Bei Scheidung Rücksicht auf Kinder nehmen?
Bei vielen geschiedenen Paaren die ich kenne, ist nach der Scheidung keine Rücksicht auf die Kinder genommen worden. Obwohl beide Elternteile das Kind haben wollten, hat keiner Anstrengungen unternommen es dem Kind einfach zu machen. So leben beispielsweise viele geschiedene Elternteile die ich kenne weit auseinander, so dass das Kind häufig pendeln muss.
Auch heiraten viele Geschiedene schnell wieder und haben dann eine Patchworkfamilie, da der neue Partner auch Kinder mit in die Ehe bringt. Das belastet Scheidungskinder häufig zusätzlich. Eine Bekannte von mir hat das stark kritisiert.
Ich selbst finde das aber in Ordnung. Man muss sich schließlich auch selbst um sein Glück kümmern und kann Wohnort und neuen Partner nicht die ganze Zeit nach dem Kind ausrichten. Wie seht ihr das? Wie viel Rücksicht bei Scheidungskindern ist angemessen?
Ich finde schon, dass man dem Kind ein bisschen Umgewöhnungszeit gönnen sollte. Natürlich muss man sich auch um sein eigenes Glück kümmern, aber man selber kann das doch viel besser einordnen.
Als Erwachsener hat man Zeitgefühl, man weiß, dass sich die Situation wieder ändern wird. Dass man jetzt einfach ein bisschen zurückstecken muss und es dann wieder bergauf geht. Ein kleineres Kind versteht nicht, warum sich die Eltern plötzlich hassen und dass sich das wieder legen wird. Dass irgendwann eine neue Normalität eintritt. Und auch Teenager leben im Hier und Jetzt. Wenn jetzt alles den Bach runtergeht, dann können sie sich nicht an den Gedanken klammern, dass irgendwann alles wieder gut wird.
Also meiner Meinung nach sollte man Kindern während und nach einer Scheidung einfach so viel Ruhe und Normalität gönnen wie möglich. Keine hässlichen Streitereien zwischen den Eltern, keine großen Veränderungen im Umfeld wie Umzüge und Schulwechsel, neue Stiefeltern und - geschwister etc.
Das Kind muss erst mal an einen Punkt kommen, wo es wieder Vertrauen darauf hat, dass es für die Eltern immer noch wichtig ist. Immerhin haben sie sich getrennt, obwohl doch - aus Sicht des Kindes - das Zusammenleben vorzuziehen ist und das Kind es sich so sehr wünscht. Die Scheidung selber tritt also schon die Wünsche und Bedürfnisse des Kindes mit Füßen. Dann muss man nicht auch noch drauf rumtrampeln.
Das hier ist so ein typisches Schwarz-Weiß denken. Sicherlich kann man sich nicht immer aussuchen wo man arbeitet und wenn man versetzt wird, dann ist auch ein Umzug meistens notwendig. Dann müssen die Kinder halt weiter pendeln für die Wochenendbesuche, aber du stellst es hier nun gerade so hin, als wenn das mit Absicht gemacht wird um möglichst weit weg zu sein. Auch das eigene Glück an erste Stelle zu schieben erfüllt dabei ein großes Klischee, dass man quasi auf die vorhandenen Kinder scheißt und sich nicht mehr darum kümmert.
Sehr wohl wird sich darüber Gedanken gemacht, auch bevor ein neuer Job angenommen wird und man umziehen muss. Jemand der sich für das Kind interessiert trotz Scheidung, der wird immer versuchen einen Mittelweg zu finden. Und auch das eigene Glück über das eigene Kind aus der vorherigen Beziehung zu heben ist einfach keine richtige Tatsache, viele wägen dabei schon ab, was sie ihrem anderen Kind zumuten können und was nicht. Ein paar wenige Ausnahmen gibt es leider immer wieder dabei, denen ihr eigenes Glück und ihr eigenes Leben wichtiger ist das als das ihrer Kinder. Aber das wäre auch in einer Intakten Beziehung nicht anders bzw. war dort nicht anders.
Es hat meiner Meinung nach auch wenig mit Rücksicht nehmen zu tun. Man sollte es sich einfach überlegen ob das Kind bereits bereit ist für eine neue Familie, nachdem der Vater gerade eine Woche ausgezogen ist. Dort macht es wenig Sinn einen anderen Mann dem Kind vor zu setzen und diesen als neuen Vater auszugeben und dann noch erwarten, dass das Kind davon begeistert sein soll. Wegen Job kann man es sich nicht immer aussuchen und lieber hat der Vater einen Job und kommt auch für den Unterhalt auf, auch wenn das mit dem Wochenendbesuch dann komplizierter wird, als das er nur Zuhause gammelt und das Kind quasi jeden Tag hingehen könnte. Das hat auch etwas mit Vorbildfunktion zu tun.
Deine Bekannte sieht also nur schwarz und weiß. Sicherlich ist sie auch eines dieser Scheidungskinder und hat das ganze für sich so erlebt. In Wahrheit läuft es vielleicht in 1% der Fälle so ab wie du es beschreibst, alle anderen machen sich Gedanken darum wie es in Zukunft weiter geht und welche Lösung die beste ist. Nur die Kinder verstehen das meistens nicht oder bekommen von diesen Überlegungen auch nichts mit. Für sie zeichnet sich das dann anders ab, quasi als wenn sie vor vollendende Tatsachen gestellt werden. Es ist nur verständlich, dass viele Kinder dann anfangen zu bocken, zicken und sich übergangen fühlen. Aber es kommt auch auf das Alter der Kinder drauf an, wann die Scheidung stattfindet.
Ja, ich finde es auch legitim, wenn man sich selber nicht aus den Augen verliert. Doch wenn man Kinder in die Welt gesetzt hat, dann ist man für diese verantwortlich und hat einen großen Anteil daran, was ihre Seele angeht und ihrer Gefühlswelt zugemutet wird. Da finde ich es immer sehr egoistisch, wenn manche Elternteile nach einer Trennung meinen, dass Kinder mit allem direkt klar kommen müssen, was das getrennte Elternteil nun von dem Nachwuchs möchte.
Es kommt auch auf das Alter des Kindes an. Kinder in der Pubertät leiden nicht weniger, auch wenn sie älter sind, als kleine Sprösslinge im Grundschul- und Kindergartenalter. Deswegen sollten Eltern auch mal etwas mehr Rücksicht nehmen. Man ging bei der Schwangerschaft im Grunde schon ein lebenslanges Versprechen ein, was für mich lautet, dass ich mein Kind immer beschützen werden, ob vor seelischen sowie körperlichen Schäden. Ich werde eben all das tun, was nötig ist, um meinem Kind ein schönes Leben zu bieten.
Doch nach der Trennung vergessen das viele. Auf einmal wird ein neues Kind in der Welt gesetzt und der teilweise im Stich gelassene Nachwuchs soll damit leben lernen. Dann wird auf einmal weniger Rücksicht als vorher auf ein Kind genommen. Eine neue Freundin wird mit voller Stolz präsentiert und das Kind muss damit leben lernen, dass die Trennung vielleicht nur wenige Wochen oder gar Monate vorbei ist, von der Mama, das spielt hier keine Rolle.
Man sollte also durchaus mal etwas mehr nachdenken, wenn man Kinder hat. Natürlich lassen sich Gefühle nicht abstellen, aber im Hinblick auf den leidenden Nachwuchs, je nach Alter auch aufgrund des Alters, muss man sich mal ein wenig im Zaum halten können. Wer von seinem Kind verlangt, damit sofort klar kommen zu müssen, weil ich lebe jetzt so, wie ich das gerne hätte, der hat für mich auch echt was im Leben nicht mitbekommen und ist sichtlich nicht der oder die Richtige für Kinder.
Ich finde, dass man einem Kind gerade mit einem neuen Partner schon Zeit lassen muss. Einfach einen vorsetzen ist natürlich nicht der richtige Weg, wenn es kurz nach der Trennung der Eltern ist und erleichtert auch dem neuen Partner nicht unbedingt das Leben, damit sollte man also schon ein bisschen warten und sich so treffen.
Den Wohnort kann man sich durch die Arbeit nicht immer aussuchen, gerade auch wenn man verletzt wurde möchte man vielleicht auch einfach weiter weg wohnen und kann den Wohnort mit all den Erinnerungen nicht mehr ertragen. Das bringt ja auch dem Kind nichts, wenn es dann ein Elternteil in ständiger Traurigkeit erlebt. Außerdem ist pendeln für ein Kind sicherlich in Ordnung, wenn es zum anderen Elternteil geht.
Man kann versuchen es einem Kind angenehmer zu gestalten und sicherlich kann man auch Rücksicht nehmen, aber man sollte sich dabei auch nicht selber vergessen. Eine Scheidung ist für alle Beteiligten schwer, nicht nur für das Kind und man muss auch für sich schauen wie man am besten mit der Situation leben lernen kann.
Eine gute Scheidung sieht sicherlich so aus, dass die Eltern dennoch in wichtigen Punkten und wichtigen Lebensabschnitten des Kindes gemeinsam an einem Strang ziehen und auch schaffen Termine gemeinsam wahrzunehmen, wenn es sein muss. Man sollte nicht hasserfüllt von der Person reden, die man mal geliebt hat und mit der man das Kind zusammen hat. das ist denke ich viel wichtiger als der Wohnort oder ein neuer Partner.
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