Sollte wirklich jeder Mensch Geheimnisse haben?

vom 26.02.2012, 19:40 Uhr

Ich habe mal davon gehört, dass es ganz normal ist, dass jeder Mensch seinen eigenen Geheimnisse hat und dass es sogar gut sein soll, wenn jeder etwas hat, worüber nur er selbst und keine andere Person Bescheid weiß. Ich habe mal einen Bericht zu diesem Thema im Fernsehen gesehen und darin machte jemand die Aussage, dass es schlimm wäre, wenn jeder jeden genauestens kennen würde. Dann wäre das Leben total langweilig. Menschen mit Geheimnissen dagegen würden sogar Interesse bei anderen Menschen wecken.

Und wenn man mal überlegt, so sind Geheimnisse in manchen Bereichen sogar sinnvoll. Gäbe es kein Bankgeheimnis, so dürften die Bankangestellten die Daten und Kontostände jedes einzelnen Kunden an andere Menschen weitergeben. Außerdem könnten persönliche Benutzerkonten gar nicht geschützt werden. So könnte jeder beim Konto eines anderen Menschen Geld abheben oder sich auf seiner Facebook-Seite einloggen und dort sein Unwesen treiben. Aber gehen wir mal von diesen Geheimnissen, die sowieso ganz natürlich sind, weg.

Sollte trotzdem jeder Mensch ein Geheimnis haben, auch wenn es etwas Schlimmes ist, das er keinem anvertrauen möchte? Wie stellt ihr euch das Leben vor, wenn es keine Geheimnisse gäbe? Eigentlich hätte es doch einerseits auch etwas Positives. Würde es keine Geheimnisse mehr geben und der Mann die Trennung von der Familie nicht wollen, so würde er vielleicht auch davor abschrecken, fremd zu gehen. Genauso würde es viel weniger Kriminalität geben, wenn jeder Kriminelle gleich zur Polizei laufen und sich stellen würde. Der Nachteil wäre, dass der Beruf des Polizisten so gut wie aussterben würde. Könntet ihr euch dennoch ein Leben ohne schlimme Geheimnisse vorstellen, wie gesagt von den ganz normalen Alltagsgeheimnissen wie der Kontonummer oder dem Passwort mal abgesehen?

» iCandy » Beiträge: 1584 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Es gibt sicherlich Dinge, die man keinem erzählt. Zum Teil aber auch deswegen, weil man aus dem Erzählen gar nicht mehr heraus käme, wenn man alles erzählen müsste und dann sicherlich auch, weil es Dinge gibt die kaum einer oder keiner fragt. Und gewisse Dinge wird man sicherlich nicht unbedingt von sich aus erzählen.

Ich denke aber durchaus, dass es Menschen gibt die wirklich keine Geheimnisse haben oder zumindest nichts wirklich erzählenswertes. Schlimmer ist es doch dann, wenn man wirklich ein Geheimnis hat, was man keinem erzählen will oder wenn man einen anderen sogar deswegen belügt. Ich bin grundsätzlich für Ehrlichkeit. Klar, wenn man etwas wirklich schlimmes getan hat, behält man es mit Sicherheit für sich, wenn da Konsequenzen drohen - aber wer hat denn schon wirklich etwas derart schlimmes getan?

Geheimnisse machen meiner Meinung nach auch nicht wirklich interessant. Derjenige hat quasi immer eine Lücke im Lebenslauf und wie gesagt, da ich für Ehrlichkeit bin, wäre das dann auch widersprüchlich. Bei fremden Menschen kann einem das ja egal sein, aber sonst fände ich das schon sehr anstrengend und nicht schön und schon gar nicht interessant.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Die Frage, ob jeder Geheimnisse haben sollte, verstehe ich nicht ganz. Man müsste das Wort Geheimnis erst einmal definieren. Denn wenn man als Geheimnis alles bezeichnen würde, was man als einziger weiß, würde da sehr viel hineinfallen. Gedanken, Träume, Handlungen - jeder Mensch hätte dann Millionen Geheimnisse. Ich würde allerdings nur Dinge mit Priorität als Geheimnis bezeichnen. Verschiedene Passwörter und Codes wären solche Geheimnisse. Ob nun jeder welche haben sollte, kann ich nicht sagen.

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» mendacium. » Beiträge: 750 » Talkpoints: 17,61 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Geheimnisse oder Informationen sind etwas, was einem selbst gehören und einem die Möglichkeit gibt, sich von anderen "trennen" zu können. Wenn man sich den Menschen abstrakt vorstellt, dann ist er nichts weiter als eine Informationseinheit. Das, was alle Informationseinheiten voneinander trennt, ist die Art der Info. Manche Infos passen zusammen und manche eben nicht, schließen sich aus, stoßen sich ab. Hinter jeder Infoeinheit steckt demnach ein Interesse, welcher ein jeder hat. Die Interessen der Polizei, also des Staates sozusagen, für die Sicherheit aller zu Sorgen, passt nicht mit der Infoeinheit und dem Interesse von "Verbrecher", also von Leuten, die eben im absolut eigenem Interesse handeln und nicht die nach dem "Gemeinwohl".

Das heißt, man könnte keine Geheimnisse haben, wenn man dem jeweils anderen in die Gedanken schauen könnte. Auf der anderen Seite würde so etwas wie Lügen dann erst gar nicht entstehen, weil wir für alle und jeden "durchlässig" wären. Es gäbe keine abgeschotteten Körper voneinander, wie jetzt, sodass es ein wirkliches Eigeninteresse und Verfolgung von individuellen Zielen nicht gäbe, die nur mithilfe von Geheimhaltung von Informationen gegenüber anderen erreicht werden könnten. Jeder würde sozusagen die "Wahrheit" sagen, wobei es glaube ich auch das Wort "Wahrheit" an sich nicht gäbe, weil es eben keine "Lüge" gibt. Jeder ist für jeden empfänglich, alles läuft wie ein Automat ab. So wie ein Computer. Dort ist alles aufeinander abgestimmt, es gibt keine Teile, die Informationen "für sich behalten".

Die Welt sähe anders aus. Sie wäre vorausschaubar und damit aus unserer Sicht langweilig. Hast du mal den Film "Lügen macht erfinderisch" gesehen? Der passt eigentlich total gut auf deine Frage. Dort sagt jeder die Wahrheit, obwohl das normal ist, also es "Wahrheit" an sich nicht gibt. Das heißt, es gibt keine Geheimnisse. Jeder sagt geradeaus, was er dem anderen gegenüber empfindet. Es trifft sich dort bspw. ein Pärchen zum Date. Zuvor treffen sie sich kurz bei ihr und sie sagt ihm, nachdem sie ihn zum ersten mal an der Tür sieht, dass sie sich auf den Abend schon jetzt nicht freut, weil er ihr nicht gefällt und aufgrund seines Aussehens kein genetisch guter Partner ist. Sie bittet ihn sich hinzusetzen und kurz zu warten, damit sie noch schnell nach oben in ihr Schlafzimmer kann um zu Ende zu masturbieren. Er sitzt da, mit ganz neutraler Stimmung und sagt so etwas wie: " Oh, Ok."

Ohne Geheimnisse, glaube ich, wären wir alle sehr neutrale, gefühlsarme Automaten, eben weil wir wissen, was Sache ist.

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» esprit*87 » Beiträge: 456 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Es gibt einerseits Geheimnisse über Dinge, die man gemacht hat, auf die man nicht sonderlich stolz ist. Zum Beispiel Ehebruch oder auch Straftaten könnten sowas sein. Aber es gibt auch Geheimnisse, für die man aktiv nichts kann und die man trotzdem niemandem erzählen möchte. Wenn man vergewaltigt wurde oder sonst irgendwie Opfer von etwas, oder wenn man als Vertrauter etwas von jemand anderem erfahren hat und derjenige nicht will, dass man das weitererzählt, und man etwas erfahren hat, was man eigentlich vielleicht gar nicht hätte wissen wollen. Oder man hält es eine Weile geheim, wenn man sich in jemanden verliebt hat.

Du schilderst eingangs, dass es für Passwörter oder sensible Finanzdaten ja gut ist, dass kein Unbefugter sie kennt. Für Passwörter, okay - aber wieso ist es denn gut wenn ich nicht den Kontostand meines Nachbarn erfahren kann wenn ich es will? Mit dem Kontostand kann ich ja nichts machen wie sein Konto leer räumen oder so, es ist eine bloße Information über die Person. Ich verstehe nicht, wie du das schützenswert finden kannst und gleichzeitig meinst, alles andere wäre nicht gut, wenn es geheim bleiben sollte.

Ich finde nicht, dass jeder Mensch ein Geheimnis haben sollte, oder das jeder Mensch gar Geheimnisse haben müsste. Aber ich gehe jede Wette ein, dass jeder Mensch auf der ganzen Welt Geheimnisse hat, egal ob er darauf wert legt dass sie geheim bleiben und vielleicht sogar lügt, um das Geheimnis zu wahren, oder ob er sie einfach nur verschweigt indem er nicht darüber spricht. Das fängt doch schon beim kleinen Kind mit Süßigkeiten an und zieht sich auch immer weiter fort.

Ich für meinen Teil habe eine Menge kleiner und auch großer Geheimnisse vor der Welt und finde es absolut gut so. Es unterliegt meiner freien Entscheidung, wann oder ob ich es überhaupt jemals irgendjemandem erzähle, und ob ich denjenigen darum bitte, es auch für sich zu behalten (ein Geheimnis kann ja auch nur einer kleinen Gruppe von Menschen bekannt sein, es muss keine Einzelperson sein), oder ob ich demjenigen freistelle, was er mit dieser Information von mir macht.

Und das allerwichtigste: Ich würde von 99,9% der Menschheit die Geheimnisse gar nicht wissen wollen. Ich möchte nichts über die Tattoos meines Chefs wissen, ich will nicht wissen was meine Ärztin für sexuelle Vorlieben hat und ich will nicht wissen, ob meine Eltern manchmal darüber nachdenken wie ihr Leben gewesen wäre wenn ich nicht geboren worden wäre. Ich kann mein Leben leichter führen wenn ich mit solchen Informationen nicht zugepflastert und belastet werde, und das gefällt mir sehr gut so.

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» Taline » Beiträge: 3594 » Talkpoints: 0,75 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich finde nicht, dass jeder Mensch zwangsläufig ein Geheimnis haben muss. Wenn man nichts zu verbergen hat und es nichts gibt, was man vor anderen geheim halten möchte, dann muss man sich auch nichts zwangsläufig ein Geheimnis ausdenken, nur um eines zu haben. Allerdings finde ich es durchaus ratsam, einige Dinge einfach für sich zu behalten und sie nicht weiter zu erzählen. Immerhin muss man nicht immer alles über sich verraten und es gibt durchaus auch Sachen, die niemanden etwas angehen und die man lieber nicht weiter erzählen sollte. Manchmal ist das besser und man verschafft sich nur einen Nachteil, wenn man wie ein offenes Buch zu lesen ist. Deshalb sind einige Geheimnisse durchaus sinnvoll.

Auch vor dem Partner darf man kleine Geheimnisse haben, wie ich finde. So möchte ich nicht unbedingt, dass mein Partner alle meine Passwörter kennt, auch wenn ich nichts zu verbergen habe. Dennoch möchte ich einfach eine gewisse Privatsphäre haben und da muss es nicht sein, dass man alles von sich verrät. Dabei muss mein Partner auch nicht genau wissen, was ich in bestimmten Momenten denke und ich glaube, dass es manchmal besser ist, etwas für sich zu behalten, um keinen Streit zu provozieren.

Wenn man immer alles über sich verrät, dann ist man in gewisser Weise auch uninteressant. Man lässt dem anderen keine Chance, selbst etwas über einen herauszufinden, da man ihm alles auf die Nase bindet. Auf diese Weise können andere Menschen schnell das Interesse an einem verlieren, da man wie ein offenes Buch für sie ist. Das kann natürlich schnell langweilig werden und wenn man immer alles über jemanden weiß, dann geht natürlich auch der Reiz verloren, diese Person besser kennen zu lernen.

Manchmal muss man auch kleine Geheimnisse haben, da man auf diese Weise auch schnell einen Streit vermeiden kann. Nicht immer ist es gut, jemandem alles zu verraten und wenn man eine Information hat, die jemanden verletzen könnte, dann ist es manchmal auch besser, diese für sich zu behalten, solange es sich nicht um eine allzu wichtige Information handelt. Von daher finde ich durchaus, dass kleine Geheimnisse zum Leben dazu gehören und ich finde durchaus, dass jeder auch das eine oder andere Geheimnis haben kann.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


Ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass es einen geistig gesunden Menschen gibt, der keine Geheimnisse hat, sondern wirklich jede Idee, jeden Gedanken und sein ganzes Innenleben völlig bedenkenlos preisgibt.

Dann hätte derjenige welche ja schließlich beispielsweise überhaupt kein Problem, etwa seinem Chef seine Masturbationsfantasien mitzuteilen, seiner nervigen Nachbarin die Hoffnung anzutragen, sie möge doch bald das Zeitliche segnen oder den besten Kumpel seines Sohnes als fett und ein bisschen beschränkt zu bezeichnen. Und dann ist der Weg in die geschlossene Abteilung oder vor Gericht nur noch ein kurzer. :D

Daher bin ich der Meinung, dass es für ein effizientes und halbwegs harmonisches Zusammenleben in einer Gesellschaft geradezu nötig ist, Geheimnisse zu haben, die man niemandem verrät, und die sich nicht nur auf Passwörter oder Kontodaten erstrecken.

Wenn man natürlich die "romantische" oder pikante Interpretation von Geheimnis wählt, sprich unerwiderte Liebschaften, heiße Affären, obskure Hobbys oder ein Doppelleben als Verbrechensbekämpfer, finde ich dagegen nicht, dass sich jeder Mensch so etwas zulegen muss, um als interessant zu gelten.

» Gerbera » Beiträge: 11317 » Talkpoints: 49,13 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Gerbera hat geschrieben:Dann hätte derjenige welche ja schließlich beispielsweise überhaupt kein Problem, etwa seinem Chef seine Masturbationsfantasien mitzuteilen, seiner nervigen Nachbarin die Hoffnung anzutragen, sie möge doch bald das Zeitliche segnen oder den besten Kumpel seines Sohnes als fett und ein bisschen beschränkt zu bezeichnen.

:lol: Selten so gelacht bei einem Kommentar. Herrlich. Das hebt direkt die Laune, danke Gerbera. Oder wie sagt man auf Neudeutsch? Made my Day. :D

Ich finde du hast voll und ganz recht. Mag sein, dass man vor seinem Partner mitteilsamer ist und dem schon erzählen würde, dass man den Kumpel des eigenen Sohnes als fett bezeichnen würde oder dass die Nachbarin doch endlich mal verschwinden soll, aber das würde man höchstens dem Partner und niemandem sonst erzählen. Wobei es auch in einer Beziehung genug Geheimnisse gibt finde ich. Ich halte es für ziemliche Utopie, dass es überhaupt einen geistig gesunden Menschen gibt, der gar keine Geheimnisse vor niemandem hat.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


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