Zeuge hoch rassistischer Aussagen, wie reagieren?

Meine Freundin, mein Freund und ich sind heute mit dem Bus in die Innenstadt gefahren. Eigentlich wie immer, wenn wir uns entschließen das Auto bei Seite zu lassen und gemeinsam etwas spazieren zu gehen/fahren. Dabei sind uns mehrere junge Menschen, circa vier, in dem Bus aufgefallen, welche sich auf einem Viererplatz positioniert haben.

Wenn ich die Burschen jetzt nach dem Alter schätzen müsste, würde ich sagen, dass sie um die 16 Jahre alt waren. Einer von ihnen wirkte auf mich auch eher so, als sei er Südländer, kann ja auch sein. Sie haben sich über schulische Erlebnisse unterhalten und Ausländer in der Klasse. Dabei wurde hochgradig rassistisch gesprochen.

Ich möchte auch wirklich nicht richtig wiederholen, was da gesagt wurde, aber man hatte irgendwie das Gefühl, nicht vier Jugendliche wo einer einen südländischen Touch hatte neben sich sitzen zu haben, sondern vier Glatzen mit Springerstiefel. Da wurde schon richtig hergezogen.

Jetzt wüsste ich gerne, wie man als Außenstehender eigentlich reagieren soll? Mein Freund war nicht wirklich geschockt, meine Freundin allerdings schon und selbst mir waren die Aussagen schon eine Schüppe zu viel. Würdet ihr diejenigen darauf ansprechen, wenn ihr so etwas mitbekommt oder denkt ihr euch euren Teil und das war es?

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich reagiert hätte. Einerseits würde es den Teenagern gut daran tun, wenn man ihnen mal den Kopf wäscht. Allerdings war das alles in einem Bus. Da wird wohl kaum Zeit für weitläufige Diskussionen haben, je nachdem wie lange man noch fahren muss und ob man gleich aussteigen muss.

Als Teenager ist man vielleicht noch prägbar in dieser Hinsicht, weil sich derartige Meinungen (hoffentlich) noch nicht allzu sehr gefestigt haben und man nur cool sein möchte und dazu gehören möchte. Andererseits denke ich, dass sich das bestimmt zu handgreiflichen Aktivitäten hochschaukeln könnte.

Ich weiß nicht, wie ich da reagiert hätte wie gesagt, zu viele Variablen, von denen ich nichts weiß. Fakt ist, ich hätte definitiv eingegriffen, wenn es gezielt gegen einen anwesenden (optisch aussehenden) Migranten gegangen wäre.

Wenn damit niemand direkt angegangen worden ist sondern nur "geprahlt" dann würde ich rein gar nichts machen. Denn wenn man diesen Leuten Aufmerksamkeit und Beachtung schenkt, dann fühlen sie sich auch noch bestätigt darin was sie von sich geben. Beachtet man das ganze nicht weiter, dann hören sie irgendwann damit auf. Jede Form von Beachtung ist somit zu vermeiden und wer weiß ob ihr nicht angegangen worden wärt, wenn ihr euch einfach in ein solches "Gespräch" einmischt.

Solang diese Aussagen nicht gegen einen Menschen direkt im Bus verwendet werden und dieser damit belästigt oder angegangen wird, sehe ich keinen Handlungsbedarf mich auf solch niederes Niveau zu begeben und mit den Menschen zu "verhandeln" über ihre Ausdrucksweise. Ein solches Gespräch ist doch sinnlos, 5 Minuten später ist das bereits vergessen wenn das Gesagte im Kopf überhaupt erst einmal ankommt.

Die Glatzen sind übrigens nicht die schlimmsten die so etwas von sich geben. Die Beobachtung die du gemacht hast, dass sich immer mehr Menschen mit eigenem Migrationshintergrund über andere belustigen und diese angehen nimmt zu. Aussehen und Optik alleine sagen wenig aus, es gibt auch genug Schwarze die Negerwitze machen. Die meisten Nazis findet man übrigens nicht in Deutschland sondern in den USA um auch dieses Klischee mal aus der Welt zu schaffen. Auch wenn die Amis gerne behaupten wir sind alle Nazis nur weil wir Deutsche sind.

Ich sehe hier auch kaum noch offensichtliche "Rechte" ala Glatze & Co, wie es in den 90er der Fall war. Das sieht in gewissen US-Gebieten anders aus, was sicherlich aber auch daran liegt, dass Meinungsfreiheit in den USA ein höheres Gut ist, als hier. Da sind auch Nazisymbole als Tattoos nicht verboten, wo man sie sehen kann.

Das was Du schreibst @Sorae stimmt. Immer mehr Ausländer, egal welcher Herkunft, lästern teilweise über eigene Landsmänner, Flüchtlinge, Deutsche & Co. Das bekommen wir hier des Öfteren mit. Teilweise auch mit Sprüchen wie "alle nach Hause schicken", was noch die harmlosesten Varianten sind. Das kriegen wir hier auch mit, was mich eigentlich total verwundert.

Ne, so weit ich das verstanden habe, ging es um niemanden explizit im Bus, sondern Schulbekannte und Menschen im Allgemeinen. Eben auch um Flüchtlinge, wo der offenbar ausländische meinte, dass hier keiner rein soll. Er sagte wortwörtlich "Die Marocks kommen nur hier her, weil ihr doofen Deutschen euch alles gefallen lasst und ihnen alles in den Arsch steckt". Das würde es bei ihm nicht geben und in Marokko würde auch kein Deutscher irgendwas kriegen, weil er da ist. So hat er es dann gesagt.

Solche Aussagen kamen zwar, die meine Freundin erschreckt haben, weil es eben von einem offenbaren Jungen kam, der südländisch wirkt. Es gab natürlich auch viel schlimmere Aussagen, allesamt zwar nicht so, dass man sie wegen Rasissmus anschwärzen konnte, aber schon alle massivst grenzwertig.

Kätzchen14 hat geschrieben:Er sagte wortwörtlich "Die Marocks kommen nur hier her, weil ihr doofen Deutschen euch alles gefallen lasst und ihnen alles in den Arsch steckt". Das würde es bei ihm nicht geben und in Marokko würde auch kein Deutscher irgendwas kriegen, weil er da ist. So hat er es dann gesagt.

Ich verstehe die Aussage sehr gut und teile sie. Das ist nicht das eigentliche Problem, welches ich hatte. Es wurde ja auch andere Sprachgebräuche gewählt, die durchaus rassistischer waren. Das was er gesagt hat, stimmt für mich ebenso vollkommen.

Dasselbe würde ich auf 80 Prozent der Rumänen, Bulgaren, Tunesier & Co zurückführen. Es hat schon Gründe, abgesehen vom Syrer, wieso Deutschland gewählt wird. Denn wir besitzen die Grundsicherung, die andere nicht haben. Hier gibt es Geld für jemanden der vorgaukelt, daheim verfolgt zu werden usw. Das teile ich, was er meinte.

Ich bin eben auch nicht von gestern, kenne genügend Ausländer aus Marokko, Libanon, Türkei & Co, um seine Aussage sogar noch weiter ausführen zu können, weil mir diese das nochmals deutlich zeigen, was Deutschland für sie ist - der Geldhahn. Doch ich wollte jetzt sicherlich nicht einem 16 Jährigen dort Recht geben oder mich vorsichtig gesagt ins Gespräch einmischen.

Es wurde auch über Israel und Palästina gesprochen. Da wurde er allerdings verdammt hitzig. Der offenbar deutsche Junge meinte, was beschwerst du dich, die "Juden" haben aus dem zweiten Weltkrieg gelernt und lassen sich von niemanden mehr etwas gefallen.

Der Junge mit südländischem Touch wiederum hat jeden Juden schlecht geredet und meinte, dass Palästina die Opfer wären. Da wurde die Debatte unter Freunden etwas hitziger und schon deutlich frecher. Gut wir wissen natürlich auch alle, was solche Themen für Betroffene bedeuten können und das hier auch ein ernstes Thema so heftig diskutiert wurde, würde ja zeigen, dass sich dort welche für die Themen auch wenigstens interessieren.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht weiß, wie ich reagiert hätte. So was hängt immer von mehreren Faktoren ab. Sicher ist es richtig, wenn man in so einem Falle Zivilcourage zeigt und sich für die anderen Leute einsetzt - allerdings wurde in diesem Falle niemand direkt verdrängt oder verletzt und dementsprechend sollte man sich dann fragen, ob es sich lohnt, wenn man sich in so einer Diskussion einmischt? Sicher, es wäre richtig, aber man muss nicht seine eigene Haut riskieren, wenn man sich alleine gegen vier Typen behaupten müsste die allesamt hoch wie breit sind, solange niemand anderes verletzt wird.

Mich selbst stören solche Aussagen von fremden Leuten auch immer extrem. Ich verstehe nicht, wie man anderen Menschen gegenüber, die ja der gleichen Spezies angehören wie man selbst, so feindlich gesinnt sein kann. Was ja der Supergau bei solchen Sachen ist, wenn es selbst nicht mal "deutsche" Jugendliche waren, wenn man es so nennen kann, sondern selbst Südländer, die ihre Wurzeln ganz woanders haben. Die würden sich auch gewaltig umschauen, wenn die NPD sich durchsetzen würde, deren Parolen sie ja selbst so doll schwingen alá "Ausländer raus", dann wären sie nämlich auch ganz schnell draußen.

Ich glaube in genau der Situation, wie du sie oben beschrieben hast, hätte ich mich eingemischt, wenn ich nicht alleine gewesen wäre und noch andere Leute im Bus gewesen wären. Ich hätte ihnen klar und deutlich gesagt, was ich von solchen Ausländerfeindlichen Parolen halte und dass sie so was doch bitte woanders diskutieren können, wo sie mir nicht mit ihrer geistigen Diarrhoe auf die Nerven fallen.

Wer weiß, ob sich da nicht vielleicht doch noch ein paar andere Leute angeschlossen hätten - je mehr Leute sich dafür einsetzen, desto effektiver ist es. Wenn man in der Öffentlichkeit im Bus so eins auf den Deckel verpasst bekommt für seine Aussagen, das dann auch noch von mehreren Seiten, dann merkt man sich das als Jugendlicher hoffentlich und lernt daraus, dass man so was in der Öffentlichkeit nicht von sich gibt und sich von solchen Ansichten im Idealfall gleich wieder verabschiedet.

Deshalb denke ich, dass man immer das machen sollte, was man für richtig hält. Wenn man sich selbst dabei nicht gefährdet (das ist immer am wichtigsten), dann sollte man ruhig seine eigenen Ansichten und Meinungen, auch in der Öffentlichkeit, vertreten und dafür sorgen, dass solches braunes Gedankengut nicht weiter verbreitet wird.