Handschlag aus hygienischen Gründen verweigern, okay?
Man bekommt immer wieder in den Medien von Muslimen mit, die dem jeweils anderen Geschlecht nicht die Hand zur Begrüßung geben wollten. Das fing erst an mit zwei Schülern, die eine Lehrerin nicht begrüßen wollten und erst kürzlich las ich von einer Talkrunde, wo eine Frau Hübsch als Muslimin keinen Mann mit Handschlag begrüßen wollte.
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum man gerade bei den Muslimen so ein Fass aufmacht und das direkt als Skandal interpretiert. Ich kenne nämlich auch Menschen - gerade aus dem medizinischen Bereich - die bewusst auf den Handschlag verzichten eben aus hygienischen Gründen. Bei vielen Arztpraxen stehen ja auch Hinweisschilder, dass man den Händedruck bitte unterbinden soll wegen Hygienebedenken und man sich stattdessen verbal und mit Lächeln begrüßen möchte.
Findet ihr es in Ordnung, wenn man aus hygienischen Gründen den Handschlag verweigert? Warum macht man ausgerechnet hier so einen Unterschied und kreidet das den Muslimen negativ an? Könnte man dem Personal nicht theoretisch auch mangelnden Integrationswillen in diese Gesellschaft unterstellen? Warum ist das eine verpönt während das andere akzeptiert wird? Oder habe ich das nur falsch beobachtet?
Im Gesundheitswesen ist es sicherlich nachvollziehbar, dass viele auf das Händeschütteln verzichten. Da hat dann sicherlich auch jeder Verständnis für. Immerhin möchte man sich selbst und andere nicht absichtlich durch irgendwelche Bakterien gefährden.
Im normalen Alltag wird es sicherlich einfach als unhöflich angesehen, wenn man jemandem verweigert, ihm die Hand zu geben. Es ist einfache auch eine Geste der Höflichkeit und deswegen wird es Muslimen und anderen Kulturen sicher schnell übel genommen, wenn sie dies eben verweigern. Anders kann ich es mir auch nicht erklären.
Im normalen Alltag fällt so ein Verhalten gerne mal negativ auf, weil es falsch interpretiert wird. Es wird dann so gewertet als würde man die vor sich stehende Person als unrein und unhygienisch empfinden. In medizinischen Berufen ist es aber Gänge Praxis und da wird es auch akzeptiert. Ich würde mich deswegen nicht aufregen, weil ich den Grund dahinter verstehe.
Es ist doch ein riesiger Unterschied, ob ich prinzipiell keine Hände schüttle, oder munter einen Menschen nach dem anderen so begrüße und nur einen gezielt auslasse. Es gilt beispielsweise in Westeuropa im Privatleben immer noch, dass die Frau entscheidet, ob sie einem Mann die Hand gibt. Es spricht für eine schlechte Erziehung, wenn ein Mann der Frau den Handschlag aufzwingt. Eigentlich wartet man als Mann ab, ob die Frau die Hand ausstreckt, oder ob sie es bei einer verbalen Begrüßung belässt.
Natürlich gleicht man als Frau den Fauxpas eines schlecht erzogenen Mannes aus, weil es sehr stillos und und ungehobelt wäre, denn Mann mit ausgestreckter Hand dumm da stehen zu lassen. Das tut eine Frau nur, wenn sie den Mann in der Gesellschaft bloßstellen und vor aller Augen beleidigen möchte.
Bei Männern ist das nicht anders. Man gibt sich die Hand, dieses Mindestmaß an Höflichkeit steht auch unangenehmen Zeitgenossen zu. Alles andere ist eine schwere Beleidigung. Und das ist eben auch so, wenn man hier lebt, insbesondere wenn man hierzulande sozialisiert worden ist, für Muslime. Wenn wir dort sind, müssen wir uns schließlich auch anpassen.
Entweder man gibt gar niemandem die Hand, das ist problemlos möglich, oder man gibt sie allen. Genügend Gelehrte erlauben für die westliche Welt den Handschlag zwischen Mann und Frau, wenn keine sexuelle Begierde im Spiel ist. Das gilt übrigens auch für den Handschlag zwischen einem Mann und einem Jungen vor der Pubertät.
Was mich dabei übrigens besonders stört, wenn es um Geld geht, dann ist die Religion plötzlich egal. Ich habe im Geschäftsleben noch nie erlebt, dass mir der Handschlag verweigert worden wäre. Bei sehr Gläubigen im privaten Umfeld findet die Begrüßung dagegen durchaus ohne Handschlag statt, aber sie ist freundlich und betrifft dann auch die Männer. Es geht also ohne Beleidigung und die, die so ein Theater machen, wissen auch ganz genau, was sie da tun.
Mein Hausarzt ist Türke und gläubig, trotzdem gibt er mir die Hand. Mein Endokrinologe ist Ägypter und gläubig, trotzdem gibt er mir die Hand. Der einzige Unterschied besteht bei körperlichen Untersuchungen. Dort heißt es nicht bitte freimachen, sondern der Arzt fragt, ob er mich untersuchen darf.
Ich finde es absolut in Ordnung, wenn man aus hygienischen Gründen auf den Handschlag verzichtet und das habe ich auch schon oft erlebt. Aber das bedeutet in dem Fall ja dann gleiches Recht für alle und das war bei der Talkshow ja nicht unbedingt der Fall. Ich denke, dass es doch ein großer Unterschied ist, warum man jemandem den Handschlag verweigert und darum finde ich es manchmal auch in Ordnung, manchmal aber eben nicht.
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