Englisch nicht mögen, da nicht Gesiezt wird?

Mein Freund mag die englische Sprache nicht besonders. In meinem Arbeitskreis wird nur englisch gesprochen da die meisten Doktoranden gar kein Deutsch können. Natürlich wird man dann von allen geduzt, auch von den Studenten. Und das findet mein Freund sehr störend. Er meint, dass damit auch ein bisschen untergeht das zum Beispiel ich oder ein Professor über den Studenten stehen und Autoritätspersonen sind.

Seiner Meinung nach ist es wichtig freundschaftliche von beruflichen und autoritären Ebenen zu trennen und das gibt es im Englischen eben nicht. Ich selbst finde das aber eher gut und genieße es, dass ich keinen Siezen muss. Ich finde das durch das Siezen eine unnötige Distanz entsteht und Freundschaften erschwert werden.

Habt ihr es gerne wenn ihr Gesiezt werdet und ist es euch wichtig, dass ihr diese Möglichkeit habt? Oder ist es euch ganz recht das es im Englischen kein Sie gibt und man daher jeden duzt?

Gerade am Anfang, als ich die Sprache gelernt habe, hat mich das auch ein bisschen irritiert, aber mittlerweile sehe ich es als gegeben an und dann finde ich es auch nicht weiter schlimm, wenn man mich nicht immer nur siezt. Ich finde es generell nicht so extrem wichtig, dass man immer das Sie verwendet. Gerade wenn man zusammen arbeiten muss, schafft das sicherlich auch ein besseres Arbeitsklima, wenn man nicht immer nur das Sie verwenden muss.

Mir wäre es wesentlich lieber, wenn ich nicht siezen müsste und nicht gesiezt werden würde. Man kann so unglaublich leicht anderen Leuten auf den Schlips treten, wenn man sie aus Versehen oder aus Unkenntnis nicht siezt. Diese Erfahrung habe ich zumindest bei mir auf der Arbeit gemacht und sehne mich geradezu nach einer Verständigung, bei der nicht die Sprache entscheidet, wen man respektiert, sondern der tatsächliche Umgang. Es gibt in der Abteilung leider nur einen Kollegen, der das ähnlich sieht.

Außerdem finde ich ebenfalls, dass es wichtigere Dinge gibt, als "ordentlich" zu siezen. Englisch empfinde ich in dieser Hinsicht sehr angenehm, habe aber nur in der Freizeit Gelegenheit, es auch zu benutzen. Ich glaube auch, dass es das Arbeitsklima angenehmer und die Integration neuer Kollegen einfacher gestaltet.

Wieso siezt man im Englischen nicht? Das Du ist vor langer Zeit weggefallen, jetzt ist das Sie Standard. Mehr Nähe stellt man über die Art der Sprache her. Englisch ist doch im geschäftlichen Verkehr und im Umgang mit Autoritäten sehr formell. Als nicht hierarchisch habe die Sprache im Alltag nie empfunden, es ist doch ein sehr distanzierter Eiertanz.

Geht man davon aus, dass man duzt und geht mit Kollegen, Vorgesetzten oder Fremden so um, dann eckt man enorm an. Einfacher ist es die Ansprache als das zu sehen, was es ist: als Sie. Dann kommt man sehr gut zurecht.

Ganz recht, Cooper. Man siezt im Englischen immer, zumindest solange “thou“ und “thee“ nicht wieder eingeführt werden. Ich finde es auch reichlich skurril und ein bisschen engstirnig, Fremdsprachen auf wertende Art mit dem Deutschen zu vergleichen.

Hierarchien und Distanz kann man schließlich auf die unterschiedlichsten Arten ausdrücklich, etwa auch durch die Verwendung von Titeln oder allgemein durch die Wortwahl. Das Fehlen einer vertrauten oder distanzieren Anredeform wie im Deutschen führt noch lange nicht zu unangemessener Kumpelhaftigkeit. Mit einem gewissen Sprachgefühl merkt man das ganz schnell. Und zudem gibt es ja auch noch kulturelle und charakterliche Unterschiede, die mit der Sprache an sich gar nicht mehr viel zu tun haben.

Ich habe Anglistik studiert und liebe die englische Sprache. Insgesamt sind Sprachen toll, weil sie so unterschiedlich voneinander sind. Ich denke, da sollte man nicht werten. Ich sage ja auch nicht: Deutsch ist doof, Finnisch ist viel toller weil die ein umfangreicheres Kasus-System haben.

Ich habe es noch nie verstanden, warum manche Menschen so auf ihr "Sie" bestehen oder ihren Wert davon abhängig machen auf welche Art und Weise sie angesprochen werden. Wenn deine Autorität nur von einem "Sie" abhängt hast du nämlich keine, auch nicht als "Sie".

Aber generell hat die Art und Weise wie man miteinander umgeht und wie vertraut man erscheint doch mit der Sprache eh viel weniger zu tun als mit der Kultur. Ich habe zum Beispiel schon mit Amerikanern gearbeitet, bei denen ich nach dem Nachnamen fragen musste, weil die sich direkt mit Vornamen vorgestellt haben und auch E-Mails und solche Sachen nur mit Vornamen unterschrieben wurden. Bei Engländern ist mir das bisher noch nicht passiert.

Ich finde es in der englischen Sprache auch immer ein wenig schwierig, es herauszufinden, wann man sich siezen und wann man sich duzen würde, wenn man es mit der deutschen Anrede vergleicht. Aber ich gehe auch davon aus, dass ich erst mal die erwachsenen Personen zumindest siezen würde. Und so stelle ich es mir dann auch vor und die Anrede stört mich dann gar nicht und sicher würde ich nicht deswegen die ganze Sprache nicht mögen.

Ich würde das gar nicht so sehen, dass im Englischen nicht gesiezt wird. Natürlich verwendet man immer "you", egal ob man nun mit einem Freund oder Professor sprecht, aber wenn ich mit einem Professor spreche, dann sehe ich das "you" niemals als duzen an. Ich nehme dann einfach automatisch an, dass ich die Person sieze und spreche dann eben entsprechend respektvoll mit ihr.

Ich finde es aber viel angenehmer, wenn es nur eine Form gibt, so dass man sich gar nicht erst überlegen muss, ob man eine Person nun siezt oder duzt. So kann man viel weniger ins Fettnäpfchen treten und es ist einfacher und unkomplizierter. Ich mag das einfach lieber.