Musicals nur im Original sehen
Ich war vor ein paar Jahren in dem Musical "Mamamia" und ich hatte mich eigentlich auch sehr gefreut. Allerdings war es nicht das Original, sondern, das habe ich wohl später erst gesehen, etwas nachgemachtes. Es war zwar sehr dem Original ähnlich und die Eintrittskarten waren auch so teuer wie beim Originalen, aber es war eben hier in der Nähe und nicht in Hamburg oder Berlin.
Würdet ihr für ein Musical auf jeden Fall eher weiter fahren um das Original zu sehen oder würdet ihr auch das nicht Originale ansehen?
Was meinst du jetzt mit Original und nachgemacht? Meinst du damit, dass es nicht in der Originalsprache war sondern in einer deutschen Übersetzung? Bei diesem ABBA Musical wurden ja glaube ich auch die ganzen ABBA Lieder mit einem deutschen Text versehen, was natürlich extrem albern ist, weil jeder Fan die Lieder doch im Original kennt und liebt. Aber so etwas weiß man doch eigentlich bevor man eine Karte kauft.
Ich habe "Rocky Horror Picture Show" schon zwei Mal auf Deutsch gesehen und bei "Tanz der Vampire" bin ich mir nicht sicher, was da das Original ist. Ich bilde mir ein das wäre auf Deutsch geschrieben worden, aber ich kann auch falsch liegen. Fast alle anderen Musicals habe ich sonst in London gesehen, nicht unbedingt weil ich keine Lust auf die Übersetzungen habe, sondern weil sich das meistens einfach ergeben hat.
Im Original meine ich, dass die Original Besetzung da ist, mit der Werbung gemacht wird, das Bühnenbild und auch die Musik. In dem "Mamamia" in dem ich gewesen bin wurde englisch gesungen und das Bühnenbild war wie bei einer Schulaufführung, wobei ich nicht weiß, wie das Originale ausschaut.
Also wenn die mit diesem Bühnenbild werben bzw mit der Originalbesetzung dann will ich diese auch sehen. Weiß ich jedoch vorher das es "nachgemacht" ist, kann ich mich drauf einstellen und vorher abwiegen ob ich das sehen will oder nicht.
Es gibt z.B. Musicals die ich gerne einmal sehen würde, mir aber dann (teilweise) bis zu 100 Euro einfach zu teuer sind. Dann sind "nachgemachte" eine echte Alternative. Ich habe schon beide Varianten gesehen und war bei beiden zufrieden. Natürlich ist das Original immer etwas aufwendiger inszeniert, aber der Preis ist dann auch ganz schön gesalzen.
Extra weiter hin fahren würde ich nicht, wenn ich jedoch gerade in einer anderen Stadt Urlaub mache würde ich den Musicalbesuch damit verbinden.
Zum Beispiel König der Löwen in Hamburg.
Ach so. Das würde ich nun nicht als Original bezeichnen. Das könnte man höchstens über ein Musical sagen, das zum ersten mal aufgeführt wird und somit seine allererste Besetzung hat, Wobei ich dafür das Wort allerdings auch nicht verwenden würde, weil alle Produktionen, die danach kommen, ja keine Fälschungen sein. Außerdem ist es ja nicht ungewöhnlich, dass mehrere Produktionen des gleichen Musicals parallel in verschiedenen Städten laufen.
In deinem Fall hast du wohl einfach eine schlechte Produktion erwischt, die falsche Versprechungen gemacht hat und mit den falschen Darstellern geworben hat. Haben die vielleicht selber von sich behauptet, dass sie das Original seien? Das grenzt schon fast an Betrug.
Aber um zur Ausgangsfrage zurück zu kommen, würde ich mir so etwas ansehen wollen? Warum nicht? Wenn das Musical ehrlich beworben wird und die Preise angemessen sind und ich deshalb kein Stück auf Broadway Niveau erwarte könnte das durchaus unterhaltsam sein. Ich habe letzten Sommer "Midsummer Night's Dream" von Laien aufgeführt gesehen und das war großartig. Wenn mir so etwas allerdings, wie dir, untergejubelt worden wäre, wäre ich natürlich auch sauer.
Ich habe das ABBA Musical in deutsch gesehen und ich fand es ganz ganz grausam. Immerhin kennt man die ganzen Stücke und deshalb fand ich die deutschen Übersetzungen doppelt und dreifach kitschig. Genauso beim Phantom der Oper. Da habe ich mir vor zig Jahren mal eine Aufnahme aus London organisiert, fand ich toll. Dann kam das Musical nach Hamburg. In jeder zweiten Sendung trat Peter Hofmann auf, mit einer deutschen Version. Brauche ich nicht.
Es ist ja wirklich die Frage, was man unter "Original" versteht. Wenn man genau die gleichen Darsteller mit genau dem gleichen Bühnenbild sehen möchte, muss man im Prinzip zum Ort der Erstinszenierung fahren und sich das Musical dort ansehen. Für mich kommt es auch auf das Musical an, ich habe in meiner Jugend zum Beispiel mehrere Musicals in unserer eher kleinen Stadthalle angesehen, da kann man natürlich kein so riesiges und tolles Bühnenbild erwarten wie in einem großen Theater. Aber bei "West Side Story", "Hair" und "Jesus Christ Superstar" war mir das auch nicht wichtig, da geht es doch eher um die Texte und die Musik und das war einfach immer spitze.
Ob nun unbedingt die Originaltexte in Englisch sein müssen, ist ebenfalls so eine Frage: bei "Starlight Express" in Bochum hört man auch "nur" die deutschen Texte, dennoch ist die ganze Inszenierung genial und faszinierend. Genausowenig hat es mich bei der Inszenierung von "Cats" im Theaterzelt München gestört, dass auf Deutsch gesungen wurde. Bei "Mamma Mia" fände ich es dagegen doof, da kennt man die Original-Abba-Songs doch einfach zu gut.
Geärgert hat mich eine ganz andere Sache: bei uns wurde vor Jahren einmal das "Phantom der Oper" angekündigt und ich war begeistert, das Musical von Andrew Lloyd Webber sehen zu können, ohne weit fahren zu müssen. Zum Glück habe ich aber genauer hingeschaut und ganz klein gedruckt entdeckt, dass es sich gar nicht um dieses "Phantom", sondern um ein Musical gleichen Namens anderer, mir völlig unbekannter Komponisten/Texter handelte. Das empfand ich etwas als Nepp und hätte mich sehr geärgert, wenn ich es nicht gemerkt und dafür Geld ausgegeben hätte.
Ich finde, dass beide Möglichkeiten, sich ein Musical anzuschauen, ihren Reiz haben, aber natürlich auch Nachteile. Was man hier als "Original" bezeichnen kann, ist offen für Interpretationen. Beispielsweise war die Originalaufführung von CATS anno 1981, da würde es personell allmählich kritisch werden, wenn man die Premierenbesetzung für eine Neuauflage bemühen würde. Aber es gibt ja auch die offiziell lizensierten, meistens übersetzten Inszenierungen, die in eigens gebauten Theatern oder als Tourneen aufgeführt werden und meistens nicht an dem für Musicals typischen Pomp, Glanz und Gloria sparen. Ich nehme an, dass hier diese Aufführungen, etwa König der Löwen in Hamburg oder was auch immer im Musical-Zentrum Stuttgart gerade läuft, mit "Original" gemeint sind.
Ich selber habe schon etliche "offizielle" Versionen von Musicals ebenso wie Neuinszenierungen oder abgespeckte Aufführungen auf der Freilichtbühne oder im Stadttheater gesehen, und wie gesagt, ich finde beide Alternativen nicht schlecht.
Die großen Produktionen, die oft jahrelang im selben Theater laufen, sind natürlich unübertroffen, was den Aufwand, die Showeffekte und den Level an Professionalität angeht. Andererseits sind die Tickets oft unverschämt teuer, und das Stück ist immer exakt gleich, weil die Inhaber des Urheberrechts da sauber ihren Daumen darauf haben. Wenn man sich eine Show nur einmal anschaut, mag das keinen großen Unterschied machen, aber für mich sind Kreativität und die Möglichkeit, auch mal etwas Spontanes, Neues und Frisches zu erleben, beim Theater besonders attraktiv. Deswegen stehen da ja lebende Menschen auf der Bühne. Sonst könnte man sich ja gleich die DVD anschauen, und spart sich die recht stattlichen Kosten für die zehnte geklonte Aufführung von CATS.
Bei den "alternativen" Aufführungen habe ich mich umgekehrt schon an wirklich originellen Regie-Einfällen erfreut, die selbst alten Hüten wie dem Musical "Hair" oder der "West Side Story" ganz neues Leben eingehaucht, und Unterhaltung mit Aktualität und oft auch einem Augenzwinkern verbunden haben. Dafür gab es andererseits Abstriche bei Tamtam und Brimborium, da ein Stadttheater, welches vielleicht 20 Vorstellungen eines Musicals unters Volk bringt und zudem einen ganz anderen Etat hat, einfach nicht die Möglichkeiten hat, beispielsweise den Zuschauerraum komplett in einen Schrottplatz oder einen Dschungel zu verwandeln oder ein paar Tausend Euro in ein Kostüm zu stecken, das dann nur im Fundus vergammelt.
Bei mir hängt es also vom persönlichen Interesse und dem Inhalt meines Geldbeutels ab, ob ich extra eine Pilgerreise quer durch die Republik machen möchte oder ob mir eine etwas weniger pompöse, aber deswegen nicht zwangsläufig schlechtere Inszenierung eines bekannten Musicals nicht auch genügt.
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