Woran erkennt man ein beginnendes Animal Hoarding?
Wir hatten gestern in einer geselligen Runde ein Thema, was viele immer mal wieder beschäftigt. Das heftige Thema "Animalhording". Wer es nicht kennt, dem sei gesagt, dass dort Menschen oftmals aus Liebe und Fürsorge so viele Tiere halten, dass diese kaum mehr gepflegt werden können, verpflegt, gereinigt und artgerecht gehalten werden können. Meist sind die Haushalte mit Dreck übersät, die Tiere in einem schlechten Zustand und mehr. Auch das unvermehrte fortpflanzen ist bei Animalhordern häufig ein Problem, welches wiederum den Kreislauf weiter voranschreiten lässt.
Nun meinte eine Bekannte gestern, dass ein Verhalten wie Animalhording ja nicht von heute auf morgen kommt. Da stimmte ich ihr auch zu, weil ich ehrenamtlich im Tierbereich tätig bin und schon weiß, dass dies meist mit vielen Storys vorausgegangen ist. Doch sie war der felsenfesten Überzeugung, dass man Animalhorder frühzeitig stoppen kann und das Krankheitsbild erkennen kann.
Das jedoch halte ich für nicht haltbar. Ich kenne Menschen, die haben 10 Tiere im Haushalt, alle sind gepflegt, regelmäßig beim Tierarzt, die Wohnung blitzblank. Andere wiederum haben solch ein Verhalten bereits bei 3 Tieren nicht unter Kontrolle. Krankhaft wird es natürlich, wenn es mehr Tiere gibt, als Hände im Haushalt und Kontrollmöglichkeiten.
Gleichwohl ich keiner Horderin oder einem Horder immer eine böswillige Absicht unterstellen möchte. Manch einer möchte es nur, weil er die Tiere von der Straße holen möchte und mehr. Oftmals steckt ein guter Grundsatzgedanke dahinter, der vollkommen ins krankhafte ausufert. Sich derweil von einem geliebten Tier zu trennen, ist für die Damen und Herren schwer.
Doch ich halte es für fraglich zu behaupten, dass man Animalhorder schon im Vorfeld entsprechend herausfiltern kann. Woran soll das bitte machbar sein, wenn nicht schon eine entsprechende Vorgeschichte herrscht? Habt ihr da eine Möglichkeit gefunden, so etwas im Vorfeld auszusortieren oder könntet ihr Euch vorstellen, wie das gehen soll?
Die Grenzen sind doch fließend. Selbst wenn man das Kriterium "tierärztliche Versorgung" betrachtet. Ist es dann Vernachlässigung, wenn man mit einer kleinen Bisswunde nicht zum Tierarzt geht, sie aber ordentlich daheim versorgt? Wenn man sich bei kleineren Krankheiten erst mal nach homöopathischen Mitteln umsieht? Wenn man nicht jede Impfung für sinnvoll erachtet? Manch einer handelt so bei einem einzigen Haustier. Dann kann das wohl kaum ein Kriterium für Animal Hording sein, nur weil derjenige zehn oder hundert Hunde hat.
Meine Mutter hat Bekannte in Rumänien, die ganz privat ein Tierheim mit ca. 200 Hunden führen. Sie haben dutzende Zwinger auf die Obstwiese gestellt, die kleinen Hunde leben im Haus. Natürlich ist es bei denen nicht blitzblank. Aber sie vermitteln Hunde. Sie lehnen aber auch keine weiteren ab und retten jeden, den sie retten können. Ich denke, sie haben öfter mal kein Geld für Behandlungen, sie können auch nicht mit allen Hunden Gassi gehen oder sie auch nur ein Mal am Tag streicheln.
Meine Mutter hat dreizehn Hunde. Da sind schon einige kritische Punkte zu beobachten. Blitzblank ist es bei ihr nicht. Wenn man sie kennt, weiß man aber, dass das noch nie der Fall war. Vernachlässigung... nun ja, die Hunde könnten mehr gebürstet werden, einige hassen es aber und meine Mutter macht es auch nicht gern. Vor allem aber vernachlässigt sie sich selbst, zieht daheim nur noch alte Klamotten ab und Haarewaschen lohnt sich auch nur, wenn sie ein Mal die Woche arbeitet.
Aber seit einigen Jahren steigt die Anzahl der Hunde nicht mehr. Zwei Mal hat sie schon Welpen aufgenommen, während eine Freundin sie vermittelt hat. Es ist ihr ein bisschen schwer gefallen, sie dann gehen zu sehen und es ist auch nicht ausgeschlossen, dass sie noch mal einen Hund für immer aufnimmt. Aber es ist nicht so, dass sie ihre Grenzen nicht kennt. Sie hat sie schon überschritten, aber eben nicht sehr weit.
Also ab welchem Zeitpunkt soll man sagen, dass es krankhaft wird? Oder sogar vorraussagen, dass es bald krankhaft werden wird! Von der Anzahl der Tiere kann man es nicht abhängig machen. Allein von der tierärztlichen Versorgung auch nicht. Davon dass die eigenen Leistungskapazitäten überschritten werden? Schon ein Tier später? Kapazitäten sind auch keine festen Konstanten.
Also ich finde das auch sehr schwierig, ein krankhaftes Animal Hording in seinen Anfängen zu erkennen. Keiner besorgt sich auf einen Schlag fünfzig Tiere und setzt sich dann überfordert in eine Ecke. Das ist sehr schleichend. Manche finden ein Ende, bevor es total ausufert.
Und es ist vor allem keine Sache von persönlichem Empfinden. Nur, weil man selber ein hohes Reinlichkeitsverlangen hat, ist nicht jeder, dessen Haushalt man die Tierhaltung ansieht, gleich ein krankhafter Animal Horder. Das Bedürfnis nach Sauberkeit ist nun mal unterschiedlich und hat (oft) gar nichts mit einer psychischen Erkrankung zu tun. Daher sollte diese Beurteilung auch wirklich ein Psychologe vornehmen, der gelernt hat, seine persönlichen Vorlieben außen vor zu lassen.
Vielleicht erkennt man einen Hoarder daran, dass er keine Grenzen kennt und nicht weiß, was er sich zumuten kann, was sinnvoll ist und was nicht. Ähnlich wie ein Messie, der nichts aussortieren kann von seinen Sachen. Bei einem Hoarder sind es eben Tiere.
Mich würde auch nicht wundern, wenn solche Menschen stark übergewichtig wären. Unbegrenzt Essen aufnehmen verläuft schließlich nach einem ähnlichen Prinzip.
Wenn einer 10 Tiere hat, die er gut versorgt, ist es kein Hoarding. Wenn ihn dann aber irgendeine Lebenskrise ereilt, kann es sein, dass ihm sein Leben entgleitet und er auch die Tiere vernachlässigt. Das macht sich dann ja aber nicht nur daran fest.
Ich denke, dass man das schon merken kann, wenn man öfter bei einer Person zu Besuch ist und sich die Tiere vermehren und dies scheinbar unkontrolliert. Man sieht dann ja auch, wie die Wohnung aussieht und ob der Haushalt noch anständig geführt wird. Ich denke, dass man das durchaus ansprechen sollte, wenn bei einem die Alarmglocken schrillen.
Ich denke, dass viele Animalhorder auch selbst erst zu spät merken, dass sie überfordert sind und nicht mehr zurecht kommen. Die Wenigsten können das dann zugeben und sich Hilfe suchen. Als Außenstehender wird man nur schwer mitbekommen, dass jemand gefährdet ist oder bereits Tiere sammelt und nicht mehr zurecht kommt.
Ich habe auch Haustiere und schaue, dass meine Wohnung trotzdem sauber ist. Da bleiben Tierhaare aber nun mal nicht aus, selbst wenn man wie ich, täglich saugt. Aber ich denke doch, dass man da eindeutige Unterschiede sehen kann. Gerade wenn man jemanden vielleicht häufiger besucht und jedes mal den Eindruck hat, dass es wieder ein bisschen schlimmer geworden ist.
Ich denke auch, dass der Übergang fließend ist. Selbst wenn jemand 10 Tiere hat und diese noch ordentlich aussehen, kann das bereits jemand sein der die Tiere auch hortet. Im Prinzip geht es eigentlich darum, dass man nicht merkt wo einfach Schluss ist und wann es für die Tiere auch nicht mehr das angenehmste Leben ist, selbst wenn diese gepflegt aussehen. So gehören keine 10 Katzen in eine 3 Zimmer Wohnung in der Stadt ohne Auslauf. Genauso wenig gehören 10 Hunde in ein 4 Zimmer Haus mit einem Mini Garten und keinem weiteren regelmäßigen Auslauf.
Auch bei den Nagern ist es ein fließender Übergang, so gab es dabei auch schon bestimmte Punkte an denen es mir unterstellt worden ist, da meine Degu Gruppe am Ende 35 Mitglieder umfasst hat. Den meisten ist nur bewusst, dass Gruppen von 4-8 Tieren klappen aber dabei wurde auch das Angebot an Platz vergessen, welches einfach um einiges größer war als in normalen Haltungen Zuhause.
Zudem es auch nicht alles meine Tiere waren die ich mir bewusst angeschafft habe, sondern teilweise nur kurzzeitig in Pflege bei mir waren. Daher kam ich schon gerne mal auf die 100 Tiere in einem Haushalt, 14 Tage später waren es dann nur noch 30, dann mal wieder 50 usw. aber über das ganze Jahr gesehen waren im Schnitt 45 Nager bei mir in der Wohnung und Garten verteilt.
Erkennen kann man es nicht immer, da sich die Betroffenen auch nicht selbst melden, da sie es gar nicht einsehen und verstehen was dort gerade falsch läuft. So habe ich auch schon Wohnungen mit Degus gesehen, dass dort über 200 Tiere in Käfigen eng auf eng gesessen sind und es alles mit einem Paar aus der Zoohandlung angefangen hat. Denn Degus vermehren sich binnen 6 Wochen und werfen dabei immer 4-12 Junge. Noch unter der Geburt kann die Mutter nach gedeckt werden und die Kinder sind bereits mit 5 Wochen Geschlechtsreif.
Es kann also sehr schnell mit solchen Ausmaßen sein, der geschilderte Fall hier war nicht einmal ein halbes Jahr. Aus Scham wurde sich keine Hilfe gesucht bei der Geschlechtsbestimmung, bis es eben aufgelöst worden ist nach einem Hinweis. Gewollt war das nicht und auch als es soweit war, hat die Scham einfach überwogen sich Hilfe zu suchen weil die Angst vor anderen Tierbesitzern vorhanden war, die sich darüber direkt das Maul zerreißen mit übelsten Beleidigungen.
Dabei sind viele der Probleme hausgemacht von den Zoohandlungen, denn gerne wird dort ein Paar abgegeben anstatt zwei gleichgeschlechtliche Tiere, auch wenn man danach fragt. So sorgt man für kostenlose Nachlieferung, da die überforderten Tierbesitzer die Babys dann in die Zoohandlung bringen und sie dort weiter verkauft werden. Inzucht ist auch ein weiteres Problem was daraus resultiert, gerade bei den Nagern aus Zoohandlungen gut verbreitet.
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