Bevorzugung von Migranten Diskriminierung für andere?

vom 23.10.2016, 15:10 Uhr

Bei uns auf Arbeit planen wir im Moment ein neues Projekt, das im Frühjahr gestartet werden soll und wir haben gerade alle Hände voll zu tun mit der Planung und Vorbereitung. Meine Chefin sieht es als vorteilhaft an, wenn wir noch eine Person einstellen, die einen türkischen Migrationshintergrund hat und möchte auch noch eine Person mit russischem Migrationshintergrund einstellen. Sie verspricht sich dadurch Vorteile, weil das Projekt sich auch auf diese Migrantengruppen aller Wahrscheinlichkeit nach beziehen wird und es daher schon wichtig ist, zu erfahren, wie man in diesem Kulturkreis tickt und denkt. Mit "Insidern" verspricht sie sich Antworten, auf die sie als Außenstehende sonst nicht gekommen wäre.

Ich finde es prinzipiell gut, wenn man eben auch Insider einbezieht, nur frage ich mich eben, inwiefern diese Praxis mit dem Grundgesetz vereinbar wäre. Denn niemand soll ja wegen seiner Herkunft, Rasse, Religion oder aus sonstigen Gründen diskriminiert werden und wäre es nicht eine Diskriminierung von Einheimischen ohne Migrationshintergrund, wenn diese wegen ihrer Herkunft nicht eingestellt werden sollen? Wie seht ihr das? Wäre eine Bevorzugung von Migranten eine Diskriminierung für Einheimische ohne Migrationshintergrund? Wäre das nicht ein Verstoß gegen das Grundgesetz und würdet ihr dagegen klagen, wenn euch ein Job so noch zu Gute kommen würde trotz möglicherweise gleicher Qualifikation?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Hier würde ich keine Diskriminierung sehen, weil ja nicht Gruppen ausgeschlossen werden, sondern gerade eine Minderheit gesucht wird. Diskriminierung würde es dann sein, wenn z.B. Italiener explizit ausgeschlossen werden würden. Wenn sich aber jemand mit italienischem Pass aber mit türkischem Hintergrund bewerben würde, dann würde in dem von dir beschriebenen Fall kaum eine Ablehnung auf Grund der Staatsangehörigkeit drohen.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich finde schon, dass hier Gruppen ausgeschlossen werden und es sich somit um Diskriminierung handelt. Es wird nur nicht so wahrgenommen, weil eine sehr große Gruppe ausgeschlossen wird, die eigentlich in der Mehrheit ist.

Diese Form der Diskriminierung liegt übrigens in vielen Bereichen vor, wenn man es sich mal genauer anschaut. In italienischen Restaurants bedienen auch immer nur Kellner mit italienischen Wurzeln. Vor allem, weil das von den Gästen auch so gewollt wird. Wer will im "Albertos" schon von Thomas Müller bedient werden?

Andererseits sind der türkische, beziehungsweise russische Hintergrund in dem Fall hier ja irgendwie so etwas wie Qualifikationen. Es reicht ja nicht, wenn der Bewerber beispielsweise zwar einen türkischen Hintergrund hat, aber im Alter von zwei Jahren von einem deutschen Ehepaar adoptiert wurde und somit überhaupt keinen Bezug zur türkischen Kultur hat. Er muss schon Wissen und Kenntnisse mitbringen. Ich nehme an, wenn ein Deutscher dieses Hintergrundwissen und die übrigen Qualifikationen für den Job hätte, hätte er genauso eine Chance.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Diskriminierung bezieht sich niemals nur darauf, das eine Minderheit ausgeschlossen wird oder werden könnte. Diskriminierung liegt immer dann vor, wenn man eben bestimmte Gruppen von Menschen von vornherein ausschließt und dabei ist die Größe der Gruppen nicht von Bedeutung.

Wenn also die Chefin ganz klar sagt, der neue Mitarbeiter muss türkisch stämmig oder russisch stämmig sein, dann wäre das eine Diskriminierung von allen anderen Nationalitäten und mit dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz nicht vereinbar. Wenn jedoch offen bleibt, das auch andere Nationen mit entsprechendem Hintergrundwissen also mit der entsprechenden Qualifikation auch für diese Position geeignet sind.

Zum Beispiel, weil sie in einer ähnlichen Position schon erfolgreich tätig waren oder anderweitig die Qualifikation nachweisen können, dann handelt es sich nicht mehr um Diskriminierung, weil es damit auf die Qualifikation ankommt, die sich im Endeffekt jeder aneignen könnte.

» StarChild » Beiträge: 1405 » Talkpoints: 36,05 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich denke auch, dass hier bereits eine Diskriminierung vorliegt. Denn es werden von Anfang an Menschen ausgeschlossen, die ggf. auch das Insiderwissen mitbringen aber nicht der gewünschten Nationalität entsprechen. Denn es gibt auch genug Deutsche, die lange in Russland gelebt und gearbeitet haben, wie auch in der Türkei, dass diese ebenfalls dazu beitragen könnten zum Projekt.

Nur weil einer auch Russe und Türke ist, heißt es doch nicht automatisch das dieser damit wertvollere Informationen einbringen könnte, als jemand der eine andere Nationalität hat und dort auch gewohnt und gearbeitet hat oder anderweitig sein Wissen bezogen. Ich finde das schon sehr kurzfristig gedacht von deiner Chefin.

Wie so in der kompletten Arbeitswelt ist die Diskriminierung dort auch an erster Stelle, wenn nicht immer so offensichtlich. Das fängt schon damit an, dass man ein bestimmtes Geschlecht nur haben will, dann muss das Aussehen noch passen und am besten noch weitere Faktoren wie der Name usw. Qualifikationen alleine zählen dort nichts, es muss immer alles genau dem gewünschten entsprechen und tut es das nicht, dann hat man von Anfang an wenig bis keine Chancen auf eine Stelle.

Solange dort aber auch niemand den Mut hat aufzustehen und das anzusprechen wird sich daran nichts ändern. Vereinbar ist das mit dem Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsgesetz jedenfalls nicht, aber solang keiner etwas sagt hackt die Krähe dem Huhn auch nicht das Auge aus und es wird weiter praktiziert. Wie ich dich verstanden habe ist das auch das erste seiner Art, und es werden weitere Folgen wo dann wieder bestimmte Gruppen von vorne herein ausgeschlossen werden.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Natürlich handelt es sich hier um Diskriminierung. Schließlich geht es bei dem Begriff an sich nicht darum, ob immer die gleichen Randgruppen diskriminiert werden, oder auch mal die sowieso schon oft privilegierte Mehrheit. Ich verstehe auch gar nicht, wieso man bei der Vorstellung, bei Jobangeboten herrschen Vorurteile und Diskriminierung, immer gleich große Augen kriegt. Das ist doch ein offenes Geheimnis, oder irre ich mich da?

Wenn bei der Jobvergabe wirklich Gleichberechtigung herrschen würde, gäbe es ja eigentlich keinen Grund, von Bewerbern beispielsweise ein Foto oder die Angabe von persönlichen Daten wie dem Familienstand zu erwarten. Objektiv gesehen hängt ja meine Fähigkeit, einen LKW zu fahren, eine Wand zu weißeln oder Kinder zu unterrichten nicht mit meiner Hautfarbe zusammen oder mit der Frage, ob ich verheiratet oder geschieden bin. Dennoch halten sich die meisten BewerberInnen brav an diese Vorgaben, da sie in der Regel nicht nur deswegen Arbeit suchen, weil das Nachmittags-TV-Programm so übel ist.

Oder ein weiteres fiktives Beispiel: Was ist, wenn es sich um eine "repräsentative" Aufgabe mit viel Kundenkontakt handelt, und es bewirbt sich ein attraktiver, gut gekleideter und top gestylter Mensch parallel zu einer durchschnittlich aussehenden Person, die sich vielleicht keinen Maßanzug leisten kann oder eine Allergie gegen Make-Up hat? Dann wird wohl auch kaum jemand wirklich darauf achten, dass Person B eine Fremdsprache mehr spricht oder was auch immer. Und ähnlich läuft es bei Kündigungen.

Das Problem ist nur oft, dass die Bewerber und Arbeitnehmer sich diese Diskriminierungen eben gefallen lassen müssen, weil sie auf einen Job dringend angewiesen sind und nicht als Protestaktion beispielsweise nur anonyme Bewerbungen verschicken können, während der Arbeitgeber normalerweise (Fachkräftemangel hin oder her) schon einen Dummen findet.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Denn niemand soll ja wegen seiner Herkunft, Rasse, Religion oder aus sonstigen Gründen diskriminiert werden und wäre es nicht eine Diskriminierung von Einheimischen ohne Migrationshintergrund, wenn diese wegen ihrer Herkunft nicht eingestellt werden sollen?

Nein ist es nicht, weil die Migranten einfach eine bessere Qualifikation haben. Sie bringen meist Sprachkenntnisse mit und haben Erfahrungen mit "ihrer" Kultur. Das allein reicht schon, dass keine kleine Qualifikation vorliegt.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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