesteckt, Zeit ebenfalls und am Ende kam nichts dabei heraus.
Als ich aufgehört habe, gab es einen feuchten Händedruck, eine Dankeskarte und das war es auch schon. Wirkliche Vorteile konnte ich dadurch nicht erlangen da direkt jemand anderes an meine Position nachgerückt ist. Würde ich dort heute aufschlagen oder anrufen würde nur die Frage kommen "Wer sind Sie denn überhaupt?". Die wenigsten werden sich daran erinnern oder wollen sich erinnern, da ich ihnen keinen Vorteil einbringen kann.
Daher beschränke ich das nun auf Themen, die mich auch wirklich interessieren und nicht nur auf was mich weiter bringen könnte. Sicherlich stecke ich dort auch Zeit in die Sitzungen, trage Geld in die Hotels wenn wieder eine größere Verhandlungsrunde ansteht, aber ich mache das nicht für meinen Vorteil den ich daraus ziehen will irgendwann einmal. Denn das ist einfach nur eine wage These wenn man sich auf so etwas verlässt und seine komplette Leidenschaft hineinsteckt und am Ende enttäuscht wird wie die Realität aussieht.
Mir geht es dabei wie Zitronengras und ich denke andere werden auch die gleiche Erfahrung gesammelt haben und haben sich im Vorfeld etwas anderes davon versprochen. Etwas machen ist gut und schön, aber nicht aus den falschen Motivationsgründen heraus alles um jeden Preis investieren für Kontakte die einem jetzt noch Wertvoll erscheinen aber im Endeffekt wenn es darauf ankommt nicht vorhanden sind.
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