Voraussetzen, dass jemand keine Zeit hat?

vom 06.09.2016, 09:34 Uhr

Die Oma meiner Freundin möchte ihren Geburtstag nach feiern und lädt dazu die ganze Familie zum Frühstück ein. Nun ist es so, dass die Oma meiner Freundin ca. 350 km weit weg wohnt und meine Freundin nicht einfach mal gerade dorthin fahren kann. Die Oma meiner Freundin, hat ihr dann wohl am Telefon gesagt, dass sie gerne nach feiern möchte und hat gleich im selben Atemzug gemeint, dass meine Freundin ja nicht kommen könnte, dass dies aber nicht schlimm wäre und so weiter.

Die Oma ließ meine Freundin wohl gar nicht zu Wort kommen und hat direkt vorausgesetzt, dass meine Freundin eben nicht kommen könnte. Meine Freundin war da doch perplex. Sie ist bisher immer zu irgendwelchen Feierlichkeiten dorthin gefahren, wenn es ihr irgendwie möglich war. Meine Freundin weiß nun gar nicht, wie sie reagieren soll. Immerhin wurde quasi schon beschlossen, dass sie ja keine Zeit hätte und nicht kommen könnte.

Wurde bei euch auch schon mal direkt vorausgesetzt, dass ihr keine Zeit haben würdet? Wie habt ihr da reagiert? Geht ihr dann darauf ein und bleibt dann auch zu Hause, wenn eh schon beschlossen wurde, dass ihr eben keine Zeit habt?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Nein, wenn ich Zeit und Lust hätte, würde ich dennoch hinfahren. Wir reden hier von einer älteren Frau. Die sind manchmal komisch. Vielleicht meint sie, ihre Enkelin ist jetzt in einem Alter, in dem sie dafür keine Zeit mehr hätte. Gut, die Enkelin ist bisher fast immer zu Feierlichkeiten erschienen, aber vielleicht hat die Großmutter noch die eine in Erinnerung, zu der die Enkelin nicht kam.

Ich würde das nicht so auf die Goldwaage legen. Ich weiß ja nun nicht, wie alt die Frau tatsächlich ist. Aber solche Kleinigkeiten kommen dann eben mal vor. Ich hätte sie einfach ausreden lassen und dann gesagt, dass ich trotzdem kommen werde. Dass man nicht zu Wort kam, ist doch Quatsch. Wenn man sich bemüht, klappt das immer.

Grundsätzlich denke ich, dass viele beim Aussprechen von Einladungen gleich sagen, dass der Eingeladene ja bestimmt keine Zeit hätte, um diesem entweder zu ermöglichen, genau das zuzugeben. Um ihm eben zu zeigen, dass es nicht so schlimm ist, dass man dafür Verständnis hat.

Oder es ist eine emotionale Erpressung. Dass die Enttäuschung schon im Vorhinein ausgedrückt wird, so dass der Eingeladene gar nicht mehr Nein sagen kann, um eben diese Enttäuschung nicht wahr werden zu lassen. Das hängt dann von der jeweiligen Person und dem Verhältnis der beiden zueinander ab, wie das einzuschätzen ist.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich könnte mir vorstellen, dass die Oma einfach möchte, dass deine Freundin keine Umstände hat. Und wenn es kein runder Geburtstag ist, dann sieht sie ihn vielleicht selber als nicht so wichtig an. Ich kenne das von meiner Oma auch so, dass sie immer gleich nachschiebt, dass sie auch nicht sauer ist, wenn man keine Zeit hat.

Allerdings sagt sie immer noch dazu, dass sie sich freuen würde, wenn man es einrichten kann. Also man fühlt sich schon stets willkommen, aber nicht verpflichtet. Man kann ja nochmal mit der Oma sprechen und ihr sagen, dass man durchaus Zeit hat und auch kommen möchte. Aber das sollte man nur dann sagen, wenn man auch vorhat, dort aufzutauchen. Bei den älteren Herrschaften weiß man ja immer nie, wie oft man so noch zusammen sitzen kann.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge



Ich bin immer noch der Ansicht, dass besagte Oma ganz normales oma-mäßiges Verhalten ihrer Enkelin gegenüber an den Tag legt und frage mich ernsthaft, was es da zum perplex sein gibt. Hat die gute Frau ganz und gar vergessen, wie Omas ticken oder wie man „enkelt“?

In meiner Erfahrung haben ältere Leute, gerade wenn sie geistig noch fit sind, die Tendenz und das Bestreben, niemandem Arbeit zu machen oder zur Last fallen zu wollen. Ich vermute, dass man davor auch gehörig Bammel entwickeln kann, wenn man merkt, dass es zumindest körperlich nicht mehr so rund läuft wie mit 35 und quasi prophylaktisch, solange man kann, versucht, keine „Umstände“ zu machen. Dass man dabei auch mal über das Ziel hinausschießt in dem Bemühen, der Enkelin zu vermitteln, dass man ja weiß, dass sie viel zu tun hat und ihr eigenes Leben lebt und die jungen Leute heute sind ja so gestresst und so weiter, finde ich selber eher anrührend als nervig.

Außerdem könnte ich mir vorstellen, dass 350 km einfach für die Oma eine schier unüberbrückbare Distanz darstellen, weil sie eventuell seit Jahren nur noch in den Nachbarort gondelt oder in Transportfragen schon länger auf Hilfe angewiesen ist. Vielleicht hat sie auch daher das Gefühl, dass der Aufwand, zu ihrem Wiegenfeste anzureisen, fast schon überproportional hoch ist und möchte nicht, dass Leute, die sie gern hat, stundenlang mit der Bahn durch die Gegend zockeln oder (in ihren Augen) Unmengen von dem teuren Sprit verbrennen, nur um ihr einen Gefallen zu tun.

Ich bleibe jedenfalls dabei, dass es diese Oma vermutlich (ich kenne sie ja nicht), wie so viele Omas nur gut meint, aber entweder eine besonders begriffsstutzige Enkelin hat oder selber alters- und erfahrungsbedingt ein bisschen übertreibt, was die Umstände ihrer Geburtstagsfeier angeht. Für sie scheint es ja eine gewaltige Veranstaltung zu sein, die ihr offensichtlich viel bedeutet, und das kann man ja verstehen.

» Gerbera » Beiträge: 11315 » Talkpoints: 48,61 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich kenne so etwas auch und finde das total nervig. Mein Freund hatte das anfangs auch einige Male so gemacht, dass er mich quasi direkt von von irgendwelchen Famlienfeiern oder so ausgeschlossen hatte, weil er meinte, ich müsse da arbeiten, zur Uni oder sonst irgendetwas.

Im Prinzip hatte er damit ja recht gehabt, wobei ich mir da aber trotzdem hätte frei nehmen können. Irgendwie hätte sich das doch arrangieren lassen. Es war zwar nett gemeint von meinem Freund, dass er sich da meine Termine gemerkt hat, wobei ich das doch blöd fand. Für die Feiern hätte ich mir ja trotzdem irgendwie freischaufeln können. Natürlich geht das nicht immer, aber manchmal schon, so dass es immer besser ist, vorher einfach mal nachzufragen. Das kostet doch auch nichts.

Wenn man da aber auch nichts sagt, ist man ja auch selbst schuld. Ich hatte dann eben auch angemerkt, dass ich doch Zeit habe, wobei das deine Freundin auch machen sollte. Es wäre doch blödsinnig, dann nicht zu kommen, weil man angeblich keine Zeit hat, während man währenddessen allein und gelangweilt auf dem Sofa sitzt. So etwas sollte man auf jeden Fall abklären und dann eben auch sagen, dass man doch kommen kann.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


Ich kann mir auch vorstellen, dass die Großmutter ihrer Enkelin keine Umstände bereiten wollte denn die 350 Kilometer sind schon eine Strecke. Du schreibst zwar, dass sie es bislang immer irgendwie geschafft hat diese Strecke zu meistern aber auch weiter oben im Text, dass sie eben nicht einfach so auf einen Anruf erscheinen kann. Von daher ist auch die Frage, wie kurzfristig die Feier von der Großmutter angesetzt ist und vielleicht ist es auch wirklich ein ungünstiger Tag an dem normale Menschen arbeiten?

Bei mir wurde das immer angenommen, dass ich keine Zeit habe, einfach weil es meistens auch der Tatsache entsprochen hat. Von daher hat man mir am Telefon zwar häufiger etwas von feiern erzählt, aber auch direkt hinterher, dass ich keine Zeit dafür hätte. Sozusagen wurde ich Eingeladen und auch direkt wieder Ausgeladen und ich bin dann auch nicht zu den Feiern gefahren, sondern habe einfach das gemacht, was ich an diesem Tag schon vor hatte. Wenn ich wirklich einmal Zeit hatte, dann habe ich das im Vorfeld am Telefon gesagt und nach dem Einladen, Ausladen erneut eine Einladung erhalten.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Ich kann es schon verstehen, dass die Oma deiner Freundin es nur gut gemeint hat, weil sie ihr keine Umstände bereiten wollte. Sicher würde sie sich dennoch darüber freuen, wenn ihre Enkelin sie an dem Tag besuchen kommt. Aber 350 Kilometer sind schon ein ziemlich weiter Weg und du schreibst ja, dass es sich um eine Einladung zum Frühstück handelt. Wenn man dann niemanden hat, wo man übernachten kann, dann kann ich die Annahme der Oma schon verstehen, dass die Enkelin keine Zeit haben wird.

Wenn ich also Zeit und Lust hätte, an der Feier teilzunehmen, dann hätte ich die Oma bei dem Telefonat irgendwann unterbrochen und ihr genau das auch gesagt. Sicher ist es lieb gemeint, wenn die Menschen sich ihre Gedanken darum machen, ob wohl die Leute, die sie einladen möchten, auch alle an dem Termin Zeit haben und kommen können. Aber die Entscheidung sollte dann schon bei dem Gast liegen.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



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