Wird Gefühl von Scham mit steigendem Alter weniger?

vom 10.07.2016, 17:25 Uhr

Manchmal hört oder liest man ja von jüngeren Leuten, vor allem im Teenager-Alter, dass sie sich für alle möglichen Kleinigkeiten geschämt haben. Und wenn man an seine eigene Jugend denkt, fällt einem auf, über welch unwichtige Dinge man sich damals so Gedanken gemacht hat. Das heißt natürlich nicht, dass man ab einem gewissen Alter frei von Scham oder der Überlegung ist, was die anderen Leute so denken.

Auch wenn natürlich manche sagen, dass es ihnen völlig egal ist, nehme ich das in einer solchen Absolutheit kaum jemandem ab. Evolutionär gehört Scham sogar zu unseren ältesten Gefühlen und hat einen sehr archaischen Charakter. Aber nimmt das Gefühl von Scham mit steigendem Alter denn immer mehr ab? Wird man tatsächlich immer gleichgültiger, was die anderen Menschen über einen denken oder welche Fehler man gemacht hat oder gibt es da eine Grenze, an der es nicht mehr immer weniger wird?

Wenn ich manchmal sehr alte Leute sehe, sind diese ja bewundernswert gelassen oder auch dickfellig gegenüber manchen gesellschaftlichen Konventionen. Eine andere Theorie wäre, dass man mit steigendem Alter gar nicht mehr in möglicherweise peinliche Situationen kommt, weil einem da die eigene Lebenserfahrung schon vorher aushilft.

Welche Beobachtungen habt ihr da bei euch selbst gemacht? Kann man von einem geraden Kurvenverlauf ausgehen oder wird das Gefühl irgendwann nur noch marginal schwächer? Wird dieses Gefühl überhaupt eurer Meinung nach im Lauf weniger?

» Verbena » Beiträge: 4921 » Talkpoints: 0,32 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Irgendwann Anfang 20 bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es genau einen Maßstab für meine Handlungen gibt. Mich selbst. Ich muss immer noch zufrieden in den Spiegel schauen können. Wenn ein Verhalten meinem Empfinden von Moral und Ethik entspricht, kann mir der Rest der Welt gestohlen bleiben. Scham ist seitdem ein extrem seltenes Ereignis.

» cooper75 » Beiträge: 13379 » Talkpoints: 509,93 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich bin der Meinung, dass das Schamgefühl mit Beginn der Pubertät zunimmt und nach der Pubertät wieder deutlich weniger wird. Also ja, ich glaube schon, dass das Schamgefühl mit zunehmenden Alter weniger wird.

Außerdem denke ich, dass das Schamgefühl weniger wird je gefestigter die Persönlichkeit schon ist. Wenn man bereits Kinder und einen Ehemann sowie einen sicheren Beruf hat, ist man deutlich gefestigter als in jüngeren Jahren, wodurch das Schamgefühl meiner Meinung nach auch nachlässt.

» swipu91 » Beiträge: 580 » Talkpoints: 33,30 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich habe auch den Eindruck, dass man mit zunehmendem Alter weniger das Gefühl hat, sich blamiert zu haben oder etwas "Peinliches" getan zu haben, und glaube ebenfalls, dass die steigende Lebenserfahrung dabei eine Rolle spielt.

Meiner eigenen Erfahrung nach ist es nur normal, dass man, sobald man sich in der Pubertät quasi seiner selbst erst richtig bewusst wird, eine ziemlich egozentrische Phase durchmacht, in der man sich selbst kennen und einschätzen lernt und einen unabhängigen Charakter entwickelt. Da ist es ebenfalls ganz natürlich, dass man all seine Handlungen und seine Stellung in einer Gruppe sehr ernst nimmt und sich sehr leicht verunsichern lässt, wenn man das Gefühl hat, gegen ungeschriebene Normen und Regeln zu verstoßen.

Mit zunehmender Lebenserfahrung dämmert einem jedoch idealerweise, dass die Mitmenschen, die man so zwanghaft beeindrucken will, in der Regel mit sich selber genug zu tun haben und oft genug gar nicht bemerken, wenn man etwas Peinliches getan zu haben vermeint und vor Scham schier im Boden versinken möchte.

Auch die schiere Menge der Scham-Erfahrungen im Leben eines jeden sorgt meiner Meinung nach dafür, dass man quasi Routine bekommt und auch ein bisschen abstumpft. Wenn man sich beispielsweise zum zehnten Mal in seinem Leben Tomatensoße auf die Bluse gekleckert hat, und die vorherigen neun Male schon nichts Schlimmes passiert ist, nimmt man die Situation irgendwann achselzuckend zur Kenntnis. Schließlich weiß man ja, dass jeder Mensch, sogar die, die feixend mit dem Finger auf einen zeigen, schon in genug peinlichen Situationen war, dass man sich eigentlich nicht mehr zu schämen braucht.

» Gerbera » Beiträge: 11317 » Talkpoints: 49,13 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich glaube je älter man wird um so gefestigter ist man in seiner Person und deswegen wird man im Alter sicherlich weniger Scham empfinden. Wozu auch? Man hat ja alles irgendwie mal erlebt und wenn man mal darüber nachdenkt, stellt man fest dass man noch viel peinlichere Menschen und Situationen kennt.

Meiner Meinung nach ist das eigene Schamgefühl in der Pubertät besonders hoch, auch weil man sich einfach noch nicht gefunden hat und alles so neu ist und nach der Pubertät wird es dann Jahr für Jahr weniger.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich glaube schon, dass einem im Alter manche Sachen weniger peinlich sind. Das liegt einfach daran, dass man in seinem Leben schon sehr viel gesehen dun auch mitgemacht hat und sich um bestimmte Sachen einfach nicht mehr kümmert, da es einem egal ist. Man lernt, was wirklich zählt im Leben und hört auf sich mit unnötigen Sachen den Kopf zu zerbrechen.

Ein gutes Beispiel sind die FKK Strände, an denen man nackt baden darf / kann / soll. Als Jugendliche habe ich mich immer geschämt dort mit meinen Eltern hinzugehen, da ich immer das Gefühl hatte, dass mich alle anschauen. Jedoch muss ich sagen, dass es mir jetzt als junge Erwachsene mehr oder weniger egal ist. Im Endeffekt sehen wir doch sowieso alle gleich aus und der gucken oder gaffen will, der wird das so oder so machen, ob ich jetzt einen Bikini anhabe oder nicht.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


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