Verspürt Ihr einen demografischen Wandel und wodurch?

vom 04.10.2012, 16:28 Uhr

Je ländlicher mal lebt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es einen sogenannten demografischen Wandel gibt. Auch bei uns in der Region ist dieser demografische Wandel immer mal wieder zu verspüren. In einigen Bereichen tut man sich schwer, Nachwuchs zu finden, sodass in Nachbarkreisen es Prämien für Medizinstudenten gibt, die sich dann verpflichten, für eine Zeit dort niederzulassen. Wohnungen stehen leer, Häuser verfallen, Stellen werden abgebaut und kleinere Geschäfte schließen.

Aber ist all dies schon ein ausreichendes Anzeichen für einen demografischen Wandel? Findet dieser demografische Wandel auch bei Euch statt und wodurch verspürt Ihr diesen? Kann man einen demografischen Wandel aufhalten? Wird es einen Rückgang eines demografischen Wandels geben? Werden dadurch ganze Landstriche aussterben?

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



In meinem privaten Umfeld merke ich davon recht wenig bis nichts, außer vielleicht, dass es in meinem Freundeskreis viel weniger junge Familien mit Kindern gibt und dass die Frauen, die doch Kinder bekommen, dies später tun als es die Frauen aus der Generation meiner Mutter getan haben. Meist ist es ihnen wichtiger im Berufsleben Fuß zu fassen oder zu bleiben als eine Familie zu gründen. Da ich aber eben nun einmal in dieser Generation aufwuchs kann ich das nur aus den Erzählungen älterer Personen schließen, ich habe ja selbst nie etwas anderes erlebt. Trotzdem ist man sich dieser Entwicklung stets sehr bewusst. Die meisten meiner Freunde haben zum Beispiel noch eine private Rentenversicherung abgeschlossen, da sie Angst haben, dass sie im Alter nur mit Hilfe der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ausreichend versorgt sein werden. Würde eine starke junge Generation nachkommen, dann wäre diese Furcht wahrscheinlich nicht so ausgeprägt.

» nafti » Beiträge: 425 » Talkpoints: 13,52 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Der sogenannte demografische Wandel ist ein Phänomen, das nicht nur sporadisch mal hier, mal da auffällt oder Probleme macht, sondern eine Entwicklung, die das ganze Land betrifft. Ganz banal gesagt ändert sich eben die Zusammensetzung der Bevölkerung, was im Fall von Deutschland, ebenfalls grob vereinfacht, bedeutet, dass die Leute immer älter werden und immer weniger Kinder nachkommen.

Langfristig bedeutet dies natürlich einen Bevölkerungsrückgang, aber dass ganze Landstriche veröden, glaube ich wiederum nicht. Es wandern ja schließlich auch immer Leute ein, was natürlich auch einen Teilaspekt des demographischen Wandels darstellt, und nicht jedem besorgten Bürger gleichermaßen zusagt. Von Versuchen, den demografischen Wandel aufzuhalten, halte ich ebenfalls nicht viel, da man die Bevölkerung ja schlecht von Staats wegen zum Kinderkriegen verdonnern kann, und glücklicherweise die Frauen bei uns durchaus ein gewisses Mitbestimmungsrecht über ihren Körper haben, welches den Damen in anderen Ländern völlig abgeht. Dann gibt es eben weniger Deutsche, na und?

In meinem Alltag merke ich natürlich, dass man auf der Straße mehr Rentner als junge Familien sieht, aber da ich in einer sehr reichen und wirtschaftlich starken Gegend lebe, ziehen genug Leute her, sodass die Bevölkerung eher wächst, und auch die Kinderbetreuung eher ausgeweitet werden muss, als dass man Schulen schließen müsste oder ähnliches.

Das Angebot für Senioren wird jedoch merklich ausgebaut, sowohl was die Pflege angeht als auch die Freizeit- und Mobilitätsangebote, da viele Leute ja auch im Alter mittlerweile noch fit sind. Das halte ich auch für eine sinnvolle Entwicklung, da sich der Trend in der Altersstruktur wohl fortsetzen wird. Aber in irgendeiner Form beeinträchtigt fühle ich mich durch den demographischen Wandel eigentlich nicht.

» Gerbera » Beiträge: 11315 » Talkpoints: 48,61 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich wüsste jetzt nicht, warum das ausgerechnet nur die ländlichen Räume betreffen sollte. Mir ist auch schon in Städten aufgefallen, dass zum Teil Schulen oder Kitas geschlossen wurden, weil sich eine Betreibung irgendwann einfach nicht mehr lohnte. Ich glaube genauso wenig wie Gerbera, dass man durch den demographischen Wandel plötzlich Kilometerweite, menschenleere "Geisterstädte" vorfinden wird. Das ist doch übertrieben.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich sehe das ebenfalls egal ob auf dem Land oder in der Stadt. Wer nur meint, dass die Arztpraxen auf dem Land geschlossen werden und in der Stadt alles toll ist der irrt sich. Alleine in den letzten beiden Jahren haben hier mehrere Fachärzte ihre Praxis komplett geschlossen, da sich auch hier kein Nachfolger dafür interessiert hat. Von anfänglich 25 Kinderärzten haben wir hier im Umkreis nur noch 11 Stück und das alles binnen 5 Jahren. Das wird auch noch weiter gehen, denn die nächsten Kinderärzte stehen kurz vor der Rente und auch dort wird es wohl schwierig werden, dass sich jemand für deren Praxis interessiert.

Schulen ist doch auch das gleiche. Hier wurde in diesem Jahr eine Gewerbeschule komplett geschlossen, da die notwendige Schüleranzahl von 1200 schon lange nicht mehr erreicht wird. Laut Zeitung waren es zuletzt nur noch 200 und diese dürfen nun halt 80 Kilometer weit fahren um auf eine andere Gewerbeschule zu gehen die noch genug Schüler hat. Krippen werden hier nicht geschlossen, kommen aber auch zu langsam nach und auf einen Platz wartet man hier ebenfalls lange und bekommt teilweise noch nicht einmal einen, obwohl der Rechtsanspruch darauf besteht.

Auch sonst merkt man es, dass immer weniger junge nachkommen und die Bevölkerung immer älter wird. Merkt man am Gehalt, denn die Krankenkassenbeiträge steigen weil es immer mehr alte Patienten gibt die die Kassen leeren mit ihren Behandlungen. Dazu noch die Renten die auch immer wieder etwas steigen aber auch finanziert werden müssen von weniger Nachkommen die gerade einzahlen. Folglich werden immer mehr Abgaben geleistet und das wird auch in den kommenden Jahren nicht besser werden sondern noch zunehmen. Also wer nicht ganz blind und ignorant durch das Leben geht, der bekommt das eigentlich an jeder Ecke mit.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Mir ist der demographische Wandel schon anhand von zwei Themenschwerpunkten aufgefallen: Zum einen, wenn es um die Kinder und den Nachwuchs geht, zum anderen, wenn es um das Verhältnis von Inländern und Ausländern bzw. Migranten geht. So wohnen in der Straße, wo ich meine Grundschulzeit verbracht habe, wohl nur noch Ausländer. Ich kann mich aus dieser Zeit selbst noch an keine einzige ausländische Familie erinnern. Und dort, wo ich meine Jugendzeit verbracht habe, liegt der Ausländeranteil heute bei bis zu siebzig Prozent. Damals waren es noch eine Handvoll Familien, die prozentual unter zehn Prozent ausmachten.

Wenn man sich diese Straße heute anguckt, sieht es aus wie im Orient, man sieht eigentlich so gut wie gar keine Deutschen mehr und hört auch mehr Arabisch als Deutsch. Bzw. fällt es schon auf, wenn dort mal nicht ausländisch gesprochen wird. Und wenn ich extrapoliere, dass es sich hier um einen kleinen Ort mit mehreren Tausend Einwohnern handelt, frage ich mich, wie dieser Wandel in den Metropolen über die Jahrzehnte ausgesehen mag.

In meiner eigenen Schulzeit hatte ich einen türkischen Jungen in meiner Klasse, heute sind es an dieser Schule fünfzig Prozent mit Migrationsanteil. Aber ungeachtet dessen wurde die Schule aufgrund von Schülermangel mit einer anderen Schule zusammengelegt. Wenn man bedenkt, dass diese Schule heute eigentlich 120 Jahre alt wäre und eine lange Tradition hat, ist das schon erschreckend. Genauso wurde meine alte Schule, wo ich in der fünften und sechsten Klasse war, ersatzlos gestrichen, einige Grundschulen wurden zusammengelegt und die Kinder haben in dem Alter schon sehr lange Anfahrtswege.

Ich glaube schon, dass es in Zukunft weite Landstriche gibt, die zunehmend veröden, im Osten kann man das sehr gut sehen. Wenn man sich die Bevölkerungsstatistiken der kleinen Orte mal ansieht, erkennt man, dass die Einwohnerzahlen dort fast kontinuierlich schrumpfen. Wer kann, zieht weg, weil es einfach zu wenig oder gar keine Arbeit gibt, vor allem die Akademiker betreiben dort eine regelrechte Landflucht. Das betrifft natürlich auch Teile im Westen wie zum Beispiel Ostfriesland, wo die Jungen mangels Arbeit weggehen, Traditionsbetriebe aussterben und nur noch die Alten zurückbleiben.

Ich kann es nicht belegen, aber ich habe subjektiv das Gefühl, dass der demographische Wandel innerhalb der letzten zwanzig Jahre sehr viel stärker vonstatten geht, als die Jahrzehnte davor.

» Verbena » Beiträge: 4921 » Talkpoints: 0,32 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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