Alles verlieren, was einem wichtig ist?

vom 27.08.2016, 13:31 Uhr

Ich habe vor einiger Zeit mal einen Beitrag im Fernsehen gesehen, in welchem es um eine Frau ging, die bei einem Hausbrand fast ihr gesamtes Hab und Gut verloren hatte. Da sie und ihre Familie mit den Hunden zu dem Zeitpunkt glücklicherweise nicht zu Hause waren, sind keine Personen und auch ihre Hunde nicht zu Schaden gekommen. Die Frau meinte trotzdem, dass sie alles verloren hätte, was ihr wichtig war.

Natürlich ist so ein Hausbrand eine schreckliche Sache und ich würde da auch mehr als eine Träne vergießen, da ich ja wirklich viele Sachen verloren hätte. Das Wichtigste ist ja aber meiner Meinung, dass keine Personen zu Schaden gekommen sind. Wenn die Familie und die Hunde da überhaupt nicht zu Schaden gekommen sind, würde ich auch nicht sagen, dass ich alles verloren hätte, was mir wichtig war.

Konntet ihr schon einmal von euch behaupten, dass ihr alles verloren habt, was euch wichtig war? Wie ist es dazu gekommen? Könnt ihr die Aussage der Frau in meinem Beispiel verstehen und hättet ihr in so einem Fall vielleicht auch so eine Äußerung gemacht?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Sowas ist wirklich nicht schön, aber ich muss ehrlich sagen, dass ich auch froh wäre, dass keine Personen und die Hunde nicht zu Schaden gekommen sind. Dies ist wirklich wichtiger und man kann es ja dahingehend ein bisschen positiv sehen. Mir wäre meine Familie definitiv wichtiger und es gäbe nichts, was hier verbrennen könnte, was ich mehr vermissen würde.

Grundsätzlich wäre es zwar schade um die vielen Bücher, Fotoalben und Unterlagen, die wir hätten, aber es gibt absolut nichts, was man nicht ersetzen kann. Verlorene Bilder sind schade, aber man hat ja die Erinnerung daran.

Bei meinen Eltern wäre das schon schlimmer. Da gibt es wesentlich mehr Unterlagen und auch wertvollere Dinge, die verbrennen können. Wenn man sein Haus verliert, ist das auch noch mal etwas anderes. Allerdings hat man dann ja sicherlich eine gute Versicherung und kann das alles auch aufbauen.

Ich kannte mal jemanden, die hat eine schlimme Trennung durchgemacht. Ihr Mann hat sie aus dem Haus geworfen und sie hatte im Grunde nichts, außer einen Koffer voller Sachen. Den Rest hat alles er behalten: inklusive der Kinder. Da kann man eher davon reden, dass ihr alles genommen wurde. Ihr Mann war einfach sehr vermögend und nicht dumm. Dank Ehevertrag hatte sie am Ende einfach nichts mehr und auch keine Kraft, da was einzuklagen. Das Ende von Lied war dann, dass sie sich umgebracht hat. Leider inklusive der Kinder.

So ein Beispiel ist noch wesentlich dramatischer, als wenn "nur" das Haus verbrennt. Ich bin mir sicher, dass sie sich lieber das gewünscht hätte, als das sie ihre Familie und einfach alles verliert.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Ich denke, es kommt hier wie immer auf den Zusammenhang an. Gerade Medien neigen ja dazu, die Wirklichkeit den Botschaften anzupassen, die sie vermitteln wollen. Je nach Aufmachung, kann man so eine Person, der was auch immer Schlimmes zugestoßen ist, als absolute Heldin oder weinerliches Häuflein aufziehen. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen und ist sicher auch von der Tagesform abhängig. Wir kennen ja alle das Gefühl, zwischen unterschiedlichen Gefühlen zu schwanken.

Außerdem macht es sicher einen Unterschied, ob man die betroffene Person quasi vor den rauchenden Trümmern ihrer Existenz interviewt oder ob das Ereignis schon fünf Jahre her und das Haus längst wieder aufgebaut ist. In meinen Augen ist es in jedem Fall ein traumatisches und einschneidendes Erlebnis, seinen gesamten weltlichen Besitz zu verlieren, und den Betroffenen ist sicherlich nicht gedient, wenn man mit "immerhin hast du noch deine Haustiere" oder Ähnlichem anfängt.

Ich würde auch behaupten, alles Wichtige verloren zu haben, weil in meinen Augen diese Formulierung impliziert, dass es sich um Dinge handelt. Familie, Partner oder Haustiere laufen für mich nicht unter "wichtig", sondern nehmen eine ganz eigene Kategorie in meinem Leben ein. Vielleicht hat die Frau es ja auch ganz genauso gemeint? Jedenfalls halte ich es für ganz normal, dass man zumindest eine gewisse Zeit nach einem großen Verlust nicht in der Lage ist, das Positive an der Situation zu sehen, während die gesamte Umwelt unbeschwert die Tatsache genießt, Möbel, Kleidung, Elektronik, Zimmerpflanzen und den ganzen anderen Krempel zu besitzen, der bei einem selber gerade in Rauch aufgegangen ist.

» Gerbera » Beiträge: 11317 » Talkpoints: 49,13 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich sehe das wie Gerbera. "Alles" ist eine Formulierung, die sich auf Gegenstände bezieht. Verliert man seine Familie, hat man "jeden verloren, der einem wichtig war".

Ich weiß nun nicht, in welchem Abstand zu dem Ereignis das Interview gemacht wurde, aber irgendwann hat man auch Zeit für ein paar andere Gedanken. Klar ist man erleichtert, dass Familie und Hunde in Sicherheit sind. Aber wie lange denkt man denn nur den einen Gedanken?

Irgendwann denkt man eben an das Haus und was man da alles verloren hat. Das schmälert nicht die Erleichterung über die gesunde Familie. Es ist nun mal Fakt, dass sie vorher ein Haus voller Dinge hatte und nun alles weg ist. Warum darf man darum nicht trauern?

Mich erinnert das an den kleinen Unfall, den wir letztes Jahr hatten. Zum Glück war keiner verletzt worden. Alle Personen waren außerhalb der Autos. Es gab nicht eine Schramme oder auch nur Träne, um die man sich kümmern musste. Mein Mann wollte dann über den Unfallhergang sprechen und hat gefragt, ob der andere seinen Blinker nicht gesehen hat.

Der Unfallgegner hat gar nicht reagiert. Als mein Mann noch mal nachgefragt hat, wollte ein Zeuge ihn zum Schweigen bringen. Man solle froh sein, dass niemand verletzt ist. Ja, wie lange soll man denn ausschließlich froh sein? Soll man die Polizei wegschicken, keinen Abschleppdienst anrufen, nicht seine Versicherung verständigen etc.?

Irgendwann muss man daran denken, wie es weitergeht und was zu tun ist. Immerhin ist ja niemand verletzt. In dem Bereich besteht also kein Problem, welches natürlich Vorrang hätte. Aber genauso wenig wie man nur von Luft und Liebe leben kann, kann man nicht in Erleichterung wohnen.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich denke man kann in diesem Bezug schon davon reden, dass man alles verloren hat selbst wenn die Familie und der Hund nicht zu Schaden gekommen ist. Auch wenn es auf den ersten Blick doch nur materielles ist, wenn dort die Möbel von der verstorbenen Großmutter waren, Erinnerungsstücke dann sind das zwar Gegenstände, aber mit diesen verbindet man emotional etwas.

Zudem man nach solch einen Ereignis auch unter Schock steht und die Versicherung, wenn eine vorhanden ist, auch entsprechendes Geld zahlt so lassen sich manche Dinge damit nicht ersetzen. Auch wenn man davon ein neues Sofa kaufen kann, es ist einfach nicht das selbe auf dem man vorher mit seinen Kindern gespielt hat, die Bissspuren vom Hund sind nicht drauf auch wenn hinterher neue dazu kommen. Es ist einfach nichts mehr so wie es vorher war, daher wird diese Formulierung oftmals getroffen.

Ich war schon bei einigen Bränden mit dabei, bei denen auch keine Personen zu Schaden gekommen sind. Dennoch ist das eine Ausnahmesituation für die Betroffenen und sie fühlen sich wirklich als wenn alles verloren ist. Mit Argumenten, aber es kam keiner zu Schaden, ist denen nicht geholfen und bringen in diesem Moment auch rein gar nichts. Das dauert mit solch einem Verlust umzugehen und stellt dabei nichts anderes dar, wie die üblichen Trauerphasen die man auch von einer Beerdigung von einem Menschen kennt.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


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