Unbeliebteste medizinische Fachrichtung im Studium?

vom 06.07.2016, 20:33 Uhr

Ich habe zur Zeit keine aktiven Kontakte zu Leuten, die Medizin studiert haben, daher frage ich hier, vielleicht ist ja jemand dabei, der sich mit dem Medizin-Studium auskennt. Was ich mich frage, ist, welche der medizinischen Fachrichtungen am unbeliebtesten ist und warum das so sein könnte. Gekommen ist mir dieser Gedanke, als ich mal wieder feststellte, dass es bei manchen Disziplinen wirklich schwierig werden kann, einen Termin bei einem hierfür spezialisierten Arzt zu bekommen.

Ich könnte mir vorstellen, dass es Richtungen sind, wo der Aufwand sehr hoch ist, aber der Ertrag später einigermaßen niedrig sein wird oder auch Richtungen, die viele gar nicht interessieren, wie zum Beispiel der Proktologe. Aber im Endeffekt kann ich nur spekulieren und habe kein Wissen. Angeblich sollen ja die Internisten am beliebtesten sein, manche Quellen wiederum nennen Neurologie als unbeliebt, andere wiederum benennen genau jene Richtung als beliebt.

Was sind denn sehr unbeliebte Fachrichtungen und warum ist das so? Welche Faktoren spielen da die Hauptrolle? Die wissenschaftliche oder eher die pragmatische und finanzielle Seite? Gibt es Fachrichtungen, wo man später nur schwer unterkommt?

» Verbena » Beiträge: 4921 » Talkpoints: 0,32 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Im Studium ist es noch ziemlich egal, schließlich kommt der Facharzt erst nach dem Studium. Generell unbeliebt ist die Allgemeinmedizin. Hausarzt, eventuell auch noch auf dem Land, wollen nur wenige werden. Dabei ist noch nicht einmal die Vergütung das große Problem. Kassenzulassungen in dem Bereich gibt es da, wo niemand hin möchte.

Urologie und Neurologie ist auch nicht unbedingt die erste Wahl, das interessiert nur wenige. HNO und Augenheilkunde reißt auch nur Minderheiten vom Hocker. Obwohl viele den Kontakt mit ungewaschenen Patienten vermeiden wollen, sind Frauenheilkunde und Kindermedizin recht beliebt.

Die meisten streben in die Innere Medizin und die weiteren Spezialisierungen in dem Bereich. Das bringt nicht unbedingt Ruhm und Ehre, aber nach ein paar Jahren ist eine Stelle im Krankenhaus mit recht geregelten Arbeitszeiten in Aussicht. Das streben mehr an als die eigene Praxis.

» cooper75 » Beiträge: 13379 » Talkpoints: 509,93 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Wenn du nur schwer einen Termin bei einem Facharzt bekommst hat das nicht unbedingt etwas damit zu tun, dass sich zu wenig Mediziner in dieser Fachrichtung ausbilden lassen. Das Problem, das hier schon erwähnt wurde, heißt Kassenzulassung.

Du hast ja als Arzt nicht die Freiheit dort eine Praxis aufzumachen wo du möchtest. Wenn die Kassenärztliche Vereinigung keinen Bedarf sieht bekommst du keine Zulassung für deinen Wunschort und da scheint einiges völlig am Bedarf vorbei geplant zu werden. Bei uns scheint es zum Beispiel extrem schwer zu sein einen Kinderarzt zu finden, der noch neue Patienten nimmt, und nicht wenige Eltern fahren deshalb in Nachbarstädte und das ist mit Sicherheit keine unbeliebte Fachrichtung.

Man hört immer wieder, dass es an Hausärzten, also an Allgemeinmedizinern, mangeln würde, aber das muss ja auch nicht unbedingt etwas mit der Beliebtheit in der Ausbildung zu tun haben. Das bezieht sich ja immer auf Ärzte, die eine eigene Praxis betreiben und vielleicht ist ja nicht die Fachrichtung unbeliebt sondern die Selbstständigkeit, die vor allem am Anfang mit hohen Kosten verbunden ist.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Du darfst dabei auch nicht vergessen, dass es einige Fachrichtungen gibt die doch sehr interessant wären aber sich hinterher nur mit einer eigenen Praxis wirtschaftlich gut realisieren lassen. So ist die Nephrologie doch sehr interessant aber damit man hinterher damit etwas reißt, braucht man die eigene Praxis mit angeschlossener Dialyse und somit setzt es auch ein gewisses Kapitalvermögen voraus. Hat man selbst das nicht und auch keine reichen Eltern die das Sponsoren, dann ist es wieder genauso langweilig wie andere Fachrichtungen und reißt eher wenige vom Hocker.

Ich hatte mir selbst schon einmal die Frage gestellt wenn ich noch Medizin studieren würde in welche Richtung ich hinterher gehen würde. Meine Wahl würde dort in erster Linie auf Chirurg oder Anästhesist fallen. Nachdem der Chirurg aber nicht unbedingt die geilsten Arbeitszeiten hat und in der Klinik auch nicht sonderlich lukrativ ist, müsste es dann weiter spezialisiert werden und dabei reißt mich eigentlich kein Gebiet mehr vom Hocker.

Anästhesie ist noch sehr beliebt, da man vielseitig eingesetzt werden kann z.B. Op Bereich, Station, Ambulanz, als Notarzt oder auch auf der Intensivstation. Daher ist das meistens ein doch beliebteres Feld, da nebenbei bereits die Qualifikation für den Notarztschein vorhanden ist und man auch draußen unterwegs sein kann. Mit etwas Glück hat man dort direkt eine Stelle mit geregelten Arbeitszeiten, mit Pech wartet man darauf sehr lange oder bekommt es nie. Kommt halt auch immer drauf an was man hinterher macht. So kann man sich auch als Anästhesist mit einer eigenen Praxis niederlassen und nur zu festen Zeiten Narkosen anbieten.

Allgemeinmedizin und Innere Medizin würde mich nun gar nicht reizen. Denn ich könnte es mir nicht vorstellen auf dem letzten Kuhdorf zu sitzen und jeden zweiten Tag die gleiche Oma vor mir sitzen zu haben die mich dann über ihren Bluthochdruck voll jammert und eigentlich mehr ankommt, damit sie jemanden zum reden hat als medizinische Beschwerden.

Am liebsten sind mir immer noch Patienten die man sieht, behandelt und danach nicht mehr sieht und vor allem auch nicht dauerhaft oder länger auf der Backe hat. Daher auch damals meine Entscheidung Rettungsassistent zu lernen anstatt Krankenschwester, dort habe ich die Patienten maximal 3-4 Stunden um mich herum und sehe die meisten nie wieder.

Obwohl Kinderarzt sehr beliebt ist, hat man hier auch Probleme einen zu finden. Möchte man einen haben, dann muss man sich die Termine für die U Untersuchungen bereits während der Schwangerschaft geben lassen. Ist man mit diesem Arzt dann nicht zufrieden, ist es bereits schwer eine andere Praxis zu finden die einen noch annimmt, da die meisten einfach so überlaufen sind und gar keine weiteren neuen Patienten mehr unter bekommen könnten. Somit ist es wohl dort eher ein Problem, dass niemand die Zeit und das Geld in die eigene Praxis als Selbstständigkeit investieren möchte sondern sich lieber anstellen lässt.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Wie hier bereits gesagt wurde - zuerst das Studium, danach alles andere. Im Studium muss man meist sowieso durch fast jeden Bereich durch, weshalb man auch um die eher unbeliebten Sachen nicht drum rum kommt. Dies hat jedoch den Vorteil, dass man dann nach dem Studium vielleicht schon mehr oder weniger weiß, welche Fachrichtung man sich vorstellen kann und welche so gar nicht.

Ich habe aber auch schon des Öfteren gehört, dass vor allem die Allgemeinmedizin ziemlich unbeliebt ist. Dies liegt vor allem daran, dass man sehr viel erkennen muss, um den Patienten dann zum richtigen Facharzt zu überweisen. Verhältnismäßig bekommt man allerdings dafür, dass man quasi die schwierigste Arbeit hat, den schlechtesten Lohn und hat zum Beispiel auch weniger Ansehen.

Vor allem aber hat man nie wirklich Feierabend, wenn man Arzt auf dem Land ist. Dann wird man auch auf der Straße oder im Supermarkt von seinen Patienten angesprochen, ob man nicht auf dies und das und jenes einen schnellen Blick werfen könnte. Das würde einem in der Anonymität der Großstadt nie passieren.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Ich selber studiere zwar keine Medizin sondern einen anderen Studiengang, trotzdem denke ich, dass man da jetzt keine genaue Fachrichtung nennen kann. Das Medizinstudium an sich ist insgesamt ziemlich anspruchsvoll und mit sehr viel Disziplin und Fleiß verbunden. Um das erfolgreich durchzustehen muss man nunmal durch alle Fachrichtungen durch, ob man nun will oder nicht.

Einfach schon aufgrund des enormen Arbeitsaufwandes, in Form von täglichem mehrstündigen Lernen, des Medizinstudiums, denke ich das es Medizinstudenten letztendlich kaum stört für welches Fach sie nun lernen müssen. Die meisten haben sich scheinbar einfach damit abgefunden, dass sie da irgendwie durch müssen und lernen, unabhängig von der Fachrichtung, trotz allem immer diszipliniert.

» Kami » Beiträge: 265 » Talkpoints: 0,23 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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