Wenn visuelle Reize die Akustischen übertönen

vom 02.07.2011, 23:28 Uhr

Jeder kennt das sicherlich: Der/die Geliebte ist gerade mental in eine Zeitung vertieft, doch man will Ihn/Sie bitten den Müll hinauszubringen oder für die Kinder das Pausenbrot zu schmieren. Doch der Angesprochene reagiert erst bei penetrantestem Nachhaken. Steckt hinter so einem ignoranten Verhalten gar eine böse Absicht? Nicht selten führt eine derart - an sich banale - Auseinandersetzung zu einem handfesten Streit. Psychologen haben im Rahmen eines Experiments nun festgestellt, dass visueller Input mit einer gewissen Informationsdichte die unwillkürliche Verarbeitung emotionaler und akustischer Reize im Gehirn blockieren kann. Unter normalen Umständen induzieren wutgeladene Äußerungen eines Mitmenschen bei dem Gegenüber Alarmbereitschaft. Ist allerdings dessen Gehirn bereits durch optischen Input ausgelastet, hat dieser auch Priorität. In dem besagten Fall gibt es also keinen Grund den Konflikt weiter aufzublasen: Die angesprochene Person hört das Gegenüber einfach nicht.

Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, wurden den Probanden von Psychologen unterschiedliche Begriffe vorgespielt, jeweils mit einer normalen Sprechstimme und in wuterfülltem Ton. Zugleich sahen die Versuchsteilnehmer auf einem Monitor zwei Unterschiedliche Symbole - ein Kreuz und ein Kreis- , die es bei gleichzeitigem auditiven Input in Form von einer weiblichen und einer männlichen Stimme zu identifizieren galt. Die Gehirnaktivität wurde dabei mithilfe der Kernspintomographie aufgenommen. Erwartungsgemäß konnte man zweifelsfrei erkennen, dass die wuterfüllte Stimme - ob männlich oder weiblich - das dafür zuständige Hirnareal viel stärker aktivierte als eine neutrale stimme. Als die Probanden ihre Konzentration allerdings auf eine visuelle Aufgabe richten mussten, blieb jegliche signifikante Reaktion auf die akustischen Reize aus.

Diese Ergebnisse sind insofern überraschend, als dass man bislang an nahm, dass emotional beladene Reize vom Gehirn automatisch weiterverarbeitet werden da diese eine Warnung über eine mögliche Bedrohung enthalten könnten. Eine in sich über lebenswichtige Fähigkeit. Funktionieren tut das aber nur, wenn im Gehirn noch freie Kapazitäten vorhanden sind. Ist dies nicht der Fall, so haben über das Auge aufgenommene Reize Vorrang. Möglicherweise ist das aber gar nicht so unzweckmäßig. Einen herannahenden Mammut würde man auf großer Entfernung eher sehen als hören.Gab es bei euch schon Situationen in dem Ihr euch von eurem Partner durch das beschriebene, vermeidlich ignorante Verhalten übergangen gefühlt habt, und welche Konsequenzen zieht Ihr aus den erstaunlichen Ergebnissen des o.g. Versuchs?

» MasterOers » Beiträge: 348 » Talkpoints: 1,16 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich kenne es auch von mir, dass ich nicht viel um mich herum mitbekomme, wenn ich gerade in ein spannendes Buch vertieft bin. Ich dachte bei mir vor allem, dass es daran liegt, dass ich mich allgemein nur auf eine Sache richtig konzentrieren kann, aber ich wusste nicht, dass es tatsächlich so ist, dass man akustische Signale nicht so wahrnimmt, wenn man gerade etwas liest oder ansieht. Das werde ich mir auf jeden Fall für die Zukunft merken, weil es in manchen Situationen ja durchaus interessant ist.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


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