Erinnerung am liebsten aus dem Gedächtnis streichen wollen?

vom 09.10.2016, 21:28 Uhr

Ich habe mich kürzlich mit einer Freundin über verschiedene Themen unterhalten, wobei sie dann irgendwann auch meinte, dass sie eine Erinnerung am liebsten aus dem Gedächtnis streichen würde. Es handelte sich um eine Erinnerung an ein unschönes Erlebnis in der Vergangenheit.

Ich habe darüber nachgedacht, wobei es keine Erinnerungen gibt, die ich unbedingt aus dem Gedächtnis streichen wollen würde. Natürlich lief nicht immer alles toll in meinem Leben und natürlich gab es auch schlimme Sachen, aber alles was ich erlebt habe, hat mich eben geprägt und ich habe Erfahrungen dazugewonnen. Mittlerweile habe ich gelernt, damit umzugehen.

Gibt es Erinnerungen, die ihr am liebsten aus eurem Gedächtnis streichen würdet oder seid ihr zufrieden damit, wie es ist? Immerhin prägen solche Erlebnisse einen ja auch und man gewinnt an Erfahrung dazu.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Wenn ich die Wahl hätte, dann würde ich gerne jede Fetotomie mit ursprünglich noch lebender Frucht vergessen. Das brauche ich nicht zu meinem Glück. Auch Spätkastrationen als letzte Möglichkeit der Fortpflanzungskontrolle sind nicht unbedingt etwas, was ich als wertvolle Erinnerung brauche.

» cooper75 » Beiträge: 13379 » Talkpoints: 509,93 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich stehe eigentlich zu allem was ich erlebt habe. Es ist nun mal so, dass das Leben nicht immer nur schön sein kann und deswegen würde ich auch keine Erinnerung aus meinem Leben streichen wollen. Ich habe das erlebt und meine Schlüsse daraus gezogen, mich weiterentwickelt und bin auch durch jede schlimme Sache stärker oder zu dem geworden, was ich heute bin.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Warum sollte ich eine Erinnerung streichen wollen? Immerhin sind alle Erlebnisse, was ich gemacht, gesagt und getan oder erlebt habe ein Teil von mir und machen mich auch zu dem, was ich heute bin aus. Egal ob das ganze nun schön oder weniger schön war, ich würde keines davon streichen wollen.

Sicherlich gibt es einige die manche Anblicke gerne nicht gesehen hätten oder sich selbst erspart, einfach weil man damit nicht umgehen kann. Aber so schlimm es auch ist, ich würde keines meiner Patientenopfer, egal ob Baby, Kind oder Erwachsener und der Grund warum sie so zugerichtet waren, verstorben sind o.ä. streichen wollen aus meiner Erinnerung. Sicherlich sind das Anblicke die man nicht vergisst und mir heute manchmal noch zu denken geben.

Aber hätte ich es nicht erlebt und gesehen, dann würde ich weiterhin mit verschlossenen Augen durch die Welt gehen. Das ist der eigentliche Grund warum man manches streichen möchte, was man nicht weiß, bewegt einen auch nicht und darüber macht man sich keine Gedanken, obwohl es täglich überall vor kommt. Aber solange man nicht direkt involviert ist, macht man sich darüber keine Gedanken.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Ich stehe nicht zu all dem, was ich erleben musste. Mir ist derart viel Schlechtes widerfahren, dass sogar meine Therapeutin mit dem Kopf schütteln muss. Sie ist erstaunt, so sagt sie, dass ich mir noch nicht selber einen Strick genommen habe. Sie begründet das damit, dass manch andere, die nur einen Bruchteil dessen erleben mussten, wie ich, sich in einer suizidalen Phase befinden, sodass sie erstaunt ist, dass ich so stark bin und noch unter den Lebenden weile.

Ich bin recht kurzfristig in Therapie, um mal meine Kindheit und Jugend zu verarbeiten. Ich merkte schon an, dass ich ein Milieu Kind bin und auch dort beruflich tätig war. Nicht als Pferdchen, sondern als "Stütze", um die Damen da rauszuholen. Drogen, Alkohol und Schläge in der Kindheit sowie einen familiären Missbrauch, sexuell bezogen, ist mir widerfahren.

Ich habe die Therapie aufgesucht, weil ich befürchte meinen Kopf zu verlieren. Das heißt, dass mein Kopf alles gute zwar abspeichert und griffbereit hat, aber ich manchmal die Erinnerungen verliere. Hingegen sind schlechte Dinge sofort griffbereit, können Jahrzehnte entfernt liegen usw. Mein Kopf hat angefangen, weil meine Kindheit & Co so schlecht war, alles nur noch so zu verarbeiten und zu speichern. Ich erinnere mich an Dinge von vor 30 Jahren, als seien sie gestern geschehen.

Meine Therapeutin sagt, dass sind posttraumatische Belastungsstörungen der schwersten Kategorie. Das sind Dinge, die möchte ich vergessen, um meinen Kopf wieder besser regulieren zu können und damit für mich Lappalien vergessen werden können. Doch mein Kopf lässt das in Moment jedenfalls nicht zu.

Da meine Therapeutin eine Freundin von mir ist, kennt sich mich auch so gut, dass mir das alles zumindest einfacher fällt zu sagen. Doch ich kann Euch sagen, den Kopf in puncto negative Gedanken nicht kontrollieren zu können, das ist eine Tortur. Ich weiß wirklich jede Kleinigkeit. Ich weiß sogar noch die Telefonnummern von den Frauen, wo mein Ex mich betrogen hat, obwohl es mir egal ist.

Ich weiß die Tage mit Datum, wann das Jugendamt uns kurzweilig in die Obhutnahme nahm. Ich weiß den Tag sowie das Ende des sexuellen Missbrauchs usw. Ich lebe sehr gut damit, aber mein Kopf eben nicht. Es wäre gelogen zu sagen, ich bin ein gesunder Mensch, aber eben ein normaler. Man merkt mir die schweren Schicksale nicht an, weil sie mich zu der Stärke führten, in der ich bin.

Sich jetzt schwach fühlen zu müssen, weil der Kopf jedoch anderes im Sinn hat, sich alles Böse immer nur noch merkt, die guten Dinge verblassen - das ist schwer für mich. Deswegen wünsche ich mir genau diese bösen Dinge weg. Klingt für Euch sicherlich kindisch, aber damit wäre mein Leben lebenswerter.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


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