Lest ihr Lebensbeichten in Zeitschriften?
Meist in Frauenzeitschriften findet man solche kurzen Erzählungen, in denen andere Frauen beichten, was sie in ihrem Leben so erlebt haben. Das können schmerzhafte Dinge sein, wie dass ihre Ehe an einem Seitensprung gescheitert ist oder aber ihnen ein persönliches Unglück widerfahren ist. Oder aber Berichte darüber, wie sie die große Liebe gefunden haben oder was bisher der größte Fehltritt in ihrem Leben war.
So in Jugendjahren habe ich das gerne mal gelesen. Und besonders von älteren Frauen weiß ich, dass die solche Zeitschriftenbeiträge auch gerne mal lesen. Aber wie ist das bei euch so? Überblättert ihr so etwas? Oder findet ihr das spannend, so ganz legal im Leben anderer herum zu schnüffeln? Kauft ihr euch sogar extra Zeitschriften, die mit solchen Geständnissen komplett gefüllt sind? Redet ihr mit anderen über eure Lesevorliebe oder eher nicht?
Ich will jetzt niemandem die Illusion rauben, aber meine Cousine hat früher solche "Lebensbeichten" geschrieben. Nicht über ihr eigenes Leben sondern nach den Vorgaben des Verlags, für den sie gearbeitet hat. Ich habe damals ein paar von ihrem Geschichten gelesen und - natürlich mit einer ordentlichen Portion Dramatik - in lustiger Runde vorgetragen.
Das ist ein Job, der nicht wirklich gut bezahlt wird, vor allem, wenn man zu den Vorgaben erst mal ein bisschen recherchieren muss. Man kann ja mit Mitte Zwanzig nicht so ohne weiteres aus der Sicht einer Fünfzigjährigen schreiben, man muss wissen, was in ihrer Jugend angesagt war oder einfach, was ein üblicher Lebenslauf von so jemandem ist. Aber für meine Cousine war es in der Examenszeit der optimale Job, weil sie sich die Zeit selber einteilen und sich damit vom lernen ablenken konnte. Für einen anderen Job hätte sie wohl keine Zeit gehabt.
Wenn ich so etwas lesen würde, was ich aber nicht tue, würde ich das also mit diesem Wissen tun und die Geschichten dann eben als die Fiktion sehen, die sie ist, und nicht als die Lebensgeschichte einer real existierenden Person.
Ich sehe das zwar ähnlich kritisch wie cloudy - halte aber solche Artikel als sehr unterhaltsam. Auch wenn sie wirklich von einer Mitarbeiter/in des Verlags geschrieben wurden, liegen den Geschichten meist zumindest in Einzelteilen wahre Geschichten zugrunde.
Ich finde man kann das mit vielen Fernsehprogrammen vergleichen. Früher gab es ja haufenweise von diesen Richtersendungen. Nicht unbedingt genau so passiert (bzw. meist mit Sicherheit nicht) aber durchaus unterhaltsam..
Danke, Karl86. Mir ging es hier wirklich nur darum, darüber zu lesen, ob und wenn ja warum man so etwas liest. Ob die Geschichten sich so zugetragen haben und wer sie geschrieben haben könnte, wollte ich hier gar nicht diskutieren, denn das hat mit dem Konsum recht wenig zu tun. Und letztlich finde ich das sowieso unerheblich. Wenn ich beispielsweise Kafka lese, frage ich mich auch nicht, ob das tatsächlich passiert sein könnte, dass sich da ein Mann über Nacht einfach so in ein Tier verwandelt. Wenn einen eine Story interessiert oder unterhält, ist es meiner Ansicht nach zweitrangig, ob das ganze auf Tatsachen beruht oder nicht.
Natürlich hat das etwas mit dem Konsum zu tun, ob diese Geschichten wahr sind oder nicht. Warum glaubst du wohl, dass diese Geschichten dem Leser als wahre Geschichten verkauft werden? Warum da nicht groß und breit dabei steht, wer die Geschichte geschrieben hat, wie das bei anderen Artikeln der Fall ist? Warum wird da so offensichtlich gelogen? Weil viele Leser sich nicht für diese Geschichten interessieren würden, wenn sie wüssten, dass sie nur ausgedacht sind.
Natürlich ist eine gute Geschichte eine gute Geschichte und sie wird eigentlich nicht besser oder schlechter wenn man weiß, dass es eine wahre oder erfundene Geschichte ist. Aber Tatsache ist doch, dass das Zielpublikum von diesen Geschichten nicht Leute sind, die gute Geschichten lesen wollen, sondern Leute, die wahre Geschichten lesen wollen. Du hast ja selber auch vom herum schnüffeln im Leben anderer geschrieben, also ist dir doch selber auch klar, dass das eben nicht genau wie Kafka lesen ist,
Ich bin mir auch recht sicher, dass es in sehr vielen Zeitschriften so ist, dass die Beichten einfach vom Journalist selbst geschrieben wurden. Warum sollte man sich auch die Mühe machen, irgendwelche Leute zu befragen, wenn man so etwas einfach schnell selbst schreiben kann? Das ist für den Verlag günstiger, wobei das ja auch nicht auffliegt. Immerhin sind diese Beichten ja in der Regel anonym.
Ich finde diese Beichten dennoch unterhaltsam und witzig. Nicht deshalb, weil ich glaube, dass sie wahr sind, sondern weil sie oft einfach unterhaltsam und witzig geschrieben sind. Ich suche nun nicht gezielt nach solchen Beichten, aber wenn ich so etwas mal sehen sollte, lese ich es mir eben auch durch. Manchmal ist da auch etwas dabei, über was man grinsen kann.
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